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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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wahrscheinlich auf der Pinasse bleiben, um die gestohlene Ladung in Empfang zu nehmen, also hätten sie schätzungsweise mit vier Gegnern zu rechnen. Drei gegen vier stellte ein tragbares Kräfteverhältnis dar – vor allem, da einer der drei Samuel war. Trotzdem wurden Williams Hände feucht. Sie hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Die vier Strolche erwarteten, leichtes Spiel zu haben, ein unbewachtes Schiff ausräumen zu können. William, der Oberkanonier und dessen Gehilfe warteten, bis zwei der Eindringlinge auf der Leiter zwischen Kanonen- und Orlogdeck angekommen waren. Dann stürzte Samuel los und ließ mit einem Freudenschrei den Griff der Pistole auf den Schädel eines arglosen Mannes krachen. Ein Schuß donnerte, und jemand schrie auf. William Williams, halb taub und geblendet von der Explosion, stand einen Moment lang wie erstarrt da, doch sofort kam er wieder zu sich und beteiligte sich an dem Kampf.
    Thomas Marlowe und die Besatzung kehrten am nächsten Morgen überfressen und verkatert auf die Garland zurück. »Ich habe das Gefühl, als platze mir gleich der Kopf«, klagte Thomas, als er die Tür zur Kapitänskajüte aufstieß. »Und der arme Cristofano hat die ganze Nacht seine Tugend verteidigen müssen. Ein Glück für mich, daß der Gouverneur Knaben bevorzugt.«
    William Williams schob die Tür hinter ihnen zu und schloß damit das Lärmen der Männer aus, die die Garland zum Entladen vorbereiteten. »Der Gehilfe des Oberkanoniers hat einen gebrochenen Arm, und im Boden des Kanonendecks klafft ein Loch«, berichtete er. »Samuel war nämlich nicht davon abzuhalten, eine Pistole zu benutzen.«
    »Ist ja großartig«, meinte Thomas und sah ihn aus rotgeränderten Augen an. William hatte ihn mit der Eröffnung begrüßt, daß sie überfallen worden seien, und er harrte gespannt der Einzelheiten. »Und weiter?« drängte er ungeduldig.
    »Die Strolche schafften es, eine der Zinnkisten an Deck zu schleppen, aber sie haben sie ins Wasser fallenlassen. Ich glaube, Samuel hat dafür gesorgt, daß nur noch drei von den Burschen ihre Heimat wiedersehen werden, aber genau kann ich es nicht sagen, weil ich nicht weiß, ob Samuel den Kerl erwischt hat, auf den er schoß, als dieser auf die Pinasse hinübersprang. Zwei Leichen liegen jedenfalls im Laderaum.«
    Thomas starrte nachdenklich vor sich hin. »Ich habe gerade ein Vermögen an unverschämt überhöhten Abgaben an diesen Halsabschneider von Gouverneur gezahlt, ich verstehe das alles nicht. Wenn sie so scharf auf das Zinn sind, weshalb haben sie es dann nicht einfach konfisziert? Wir hätten sie doch nicht daran hindern können.«
    »Es waren keine Venezianer.« Mit Befriedigung registrierte er die Verblüffung auf dem Gesicht des Steuermanns. »Es waren Franzosen!«
    Seine hartnäckigen Kopfschmerzen und das anscheinend nicht zu lösende Verwirrspiel ließen Thomas in der folgenden Nacht nicht zur Ruhe kommen. Das Hämmern hinter seinen Schläfen gemahnte ihn daran, in Zukunft die Danaer zu meiden, wenn sie Geschenke brachten. Der versuchte Diebstahl des Zinns veranlaßte ihn, auf dem Halbdeck zu bleiben und die Umgebung zu beobachten, anstatt sich in seine Kajüte zurückzuziehen.
    Franzosen! Die Männer, die die Garland überfallen hatten, um das kostbare Zinn zu stehlen, während die Mannschaft im Gouverneurspalast und damit aus dem Weg war, waren Franzosen gewesen! Thomas war überzeugt, daß Hieronymo Carcandella nicht nur von dem Plan gewußt, sondern ihn auch noch unterstützt hatte, nachdem feststand, daß tatsächlich Zinn an Bord war. Doch es ergab keinen Sinn. Warum half ein venezianischer Gouverneur den Franzosen, Zinn zu stehlen – die Ladung eines englischen Schiffes? Man rechnete damit, daß er überhöhte Abgaben verlangte, widerrechtlich Schiffe durchsuchen ließ und auf alle möglichen anderen Arten Ärger machte, aber nicht damit, daß er Überfällen seitens der Franzosen Vorschub leistete.
    William Williams war neben ihn getreten. »Wenn du willst, übernehme ich jetzt die Wache«, bot er an. Thomas schüttelte den Kopf. »Danke – ich bin nicht müde.« Wie schon hundertmal zuvor an diesem Tag erschien das Schiff mit der Bourbonen-Lilie vor seinem geistigen Auge. Er sagte zögernd: »Als ich eines Nachts Wache stand – vor etwa einer Woche –, sah ich ein Schiff. Nur so kurz, daß ich hinterher beinahe glaubte, es mir nur eingebildet zu haben. Es erschien aus dem Nichts und verschwand wieder. Ein herrliches

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