Serafinas später Sieg
Thomas seinem Freund, daß nunmehr Serafina Capriani die Eigentümerin der Kingfisher sei. Er ging nicht auf Einzelheiten ein, und William fragte nicht danach. Thomas' Bitte, wieder als Schiffszimmermann auf der Kingfisher mitzufahren, entsprach er mit Freuden. Das Schiff würde in ein paar Wochen wieder seetüchtig sein. Serafina hatte bereits angeordnet, daß die erste Reise nach Neapel führen sollte – für den Einkauf der Seidenartikel, die Jacopo Caprianis Spezialitäten gewesen waren. Jetzt war der alte Mann tot, hatte zu guter Letzt doch noch den Kampf gegen das Fieber verloren, das ihn über so viele Jahre hinweg immer wieder heimsuchte. Die Neuigkeit wurde Thomas überbracht, als er die letzten Vorbereitungen dafür traf, die Kingfisher von Livorno nach Pisa zu bringen. Er konnte es kaum erwarten, Serafinas Gesicht zu sehen, wenn er ihr sein – nein ihr – Schiff in voller Pracht vorführte. Sie war hochschwanger, doch er würde sie, falls nötig, in einer geschlossenen Sänfte zum Hafen hinuntertragen lassen. Er wollte sie wieder lächeln sehen, erleben, daß sie etwas von der Sicherheit zurückgewänne, die Galeazzo Merli ihr mit seiner bösartigen Posse genommen hatte, versuchen, sie aus den Fängen ihrer Vergangenheit zu befreien, die sie fester im Griff hatten, als die Fesseln im Bagno in Algier. Würde es ihm gelingen, den Spuk zu beenden?
Vier Tage später lief die Kingfisher in Pisa ein. Drei davon hatte er damit zugebracht, die letzten Arbeiten an dem Schiff, das seinem Empfinden nach noch immer das seine war, zu überwachen, und am vierten war er gemächlich an der toskanischen Küste entlanggesegelt, wobei er zahllose kleine Nachbesserungen vornahm und sich Zeit ließ, sein Meisterstück kennenzulernen. Es war, als mache er endlich die Bekanntschaft einer Frau, die er jahrelang nur aus der Ferne hatte anbeten dürfen. Als das Schiff den Hafen verließ, erfüllten ihn das Wasser, das am Rumpf entlangschäumte, und das schwankende Deck mit Unbehagen. Er war seit der Fahrt nach Zakynthos nicht mehr draußen gewesen, und er schauderte bei der Erinnerung daran, daß das Meer ihn nach dem Kampf mit Edward Whitlock beinahe in seiner nassen Umarmung erstickt hätte. Doch als die Segel der Kingfisher sich blähten und sie Fahrt aufnahm, verschwand seine Unsicherheit. Er war wieder zu Hause. Der klare Frühlingshimmel verlieh der See eine sattblaue Farbe, und der frische Wind schmückte die Wellen mit weißen Kronen.
Die Besatzung bestand aus William Williams, Cristofano und einem halben Dutzend von Thomas handverlesenen Männern. Er fungierte sowohl als Kapitän als auch als Steuermann, und er kletterte auch schon mal mit einem Messer zwischen den Zähnen in die Wanten, um ein verwickeltes Tau zu lösen.
Eine unbändige Freude ergriff von ihm Besitz – und die alte Liebe zu dem Element, das ihn seit jeher faszinierte. Die Kingfisher war die Erfüllung seines Lebenstraumes, und sie war noch schöner geworden als erhofft. Endlich wurde er für die Mühsal der Vergangenheit entschädigt, für den Untergang der Toby , die lange Reise von Marokko nach Livorno, die beinahe tödliche Auseinandersetzung mit Edward Withlock und dem Ligurischen Meer. All diese Ereignisse waren Schritte auf dem Weg zu dem Ziel gewesen, das er sich vor langer Zeit gesetzt hatte. Die Vereinbarung mit Serafina schränkte seine Bewegungsfreiheit momentan auf das Mittelmeer ein, doch er hoffte, ihr die Schulden innerhalb eines Jahres zurückzahlen zu können und sie dazu zu bringen, die Möglichkeiten zu erkennen, die sich ihnen böten, wenn sie sich endlich von ihrer Vergangenheit löste. Der Atlantik wartete auf sie.
Thomas klopfte sich den Straßenschmutz von den Stiefeln und gab sein Cape dem Dienstmädchen, das ihm geöffnet hatte. Es war still im Haus. Ungewöhnlich still. Keine Schritte, keine Stimmen, keine geschäftig durch die Halle eilenden Angestellten, die selbst im Gehen in Papier vertieft waren, keine Serafina. Nur Stille. Und dann miaute irgendwo ein Kätzchen.
Sicher – Jacopo Capriani war vor vierzehn Tagen gestorben, aber es sah Serafina nicht ähnlich, die Ruhe einzuhalten, die von einer trauernden Witwe erwartet wurde. Wieder miaute das Kätzchen.
Nein -das war kein Kätzchen! Die Erkenntnis traf Thomas wie ein Schlag. Er stürmte an dem abwartend dastehenden Dienstmädchen vorbei die Treppe hinauf. Seine Stiefel durchbrachen die Stille mit schockierender Lautstärke. Die Amme schleuderte ihm einen
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