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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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davon. Lars legte den Arm um meine Schultern. Ich stützte mich auf ihn, bis wir im Schloss angekommen waren, und meine Tränen galten Orma – und auch mir selbst.

Fünfunddreißig
    B ei unserer Rückkehr war der gesamte Palast in Aufruhr, alle suchten Glisselda, denn außer uns wusste niemand, wohin sie gegangen war. Als sie aus dem Geheimgang trat, war sie ein müdes, frierendes und verängstigtes Mädchen, aber noch bevor sie vom Schicksal ihrer Mutter und Großmutter erfahren hatte, nahm sie bereits in königlicher Würde ihre Rolle ein und tröstete verstörte Höflinge und erschrockene Staatsoberhäupter.
    Prinzessin Dionne hatte die Nacht nicht überlebt. Die Königin schon, aber es ging ihr nicht gut. Glisselda eilte nach oben, um an der Seite ihrer Großmutter zu sein.
    Kiggs rief sofort die Garde herbei, ließ sich Bericht erstatten und sorgte dafür, dass sich die Männer ohne Verzug an ihre täglichen Pflichten machten. Sie hatten Basind festgenommen; Kiggs hielt es für nützlich, ihn ausführlich zu verhören, und eilte davon.
    Lars und ich waren uns selbst überlassen. Wortlos führte er mich durch die Korridore bis zu einer Tür. Viridius’ Hausdiener Marius öffnete. Im Hintergrund rief der alte Hofkomponist: »Welcher Hurensohn klopft, ehe die Sonne aufgegangen ist?«
    »Die Sonne ist schon aufgegangen, Meister«, antwortete Marius ungerührt. Er verdrehte die Augen und winkte uns herbei. »Es sind nur Lars und –«
    Viridius erschien schlecht gelaunt in der Tür des Schlafzimmers, er schleppte sich auf zwei Krücken vorwärts. Als er uns beide sah, heiterte sich seine Miene auf. »Verzeiht, meine Lieben. Ihr seht einen alten Mann vor euch, der mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden ist.«
    Lars, der mich stützte, sagte: »Sie braucht einen Platz, wo sie schlafen kann.«
    »Hat sie denn kein eigenes Zimmer mehr?«, fragte Viridius und räumte die Kissen und Kleidungsstücke von seinem Sofa, damit ich mich ausruhen konnte. »Setz dich, Serafina. Du siehst schrecklich aus.«
    »Der Prinz und die Prinzessin kennen jetzt ihr Geheimnis«, sagte Lars und legte dem alten Mann eine Hand auf die Schulter. »Sie sollte nikt wieder in die Welt hinaus, ehe sie sik ausgeruht hat, fern von Menschen.«
    Marius ging in den Nebenraum, um dort rasch ein Bett herzurichten, aber da war ich schon längst auf dem Sofa eingeschlafen.
    Ich verdöste den ganzen Tag. Viridius und Lars hielten alle von mir fern und sorgten für meine Ruhe.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, saß Lars am Fußende meiner Lagerstatt. »Die Prinzessin war da«, sagte er. »Sie mökte, dass wir ins Studierzimmer der Königin kommen, wenn du angekleidet bist. Es ist viel passiert.«
    Ich nickte verschlafen. Er reichte mir seinen Arm und wir machten uns gemeinsam auf den Weg.
    • • •
    Prinzessin Glisselda hatte an dem wuchtigen Schreibtisch ihrer Großmutter Platz genommen; acht hochlehnige Stühle, von denen die meisten schon besetzt waren, standen im Halbkreis um ihn herum. Kiggs saß links hinter ihr und betrachtete eingehend einen zusammengefalteten Brief, den er in der Hand hielt; er wandte die Augen kurz zur Tür, als Lars und ich eintraten, hielt den Kopf jedoch gesenkt. Rechts neben der Prinzessin stand mein Vater wie ein grauer Schatten vor dem Fenster. Er lächelte matt. Ich nickte ihm zu und folgte Lars zu den zwei freien Sitzen neben Dame Okra Carmine.
    Hinter ihrer ausladenden Gestalt lugte Abdo hervor und winkte mir zu.
    Der Herrscher von Samsam, Graf Pesavolta von Ninys, Botschafter Fulda und der Ardmagar saßen auf den anderen Plätzen. Der samsamesische Regent war in würdevolles Schwarz gekleidet, sein silbergraues Haar reichte ihm bis zur Schulter. Graf Pesavolta war dick, pausbäckig und kahl; aber beide machten eine ähnlich saure Miene. Lars ließ sich neben mir tief in den Stuhl sinken, wie um ein bisschen kleiner zu wirken, und warf dem Samsamesen argwöhnische Blicke zu.
    Prinzessin Glisselda hatte ihre kleinen Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet. Sie trug ein weißes Überkleid und das Krönchen der Ersten Thronerbin. Ihre Lockenpracht wurde von einem goldenen Haarnetz gebändigt. Zierlich wie sie war, ließ sie doch den Raum erstrahlen. Sie räusperte sich und sagte: »Meine Mutter ist tot und meine Großmutter ist schwerkrank. Gemäß der Thronfolge bin ich die erste Anwärterin auf den Thron. Da die Königin selbst nicht dazu in der Lage ist – Sankt Eustach möge sie genesen lassen, wann es ihm

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