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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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nennen.« Der Notar wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und kicherte böse. »Sie fielen Korsaren in die Hände.«
    Thomas spürte, wie sich seine Nackenhaare sträubten. Plötzlich begriff er, daß etwas faul war – von Anfang an faul gewesen war –, aber er zwang sich, mit unverändert gelassener Stimme zu sprechen. »Dann wurde die Firma verkauft?«
    »Nein!« antwortete der Notar ungeduldig und hob den Becher an die Lippen. Nachdem er einen großen Schluck getrunken hatte, fuhr er fort: »Ich sagte doch schon, daß sie Angelo gehört. Alles gehört Angelo!«
    Thomas' Finger verkrampften sich um seinen Becher. Serafina hatte ihn damals in Marseille angelogen! Der Guardi-Tuchhandel existierte durchaus noch – nicht nur das, berichtigte er sich in Gedanken, als ihm das blattvergoldete Haus einfiel – er blühte und gedieh! Seinerzeit in dem spanischen Wirtshaus hatte Serafina ihm erklärt, sie sei die einzige Erbin ihres Vaters, doch dann hatte sie sich geweigert, die Stufen zu ihrem eigenen Haus hinaufzusteigen. Na schön, sie hatte ihm nicht die Wahrheit gesagt, warum ärgerte ihn das? Schließlich war sie ihm keine Rechenschaft schuldig.
    »Das Mädchen hatte eine Kinderfrau, nicht wahr?« Weshalb ließ er die Sache nicht auf sich beruhen? »Marthe …«
    »Ist auch tot. Sie starb aus Kummer, als sie erfuhr, daß ihre geliebte Serafina nicht mehr zurückkommen würde.« Und mit einem Grinsen fügte er hinzu: »Angelo ist ein gerissener Bursche.«
    Also hatte sie ihn ein weiteres Mal belogen! »Ich werde bei meiner Kinderfrau wohnen«, hatte Serafina ihm in Marseille mitgeteilt, dabei jedoch seinen Blick gemieden, wie er sich jetzt erinnerte, aber die Kinderfrau war längst tot! Thomas spürte, wie seine Haut zu prickeln begann. Plötzlich sah er ganz klar, was passiert war. Serafina und ihr Vater hätten durch Lösegeld freikommen sollen. Jemand – wahrscheinlich der reizende Kusin Angelo – hätte es bezahlen sollen, doch er hatte es nicht getan, weshalb Serafinas Vater im Bagno von Algier starb und sie sechs Jahre als Sklavin bei Kara Ali festsaß.
    Thomas nahm das laute Stimmengewirr in der Gaststube nur noch als leises Gemurmel wahr. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Da hatte er Monate mit diesem Mädchen verbracht und keine Ahnung gehabt, was gespielt wurde. Serafina wohnte mitnichten bei ihrer Kinderfrau, und der Guardi-Tuchhandel war weder verkauft noch eingestellt worden. Sie hatte ihm lediglich eine Phantasiegeschichte serviert, um ihn loszuwerden, und er hatte sie geglaubt. Wieder fragte er sich, warum ihn das so ärgerte – schließlich hatte er es kaum erwarten können, von seiner Verantwortung für das Mädchen befreit zu werden. In gezwungen leichtem Ton fragte Thomas: »Dieses Mädchen, Francos Tochter – wieso war sie denn mit einem Schiff unterwegs?«
    Der Notar setzte sich umständlich zurecht. »Sie sollte verlobt werden – mit dem Florentiner Michele Corsini –, und sie waren auf dem Weg dorthin. Franco Guardi stand in Geschäftsbeziehungen mit den Corsinis.« Jehan de Coniques sank in sich zusammen.
    Thomas fühlte dasselbe tiefe Unbehagen in sich aufsteigen, mit dem ihn ein herannahendes Unwetter erfüllte. Serafina sollte verlobt werden – ein Kind von zehn Jahren! Wie außerordentlich günstig für Kusin Angelo, daß diese Verbindung nicht zustande gekommen war! Wirklich sehr günstig! Plötzlich kam ihm ein Verdacht, der ihn wie ein Schlag in die Magengrube traf. Er mußte sich vergewissern. »Dann überfielen die Korsaren die Guardi-Schiffe also, bevor Serafina verlobt war?«
    Der Notar schrak hoch. Mißtrauen blitzte in seinen Augen auf. »Wie kommen Sie darauf, daß es mehrere Schiffe waren?«
    »Eine reine Annahme«, erklärte Thomas leichthin, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug.
    Jehan de Coniques gab sich mit dieser Antwort zufrieden. »Ja – bevor sie verlobt wurde«, nickte er. Der Schein der Kerze auf dem Tisch malte zuckende Lichter auf sein hohlwangiges Gesicht. »Ich sagte Ihnen doch, er ist ein gerissener Bursche.«
    Thomas sog scharf die Luft ein. Die Augenhöhlen seines Gegenübers wirkten wie riesige schwarze Löcher, die Zähne waren zu einem starren Grinsen gebleckt. Thomas starrte ihn angewidert an: Der Mann sah aus wie ein lebender Leichnam.
    »Wer sind Sie?« fragte der Notar unvermittelt. »Sind Sie vielleicht auch ein gerissener Bursche?«
    Thomas schüttelte den Kopf. Er kam sich nicht im mindesten gerissen vor – viel eher

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