Serafinas später Sieg
Bank und verlangte lautstark nach einer neuen Runde. Rufus, der einäugige schottische Schmied, ein wortkarger Bursche, spuckte auf den Boden. William Williams, der immer praktisch dachte, fragte leise: »Wieviel?«
Thomas schnitt eine Grimasse und schüttelte den Kopf. »Zuviel, natürlich. In Zeiten, da die Hälfte aller Schiffsbauer in Italien verzweifelt nach Holz sucht, konnte ich keinen Sonderpreis erwarten. »Er war bei all dem Gelärme in der Gaststube kaum zu verstehen. »Aber ich hatte keine Wahl, Will, Männer untätig herumsitzen zu lassen ist teuer.«
Sie prosteten einander schweigend zu. Es war Feiertag, und in dem Wirtshaus herrschte Hochbetrieb. Draußen ließ ein Eisregen die Umrisse der Schiffe verschwimmen – in der Gaststube mit den vielen Menschen und der niedrigen Decke herrschte brütende Hitze.
»Du hast doch dein Erbe«, meinte William, und Thomas grinste. Zu dieser nicht unpassenden Version hatte er sich vor einigen Monaten entschlossen, um die Herkunft des goldenen Treibgutes zu erklären, die ihm mehr als ein Jahr zuvor die Toby und das Meer »hinterlassen« hatten.
Thomas, der in Hochstimmung war, antwortete unangebracht fröhlich: »Viel ist nicht mehr davon übrig.«
Das Gold zu finden war nur der erste Schritt gewesen – das wußte Thomas inzwischen. Der weitere Weg bestand aus Organisation, Glück und harter Arbeit. Die Odyssee vom Wrack der Toby nach Livorno hatte einen Sinn gehabt, ihm seinen Traum in greifbare Nähe gerückt. Allerdings war er sich durchaus bewußt, daß ihn schon morgen wieder Geldsorgen quälen würden und er gegen die stete Bedrohung ankämpfen müßte, daß die Kingfisher als unfertiges Gerippe auf einem italienischen Dock verrottete. »Ich werde mich um Aufträge kümmern«, sagte Thomas und schaute nachdenklich in seinen leeren Becher. »Aber ich werde sie nicht verkaufen, Will, ich werde die Kontrolle behalten.« Das schlanke, grazile Schiff erschien vor seinem geistigen Auge. »Wenn sie erst einmal fertig ist, werden die Kaufleute Schlange stehen, um sie zu mieten«, erklärte er im Brustton der Überzeugung. »Du wirst sehen. Ich werde gleich morgen damit anfangen, die Herren aufzusuchen.«
Ein breites Grinsen überzog Williams rundes Gesicht. »In Ordnung«, nickte er. »Falls du nach dem vielen Wein noch laufen kannst.«
Thomas war aufgestanden und setzte sich den Hut auf den Kopf. »Ich folge einem Ruf der Natur«, verkündete er, jeden Buchstaben sehr sorgfältig artikulierend. Er stellte fest, daß er ausgesprochen angetan von sich selbst war. Das Ausmaß seiner Sorgen würde er erst erkennen, wenn er sie überwunden hatte.
Im Haus des Holzhändlers hatte er ein ausgesprochen hübsches Zimmermädchen gesehen. Als Thomas sich durch das Gewühl kämpfte, kam ihm der Gedanke, daß er später noch einmal dort vorbeischauen könnte.
Seitdem er mit Serafina an der afrikanischen Küste Segel gesetzt hatte, hatte er wie ein Mönch gelebt, zwar bewundernd zu den eleganten Damen hinaufgeblickt, die hinter den Fenstern im ersten Stock ihrer Häuser saßen, es jedoch dabei bewenden lassen, denn die Eifersucht der italienischen Ehemänner war hinreichend bekannt. Eine Kurtisane hatte er sich nicht leisten können und keine Lust gehabt, sich bei einer der Dockhuren eine Krankheit zu holen. Gerade rief er sich das üppige blonde Haar des Zimmermädchens ins Gedächtnis, als er mit jemandem zusammenstieß, dessen voller Weinbecher überschwappte. Thomas prallte zurück. Er blickte in ein hageres, arrogantes Gesicht, das auf einem dünnen Hals aus wallenden schwarzen Gewändern hervorragte, und spürte gleich darauf die Spitze eines Messers an seiner Brust. Französische Flüche, gemischt mit Verwünschungen wegen seiner Unachtsamkeit, schlugen ihm entgegen. Die Spitze des Messers war unangenehm kühl. Dank seines heutigen Erfolges und des reichlichen Weingenusses gutmütig gestimmt, zauberte er ein besänftigendes Lächeln auf sein Gesicht und streckte entschuldigend die Hände aus. »Ich bitte tausendmal um Vergebung – es war meine Schuld.« Der Besitzer des Messers war, wie Thomas erkannte, noch betrunkener als er selbst. In der kurzen Pause, die folgte, machte Thomas sich bereit, sich zu verteidigen, doch da hörte er den anderen Mann murmeln: »Sie sollten sich angewöhnen aufzupassen, wo Sie hingehen.«
Thomas schob sanft das Messer beiseite. Er hatte das Gefühl, daß ihn heute nichts aus der Ruhe bringen könnte. Mit einer Verbeugung fragte er
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