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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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zurückgewinnen. Hin und wieder Zinn an Korsaren zu verkaufen war ein ganz einträgliches Nebengeschäft, würde jedoch niemals soviel Geld einbringen, wie Angelo brauchte.
    Als sie den Hügel hinunterritten, strauchelte Jehans Pferd, er rutschte im Sattel seitwärts, und seine Kappe fiel zu Boden. Einer der Diener half ihm, sich wieder aufzurichten, was der Notar ihm mit derben Flüchen dankte.
    Angelo, der die Szene beobachtete, ließ seine Gedanken erneut in die Vergangenheit wandern.
    Ohne Francesco wirkte das Haus quälend leer.
    Als ihre Brüste aufhörten zu schmerzen und Milch für den abwesenden Sohn zu produzieren, wurde Serafina allmählich bewußt, daß ihr Körper ihr nun wieder allein gehörte, doch sie konnte sich nicht so recht daran erfreuen. Allerdings hatte sie kaum Zeit, sich in Grübeleien zu verlieren. Die Wochen flogen nur so dahin: Sie kaufte Seide in Livorno, stellte noch mehr Weber ein, rechnete und plante. Für die Angestellten war sie gleichermaßen lobende Mutter und gefürchtete Despotin. Sie schien überall gleichzeitig zu sein; ihrem scharfen Auge entging keine noch so winzige Nachlässigkeit. Sie arbeitete so hart, daß sie kaum dazu kam, etwas zu essen, stand früh auf und ging spät zu Bett. Es graute ihr vor dem Einschlafen, denn wenn sie schlief, kamen die Träume – grausame grellbunte Träume, aus denen sie schweißgebadet und schreiend erwachte. Es waren immer dieselben Bilder, und sie lauerten in ihrem Kopf darauf, daß sie die Augen schlösse. Es war besser, wach zu bleiben und zu arbeiten. Wenn sie beschäftigt war, empfand sie die Leere des Hauses nicht so sehr.
    Als Thomas aus Neapel zurückkehrte, saß Serafina im Kontor am Schreibtisch; hatte den Kopf in eine Hand gestützt, und die Feder begann ihren sich öffnenden Fingern zu entgleiten. Die Zahlen verschwammen zu sinnlosem Gekrakel, ihre Lider senkten sich. Die Stimme des Dienstmädchens schreckte sie auf und verscheuchte die wirren Bilder aus der Vergangenheit, die durch ihren erschöpften Verstand gegeistert waren: »Signor Marlowe ist angekommen!«
    »Sehr gut. Richte ihm das Gästezimmer her!« Sie hatte gerade noch Zeit, ein paar herausgerutschte Haarsträhnen an ihren Platz zu stecken und die Falten aus ihrem Kleid zu streichen, bevor Thomas hereinkam.
    Er verbeugte sich und warf seinen verbeulten Filzhut auf einen Stuhl. »Es war eine erfolgreiche Reise, Serafina, und die Kingfisher flog über das Meer wie ein Engel.«
    Thomas' Lebenstraum, dachte sie. Er hat sich erfüllt. Ihre Träume waren von ganz anderer Art – kalt und nüchtern. Würden auch sie sich erfüllen? Das hing zum Großteil von dem englischen Steuermann ab – und von seinem Schiff, das jetzt das ihre war. Sie bot Thomas Platz an – den er ablehnte – und goß ihm Wein ein, den er in einem Zug trank. Er hatte es offenbar so eilig gehabt, zu ihr zu kommen, daß er sich nicht die Zeit genommen hatte, sich umzuziehen. Seine Kleidung war salzverkrustet. Sonne und Seeluft hatten sein Gesicht tief gebräunt. Serafina wartete darauf, daß er ihre Einkaufsliste herausziehen und über Preise und Profite, Bänder und Spitze sprechen würde, aber er trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und ließ den Blick ziellos durch den Raum wandern.
    »Es war eine erfolgreiche Reise‹« wiederholte er. Er rieb sich das stoppelige Kinn und fuhr sich durch die Locken. »Und eine interessante! Ich habe etwas erfahren, das Sie auch erfahren sollten, wie ich meine.«
    Sie schaute zu, wie er auch das zweite Glas leerte, zum Fenster ging und in die Dunkelheit hinausstarrte. Es war still im Haus. Die Angestellten und Bediensteten hatten sich bereits zur Ruhe begeben. Thomas' Schweigen zerrte an Serafinas Nerven. Ungeduldig grub sie die Fingernägel in die Handflächen. Endlich wandte er sich ihr zu. Sein Gesicht verriet keine Empfindung, was bei ihm sehr ungewöhnlich war.
    »Sie erinnern sich daran, daß ich für die Levant Company als Kapitän auf der Garland fuhr?« Sie nickte. »Wir hatten Waren für Zakynthos dabei. Stoffe und Zinn.« Zinn, gefördert in Cornwall, gehörte zu den wertvollsten Handelsgütern der Gesellschaft. »In der Nacht nach unserer Ankunft versuchte jemand, unser Zinn zu stehlen – mit dem Einverständnis des venezianischen Gouverneurs, wie ich später begriff. Ich konnte das Schiff aufspüren, dessen Kapitän den Überfall deckte. Es lag in einer Bucht an der Nordküste der Insel. Ein neues Schiff, ein herrliches Schiff – größer

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