Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
nachdenklich die Lippen. »Solange Comonot lebt, ist die Machtübernahme nicht rechtens. Manche werden schon allein aus diesem Grund den Umsturz ablehnen, aber ich fürchte, viele der Älteren werden den Aufständischen Sympathien entgegenbringen.«
»Das bestreite ich«, sagte der Ardmagar.
»Die junge Generation«, fuhr Fulda unbeirrt fort, »wird wahrscheinlich am Frieden festhalten wollen. Dann könnte ein Krieg zwischen den Generationen ausbrechen.«
»Infanta!«, sagte der Herrscher von Samsam mit drohend erhobenem Zeigefinger. »Ihr habt doch wohl nicht vor, dieser Kreatur politisches Asyl zu gewähren? Es war schon entwürdigend genug, dass Eure verehrte Großmutter – Sankt Eustach möge an ihr vorübergehen – mit ihm verhandelt hat. Erweist ihm keine Gnade, wenn sogar seine eigenen Artgenossen ihn lieber tot als lebendig sähen.«
»Ihr würdet Euer Land – und das sich widersetzende Südland mit dazu – in einen Bürgerkrieg der Drachen hineinziehen«, fügte Graf Pesavolta hinzu und trommelte mit den Fingern auf seinem stattlichen Bauch.
»Wenn ich etwas dazu sagen darf«, warf mein Vater ein. »Der Vertrag enthält eine Klausel, die es Goredd untersagt, sich in die inneren Angelegenheiten der Drachen einzumischen. In einem Bürgerkrieg dürfen wir nicht Partei beziehen.«
»Ihr habt uns selbst die Hände gebunden, Ardmagar«, sagte Glisselda mit einem süffisanten Lächeln. »Um Euch zu retten, müssten wir den Vertrag brechen.«
»Vielleicht muss man den Vertrag brechen, um ihn zu retten«, sagte der Ardmagar.
Glisselda wandte sich an die Vertreter von Ninys und Samsam. »Ihr wollt, dass ich Comonot ausliefere. Vielleicht entscheide ich, dass ich das nicht tun kann. Wenn es daraufhin zum Krieg zwischen Goredd und den Drachen kommen sollte, kann ich dann auf Euch zählen? Wenn Ihr uns schon nicht helft, kann ich mich dann wenigstens darauf verlassen, dass ihr nicht aus reinem Eigennutz die Waffen gegen uns erhebt?«
Der Herrscher von Samsam sah blass und missmutig aus, Graf Pesavolta wand sich hin und her, aber schließlich brummten beide etwas, das man als ein Ja verstehen konnte.
»Goredds Vertrag mit Ninys und Samsam hat die Ritter aus dem Südland verbannt«, fuhr Glisselda fort und bedachte die beiden mit einem kühlen Blick ihrer blauen Augen. »Ich werde keinen Krieg riskieren, solange wir nicht die Dracomachie erneuert haben. Das bedeutet, dass wir neu über den Vertrag verhandeln müssen.«
»Hoheit«, sagte mein Vater, »viele der Ritter aus Samsam und Ninys sind angeblich in eine Festung auf der Insel Paola geflohen. Ihre Dracomachie ist vielleicht in einem besseren Zustand als unsere. Wenn man den Vertrag ändert, könnten sich alle Ritter aus den drei Nationen zusammentun.«
Die Prinzessin nickte nachdenklich. »Ich brauche Eure Hilfe, wenn ich dieses Schreiben aufsetze.«
»Es ist mir eine Ehre«, sagte mein Vater und verbeugte sich.
Der Herrscher von Samsam reckte den dürren Hals wie ein Geier. »Wenn das heißen soll, dass wir unsere tapferen Verbannten wieder in ihre alten Ämter und Würden einsetzen dürfen, dann könnte Samsam bereit sein, über einen Nichtangriffspakt zu verhandeln, wie immer der auch aussehen mag.«
»Ninys würde niemals mit den Drachen zusammen gegen Goredd kämpfen«, erklärte Graf Pesavolta eilig. »Wir unterstützen Euch natürlich!«
Glisselda verbeugte sich tief. Kiggs, der hinter ihr saß, kniff die Augen argwöhnisch zusammen. Die Regierenden von Ninys und Samsam würden sich noch wundern, wie genau man alles, was sie taten, beobachten würde.
»Das bringt mich schließlich zu euch«, sagte die Prinzessin und zeigte mit eleganter Geste auf uns Halbdrachen. »Hier sitzt ein furchtloser Junge, der in seiner eigenen Version der Dracomachie mit einem Drachen gekämpft hat, und ein Mann, der ausgeklügelte Kriegsmaschinen erfinden kann –«
»Und Musikinstrumente«, murmelte Lars.
»… sowie eine Frau, die allein aus ihrem Bauchgefühl heraus die nahe Zukunft voraussagen kann, und schließlich noch eine junge Frau, die vielleicht noch mehr Menschen mit außergewöhnlichen Begabungen zu uns bringen kann.« Glisselda schenkte mir ein warmherziges Lächeln. »Du behauptest zumindest, dass es noch mehrere gibt. Sind sie alle so begabt?«
Fast hätte ich gesagt, dass ich es nicht genau wüsste, aber dann fiel mir ein, dass ich doch eine Antwort auf diese Frage hatte. Ich hätte von Anfang an ahnen können, was ich von den dreien zu
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