Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
dem Andocken keine Zeit: Im ersten Morgenlicht las er die Adresse auf dem Brief noch einmal, den er aus der Tasche gezogen hatte, und machte sich unverzüglich auf die Suche nach John Keane. Keanes Schiff, die Garland , war in einem sommerlichen Unwetter vom Konvoi getrennt worden und lag zur Reparatur auf dem Trockendock in Livorno. Inzwischen dürfte der alte Kahn wieder seetüchtig sein, dachte der Kapitän der Legacy , als er in das Straßengewirr der Stadt eintauchte. Der Hafen erwachte allmählich zum Leben: Fischer zogen die Segel an den Masten hoch und verstauten die Netze in ihren Booten. Wie sich herausstellte, lag John Keanes Haus ganz in der Nähe. Es erwies sich als ein hoher, schmalbrüstiger Bau. In einem Fenster der oberen Stockwerke lehnte eine Laute mit bunten Bändern am Hals. Der Kapitän der Legacy klopfte ungeduldig an die Tür. Er war hungrig und müde, und das Kopfsteinpflaster unter seinen Füßen schien zu schwanken wie das Deck seines Schiffes auf hoher See.
    Die Tür wurde geöffnet, und ein Mann stand vor ihm, der einen pelzbesetzten Mantel über sein Nachthemd geworfen hatte. Die schlaftrunkenen Augen versuchten den Verursacher der frühen Störung zu erkennen. Und dann erhellte ein breites Lächeln sein Gesicht. »Edward!« rief John Keane, packte die Hand des Kapitäns der Legacy und schüttelte sie heftig. »Edward Whitlock!«
    Eine halbe Stunde später hatte Edward Whitlock, der in John Keanes Salon saß, ein opulentes Frühstück vor sich stehen. »… sind gute Schiffe, alle drei«, sagte er undeutlich mit vollem Mund. »Wir müßten sehr bald nach Scanderoon segeln können.«
    John Keane, der sich inzwischen korrekt angezogen hatte, musterte seinen Gast. Ned Whitlock war ein guter Mann, ein intelligenter Mann, ein anständiger Mann – aber er hatte überhaupt keine Geduld. John, der sich für die Typisierung von Menschen interessierte, hielt ihn für einen Choleriker: Er hatte die spröden rötlichen Haare, die für diesen Typ charakteristisch waren, und selbst jetzt, beim Essen, konnte er sich nicht ruhig halten. Seine Stiefelspitzen trommelten einen entnervenden Rhythmus auf den Holzboden.
    John Keane beschloß, Whitlock erst später zu erzählen, daß die Garland unterwegs war. »Welche Ladung haben Sie an Bord, Ned?« fragte er.
    Whitlock hatte aufgegessen und wischte sich mit seinem Taschentuch den Mund ab. »Hauptsächlich Weißwäsche und Wollstoff – aber auch Messer und Scheren. Und auf der Saviour liegen dreihundert Pfund Zinn in Form von Geschirr und Tranchierbrettern. Die Garland hatte Zinn geladen, nicht wahr, John?«
    Keane wollte dem Blick der durchdringenden grünen Augen ausweichen und legte Holz im Kamin nach. »Ja. Aber Barren – keine Teller.« Er schnitt eine Grimasse. »Ich glaube, ohne diesen Ballast wären wir untergegangen. Es war ein teuflisches Unwetter.«
    Whitlock sah ihn mitfühlend an. »Sie haben Ihre Sache großartig gemacht, John, da sind sich alle einig.« Er ließ den Blick zu dem Fenster wandern, durch das man den Hafen sehen konnte. »Ist die Garland wieder seetüchtig?«
    »O ja!« Keane verfluchte im stillen den Konvoi dafür, daß er früher als vermutet angekommen war. »Die Schäden waren nicht sehr schwerwiegend, und ich habe gute Männer gefunden, die sie schnell behoben. Ich habe unsere Flotte übrigens um ein Schiff vergrößert.«
    Whitlocks Stiefelspitzen hörten abrupt auf zu trommeln. Die grünen Augen weiteten sich.
    »Nun ja – es ist noch nicht fertig. Dem Schiffseigner war das Geld ausgegangen, und ich habe eine Vereinbarung mit ihm getroffen: Wir bezahlen die Baukosten, und er fährt fünf Jahre für die Gesellschaft. Das Schiff ist ein Prachtstück, Ned – etwas ganz Besonderes. Sie müssen es sich ansehen.«
    Whitlock stand auf und nahm Hut und Handschuhe. »Vielleicht werde ich das tun. Im Augenblick sollten wir uns aber darum kümmern, daß der Konvoi so bald wie möglich seine Reise fortsetzen kann. Liegt das Zinn von der Garland in einem Lagerhaus, oder haben Sie sie schon wieder beladen lasen?«
    Es gab kein Entkommen. John Keane atmete tief durch. »Die Garland ist nach Zakynthos gesegelt, Ned.« Diesmal schaute er Edward Whitlock direkt in die Augen. »Die Ladung lag monatelang auf Halde«, fuhr er fort. Es widerstrebte ihm zutiefst, sich rechtfertigen zu müssen wie ein schuldbewußter Lehrjunge. »Thomas erbot sich, sie in Zakynthos zu verkaufen. Das ist nicht weit weg, und er hat als Steuermann einen

Weitere Kostenlose Bücher