Serafinas später Sieg
feststellen, daß er das Rennen verloren hatte, sein Konkurrent lag bereits an der Mole!
Angelo schüttelte den Kopf über sich selbst: Es war wirklich albern, sich darüber zu ärgern. Wäre er ausgeschlafen gewesen, hätte er seiner Niederlage sicherlich keine solche Bedeutung beigemessen.
Thomas Marlowe war gerade in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen, als die Eigentümerin seines Schiffes nach energischem Anklopfen seine Kabine betrat. Sie mußte ihn schütteln, um ihn wach zu bekommen, was sie mit wahrer Wonne tat: Sie betrachtete dies als kleine Rache für die vergangene Nacht, die sie mit der weinenden und sich immer wieder übergebenden Luisa in ihrer engen Kajüte hatte zubringen müssen. Thomas stöhnte, öffnete die Augen und schwang schließlich widerwillig die Beine aus der Koje.
»Ich werde Jacopos Haus aufmachen«, erklärte Serafina und sah zu, wie er sich mit den Fingern durch die Locken fuhr und versuchte zu sich zu kommen. »Mein Haus, genauer gesagt.«
Er starrte sie mit finsterem Gesicht an. »Sie wecken mich aus dem ersten Schlaf, den ich seit sechsunddreißig Stunden hatte, um mir das zu sagen?«
»Ich habe Sie aufgeweckt«, antwortete sie schroff, »um Ihnen mitzuteilen, daß ich für die Dauer unseres Aufenthalts in meinem Haus wohnen werde – Sie bleiben an Bord der Kingfisher .«
Einen Moment lang sah er sie verständnislos an – dann erwachte sein Mißtrauen. »Warum?«
»Weil es passender ist. Die Leute würden sich die Mäuler zerreißen, wenn wir unter einem Dach schliefen. Vergessen Sie nicht – ich bin Witwe.«
Begreifen blitzte in seinen Augen auf. »Tun Sie das nicht«, beschwor er sie. »Es ist zu gefährlich, und Sie würden sich nur selbst weh tun. Warten Sie noch auf Ihre Chance.«
Serafina spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoß wie einem ertappten Kind, doch sie fragte kühl: »Was meinen Sie, Thomas, was soll ich nicht tun?«
»Ihren Kusin Angelo besuchen. Ihn zu einem intimen Essen einladen. Sich wie ein verdammtes Lamm auf den Opfertisch legen.«
Zu seiner Überraschung erfolgte keine scharfe Zurechtweisung wegen seiner unverschämten Einmischung in ihre Angelegenheiten – nein, sie lachte! »Ich habe nicht die Absicht, eines dieser Dinge zu tun. Ich will allein im Capriani-Haus wohnen, weil es sich so ziemt.«
Thomas zog die Beine wieder hoch. »Dann habe ich wenigstens meine Ruhe hier!« Damit drehte er sich zur Wand.
In Pisa hatte die Kurtisane Constanza Besuch von Bankier Merli. Sie hatten in Gesellschaft einiger seiner Freunde und Geschäftspartner gespeist und anschließend miteinander gesungen, wobei Constanzas tiefe, warme Stimme Galeazzos Brummen gottlob übertönte. Und dann hatten die Gäste sich verabschiedet und einen Tisch mit leeren Weingläsern und einen Teppich voller Brotkrümel und Weintraubenkerne zurückgelassen.
Galeazzo setzte sich auf einen Stuhl und sah Constanza beim Aufräumen zu. Er aß schon wieder – aber er ließ sie keinen Moment aus den Augen.
Die Kurtisane hob ihre Laute aus einer Weinpfütze. Wenn Galeazzo endlich gesättigt wäre, würden sie sich lieben. Nein, korrigierte sie sich, mit Liebe hatte das nichts zu tun. Zu ihrem Erstaunen griff er nicht nach ihr, als sie vorbeiging, und zog sie auch nicht die Treppe hinauf zum Schlafzimmer. Er saß nur da, inmitten des Durcheinanders, das seine Freunde hinterlassen hatten, und beobachtete sie. Schließlich sagte er: »Du hattest kürzlich einen Hausgast. Einen Engländer.«
Constanza, die vorsichtig die Laute trockenwischte, lächelte in sich hinein. Das also war der Grund für sein untypisches Verhalten: Signor Merli fürchtete um eines seiner Besitztümer. »Das ist richtig«, nickte sie gelassen. »Er wohnte einige Zeit hier: Thomas Marlowe, du erinnerst dich doch sicher an ihn.« Sie hatte keinen Grund zur Furcht. Selbst wenn etwas zwischen ihr und Thomas gewesen wäre – sie hatte Galeazzo keine Treue gelobt. Er vergütete ihr gewisse Dienste, es war gewissermaßen ein Handelsvertrag.
»O ja.« Merli nahm einen Pfirsich aus der Obstschale. »Er war letzten Herbst auf meinem Bankett – mit dem Beauftragten der Levant Company. Wie hieß er doch gleich? Keane? Ja – Keane.« Er teilte den Pfirsich mit den Daumen in zwei Hälften. Saft tropfte auf sein Wams, als er den Stein herausdrückte. »Ich habe gehört, daß du mit Signor Marlowe nach Neapel gesegelt bist«, fügte er hinzu.
Sie entwirrte die weinfeuchten Bänder am Hals der Laute, legte das
Weitere Kostenlose Bücher