Septimus Heap - Fyre
Brei aufgegessen hatte und zwei kleine Tassen dampfenden süßen Kaffees auf dem Tisch standen, dann zog sie einen dunkelblauen Samtbeutel mit Kordelzug aus der Tasche, in dem Septimus einen Charm-Beutel des Manuskriptoriums erkannte. Sie schob den Beutel über den Tisch. »Für dich«, sagte sie.
»Oh, danke!« Septimus war gerührt. Marcia machte ihm nicht oft Geschenke.
Er wischte sich die Hände am Kittel ab, lockerte den Kordelzug und ließ den Charm in seine Handfläche fallen.
»Toll! Oh, Wahnsinn!«
Septimus konnte es nicht fassen. In seiner etwas klebrigen Hand lag der Flug-Charm. Er hatte ganz vergessen, wie zierlich und schön er war – ein einfacher goldener Pfeil, den verschlungene Muster schmückten. Doch am besten gefielen ihm die beiden kleinen Silberschwingen, die oben an der leicht verbogenen Befiederung saßen – sie flatterten sachte, als wollten sie ihn begrüßen, nachdem sie so lange in den Gewölben des Manuskriptoriums in einer dunklen Urne gelegen hatten. Diese Schwingen hatte ihm Marcia geschenkt, als sie ihn das erste Mal fragte, ob er ihr Lehrling werden wollte. Wie sehr hatte er sie vermisst, nachdem Marcia den Flug-Charm konfisziert hatte.
»Seine Benutzung ist allerdings an Bedingungen geknüpft«, sagte Marcia. »Du darfst ihn nur verwenden, wenn du im Zaubererturm deinen Lehrlingspflichten nachgehst. Zu allen anderen Zeiten ist er im Charm-Regal in der Bibliothek aufzubewahren. Verstanden?«
»Ja, ja, alles klar.« Septimus scherte sich nicht um irgendwelche Bedingungen. Er hatte seinen Flug-Charm wieder.
»Da wäre noch etwas«, sagte Marcia. »Es geht um letzte Nacht.«
Septimus schluckte, überzeugt, dass ihm Marcia nun ein paar sehr unbequeme Fragen stellen würde. »Ja?«, sagte er.
»Es war schrecklich.«
»Ja.«
»Und es hat mir bewusst gemacht, dass du viel zu schwer gearbeitet hast. Es war ein schöner Winter, und du hast so viel verpasst. Zum Beispiel …«, Marcia suchte nach dem richtigen Wort, einem Wort, das sie nicht oft in den Mund nahm, »… Spaß.«
»Spaß?«, fragte Septimus verdutzt.
»Ja, Septimus, Spaß «, wiederholte Marcia, Begeisterung in das Wort hineinlegend. »Du musst an die frische Luft und Spaß haben. Du hast einen Monat unter der Erde zugebracht, und jetzt möchte ich, dass du einen Monat lang über der Erde tust, was dir Spaß macht.«
Septimus blickte sie verwirrt an. »Was denn zum Beispiel?«
»Das bleibt ganz dir überlassen. Es sind deine Ferien.«
»Ferien?«
»Ja, Ferien.«
Septimus war sprachlos. »Aber was soll ich denn tun?«
Marcia hatte eine Antwort parat. »Was du tun sollst? Spaß haben, Septimus.«
Septimus lächelte. »Also gut«, sagte er. »Spaß haben, das kann ich. Wenn Sie darauf bestehen.«
»Du siehst schon besser aus«, meinte Marcia. »Ab mit dir. Und vergiss die schlimme Zeit unter der Erde.«
»Ich will’s versuchen.« Septimus wünschte, er könnte sie vergessen, aber das starre rote Auge des Feuers hatte sich in sein Gehirn eingebrannt – sobald er die Augen schloss, sah er es. Er wollte zu ihm zurückkehren, es wiedersehen. Er wollte wissen, was das für ein Ding war, das wie ein lebendiges Wesen dort unter der Burg kauerte. Und vor allem wollte er Marcia davon erzählen.
* 19 *
WAS HÄTTE SEIN KÖNNEN
Septimus war auf dem Weg in die Ferien. Er stand wartend neben der Wendeltreppe, da es ihm im Unterschied zu Marcia nicht gestattet war, ihre Richtung zu ändern, und bald erblickte er die grüne Lehrlingstracht ihres Fahrgastes. »Rose!«, rief er.
Rose stieg aus. Ihre grünen Augen leuchteten vor Aufregung. »Hallo, Septimus.« Sie blieb stehen und sah sich um. »Hier oben ist es fantastisch. So hell. Und irgendwie … prickelnd.«
»Das ist es.«
»Ich kann noch gar nicht glauben, dass ich nach oben in die Pyramidenbibliothek soll. Zu dir und Marcia.«
»Also, in den nächsten paar Wochen ist da nur Marcia.«
Rose machte ein langes Gesicht. »Nur Marcia? Ganz allein?«
»Ich muss Ferien machen. Marcia hat gesagt, ich soll gehen und … äh … Spaß haben.«
»Marcia hat gesagt, du sollst gehen und Spaß haben?« Rose schaute ihn erstaunt an.
»Ja, das hat sie gesagt.«
»Na, so was!«
»Ja, ich weiß.«
Bevor er Rose getroffen hatte, war Septimus von der Aussicht, Ferien zu machen, ziemlich begeistert gewesen. Jetzt erschien es ihm nur wie eine weitere Aufgabe, die er zu erfüllen hatte. Da kam ihm eine Idee. Er fischte Jennas Einladung zu dem Willkommensfest
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