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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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gebracht – vor zwei Wochen.«
    »Damit Sie ohne Anhang nach Marseille fahren können? Damit Sie sich dort Ihrem Kusin an den Hals werfen können, ohne sich um ein Kind kümmern zu müssen? Ist Ihr Sohn nur das für Sie, Serafina: eine Last, deren man sich entledigt, wenn sie im Weg ist?«
    Sie begann zu zittern. Am liebsten hätte sie Thomas geohrfeigt – wie damals bei dem Bankett bei den Merlis. Unter Aufbietung aller Beherrschung zwang sie sich, ihr Zittern zu unterdrücken und ihre Fäuste zu öffnen. Ihre strahlende Zuversicht hatte sich in Nichts aufgelöst – durch einen Blick zunichte gemacht, und durch die schmerzliche Erinnerung an ihren kleinen Sohn. Sie haßte Thomas dafür, daß er ihr das antat, ihr die Hoffnung nahm, die sie so verzweifelt brauchte, daß er sie dazu brachte, sich wieder wertlos zu fühlen. Sie hatte sich einmal geschworen, sich nie mehr von einem Mann in dieser Weise verletzen zu lassen – ohne körperliche Gewalt, nur durch einen Gesichtsausdruck, durch Worte. Sie hatte den Fehler gemacht, Thomas Marlowe zu nah an sich heranzulassen.
    Um ihn ihrerseits zu verletzen, erwiderte sie: »Dachten Sie tatsächlich, ich würde ihn bei mir behalten? Damit wäre ich ans Haus gefesselt. Ich will nach Marseille, um Geschäfte zu machen – und das wäre mit einem Kind auf dem Arm wohl kaum möglich.«
    Thomas senkte den Arm und sagte angewidert: »Mein Gott – was sind Sie für ein selbstsüchtiges Ungeheuer. Natürlich habe ich das längst gewußt – aber nicht, in welchem Maße.«
    Serafina zuckte zusammen wie unter Schlägen. Sie empfand seine Verachtung wie einen tätlichen Angriff, jedes seiner Worte wie einen Hieb in den Magen, der ihr den Atem nahm. Sie rang nach Luft. Alle Kraft wich aus ihren Gliedern, doch sie ließ sich nichts anmerken. Mit eiserner Disziplin hielt sie sich aufrecht. Wie kam dieser Mann dazu, ihr Vorschriften machen zu wollen? Niemand hatte ihr etwas zu sagen! Mit Jacopos Tod hatten sich die letzten Fesseln gelöst, nun war sie ihr eigener Herr.
    »Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie mich mit Ihren Ansichten über meinen Charakter verschonten. Wir sind Geschäftspartner – weiter nichts.« Er bewegte sich nicht, starrte sie nur schweigend an. Sie sah den Schmerz in seinen Augen, und für einen Moment empfand sie Genugtuung. »Luisa hat Ihnen das Gästezimmer zurechtgemacht«, sagte sie kühl. »Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.« Damit ließ sie ihn stehen und floh in die Einsamkeit ihres Schlafzimmers.
    Er hätte noch eine Flasche Wein aufmachen oder auf die Kingfisher zurückkehren können, doch er tat beides nicht, denn ihm war klar, daß beides ihm nur eine vorübergehende Flucht ermöglichen würde. Statt dessen blieb er in Jacopo Caprianis Kontor und schaute gedankenverloren auf die mondbeschienene Straße hinaus.
    Nachdem er die Fiametta in Civitavecchia entdeckt hatte, graute ihm davor, Serafina von dem Schiff und seinem Kapitän zu erzählen, denn er wußte, daß die Geschichte Hoffnungen in ihr wecken und sie veranlassen würde, das Ziel, den Guardi-Besitz wiederzuerlangen, mit neuer Kraft zu verfolgen. Dafür würde sie alles opfern – sogar ihren kleinen Sohn.
    Und seine Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Es dauerte lange, bis Thomas' Zorn abflaute. Die ganze Zeit kämpfte er gegen die Versuchung an, sich entweder zu betrinken oder auf der Stelle dieses Haus zu verlassen. Warum war er eigentlich so wütend? Er hatte doch nicht erst heute abend erfahren, was für ein Mensch Serafina war. Daß er sie trotzdem liebte, war weiß Gott nicht ihre Schuld. Er hatte sie heute gleich nach seiner Ankunft sehen müssen – das vertraute Gesicht, das ihn so oft in Wut brachte –, ihre Stimme hören, bei ihr sein, dieselbe Luft wie sie atmen. Er war nicht fähig, ihr etwas abzuschlagen. Sie würden nach Frankreich segeln. Nach Marseille. Er und Serafina.
    Er hatte sich und sein Schiff in ihre Hände gegeben und saß im Mittelmeer fest, doch dieser Zustand würde nicht ewig dauern. Er sah die regennassen Straßen und den grauen Himmel seiner Heimatstadt vor sich und hörte den Klang seiner Muttersprache in den Wirtshäusern und auf den Marktplätzen. Das Mittelmeer würde für ihn immer mit Serafina verbunden sein, mit den hohen Absätzen ihrer Schuhe, die über das Kopfsteinpflaster klapperten, und dem Rascheln ihrer Seidenkleider. Um sich von ihr zu befreien, müßte er Italien verlassen und nach Hause zurückkehren.
    Aber vorläufig wäre das

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