Serafinas später Sieg
Instrument an seinen Platz auf dem Ecktisch, wandte sich Galeazzo zu und erwiderte: »Er war so freundlich, mir anzubieten, mit ihm zu fahren. Er sah es als Dank dafür an, daß ich ihn bei mir beherbergt hatte. Wir sind nur Freunde, Galeazzo.« Er schob sich eine Pfirsichhälfte in den Mund. Saft lief an seinem Kinn herunter. Seine dunklen, kleinen Augen lagen unverwandt auf ihr. »Nur Freunde«, wiederholte sie mit fester Stimme.
Er hatte den Pfirsich geschluckt und umfaßte mit klebrigen Fingern ihr Handgelenk. »Signor Marlowe ist auch ein Freund der Witwe Capriani. Jedenfalls sagen die Leute das.«
Constanza antwortete nicht. Galeazzo begann die klebrige Saftspur von ihrem Handgelenk zu 1ecken. Sein stoppeliges Kinn kratzte schmerzhaft über die zarte Haut. Sie wußte, daß er sie am liebsten gleich hier, zwischen den Weinpfützen und Obstschalen auf dem Tisch nehmen würde, doch sie war keine gewöhnliche Dirne, und so machte sie sich los und ging die Treppe hinauf. Er folgte ihr.
Lautes Klopfen an der Haustür weckte sie. Sie war aufgestanden, angezogen und frisiert, bevor sie Hélion öffnen hörte. Galeazzo lag, auf dem Rücken ausgestreckt, fest schlafend auf den Laken. Die unausrottbare Angst, die sie stets bei unangemeldeten Besuchern beschlich – oder bei Schritten hinter ihr in dunklen Gassen –, erwachte. Sie nahm ihr Stilett aus dem Schreibtisch und eine Kerze und schloß die Schlafzimmertür hinter sich. Zuerst hörte sie Hélions Stimme und dann eine zweite – die eines Mädchens. Maria! Sie stellte die Kerze auf ein Tischchen, legte das Stilett daneben, eilte die Treppe hinunter und schloß ihre Tochter in die Arme.
Dann schob sie sie von sich und betrachtete sie. Maria trug das Kleid› das Constanza ihr im Mai hatte nähen lassen, und die dunklen Locken quollen ungeordnet unter einem Hut hervor. Der Rocksaum hing auf einer Seite herunter, der Spitzenkragen war schmuddelig grau. Das Mädchen begegnete dem Blick der Mutter mit kindlicher Unbekümmertheit.
»Hast du in der Stickstunde geschwätzt?« fragte Constanza mit gespielter Strenge. »Oder warst du wieder auf den Docks?« Sie hatte Mühe, ernst zu bleiben.
Maria schüttelte den Kopf. »Schwester Esmeralda ist rausgeworfen worden – und es ist meine Schuld«, gestand sie kleinlaut.
Constanza legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie in das noch immer nicht fertig aufgeräumte Speisezimmer. Stockend erzählte das Mädchen die schreckliche Geschichte. Maria hatte ein Kätzchen gefunden-nein, ein Mann hatte es ihr geschenkt: »Es war ein blaues Perserkätzchen, und es war einfach hinreißend – und es hatte ein verletztes Vorderpfötchen.« Dank heimlich aus dem klösterlichen Vorrat entwendeten Arzneien und Essensresten, die sie sich bei Tisch in die Taschen gestopft hatte, war das Tierchen, das sie in einer Truhe in ihrem Zimmer untergebracht hatte, allmählich genesen. Maria fürchtete, daß Schwester Bonaventura, die sie ohnehin mit Mißtrauen beobachtete, hinter ihr Geheimnis kommen würde, und gab das Kätzchen in die Obhut von Schwester Esmeralda. Unglücklicherweise ertappte Schwester Teresa, der es normalerweise nicht einmal aufgefallen wäre, wenn jemand einen Elefanten innerhalb der Klostermauern versteckt hätte, Esmeralda dabei, wie sie mit dem Kätzchen im Habit über den Flur zu ihrer Zelle zurückeilte. Als sie die Bewegungen unter dem gestärkten Stoff bemerkte, befürchtete sie Dämonen oder ähnliches und rief in heller Aufregung nach Schwester Bonaventura.
»Sie hat das Kätzchen ertränkt«, berichtete Maria kummervoll. »Und als ich versuchte, ihr zu erklären, daß Schwester Esmeralda nichts damit zu tun hatte und daß es allein meine Schuld sei, hörte sie mir gar nicht zu. Sie sagte, Schwester Esmeralda habe ein Geschenk von einem Mann angenommen – meine Freundin hatte meine Geschichte als die ihre ausgegeben – und sei nicht geeignet, Nonne zu werden. Sie hat bestimmt gewußt, daß es mein Kätzchen war, aber sie hat es nicht zugegeben, weil der Konvent immer wieder etwas von dir geschenkt bekommt und Schwester Esmeraldas Familie arm ist.«
Constanza, die drauf und dran gewesen war, die lästige Mutterpflicht zu erfüllen, ihre Tochter zu schelten, fragte statt dessen: »Wie bist du denn hierhergekommen, Liebes?«
»Oh – mit einem Schiff. Es war keine Galeone wie Signor Marlowes – nur eine kleine Bark –, aber ich fand es herrlich. Ich habe Schwester Bonaventura eine Nachricht
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