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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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war wieder da. Er richtete den Blick auf das ebenfalls schweißüberströmte Gesicht des letzten Inquisitors.
    »Keine Dämonen«, wiederholte er leise. »Ich fürchte, dies hier ist viel schlimmer!«

2. Kapitel
    Fingernägel krallten sich in Katharinas Oberarm, und sie blieb wie erstarrt stehen.
    Ihr Herz vollführte einen Sprung, dann schlug es mit doppelter Geschwindigkeit weiter. Betont langsam wandte sie sich um und blickte in ein schmutziges Gesicht mit schweren Lidern und brennenden Augen.
    Vor Erleichterung sank sie in sich zusammen: nur ein Bettler.
    Kein Stadtbüttel!
    So unauffällig wie möglich atmete Katharina die warme Augustluft ein, dann hob sie das Kinn und kniff die Augen zusammen. Zwei Marktfrauen, die auf dem Platz vor dem Weißen Turm ihre Körbe aufgebaut hatten und dort Gemüse und Eier verkauften, waren bereits aufmerksam geworden und starrten mit neugierigen Blicken zu ihr herüber.
    »Hab ich Euch!« Der Mann, der nach Katharinas Arm gegriffen hatte, grinste breit und blöde und entblößte dabei Zähne, die in seinem vor Schmutz starrenden Gesicht auffällig weiß leuchteten. Katharina presste die Kiefer zusammen. Manche der ihr anvertrauten kranken Frauen hätten ihre rechte Hand gegeben für solche Zähne! Sie verspürte einen Anflug von Neid. Ihr fehlte bereits ein Backenzahn, was man aber zum Glück nur sah, wenn sie gähnte.
    Behutsam griff sie nach der Hand des Bettlers und löste einen seiner Finger nach dem anderen aus ihrem Fleisch.
    Gestank stieg von ihm auf, so streng, dass er ein Kratzen in ihrem Hals verursachte. Kot und Urin.
    Seine Augen weiteten sich. »Anna?«, lallte er. Es klang wie ein Wimmern, erschrocken und enttäuscht, als sei er ein kleiner Junge und sie habe ihm eben sein Spielzeug fortgenommen. »Mama?«, fügte er an.
    Katharinas Maske der hochmütigen Bürgersfrau fiel von ihr ab. Sie brachte es nicht fertig, seine Finger loszulassen. Als sie sah, wie sich die Miene des Mannes verzog, wie er jeden Anflug von Erwachsensein verlor und plötzlich auch äußerlich zu dem Kind wurde, das er im Geist geblieben war, tat es ihr in der Seele weh. Nur mit Mühe wahrte sie den Schein. Sie durfte nicht auffallen!
    Die schmalen Schultern des Bettlers sanken vornüber, sein Kinn wanderte auf die Brust. Noch einmal blickte er hoch, und da glitzerten Tränen in seinen langen, dunklen Wimpern. »Willst du nicht mehr mit mir Fangen spielen, Anna?«, flüsterte er. Sein zerschlissenes Hemd enthüllte eine eingefallene Brust und hervorstechende Rippen.
    Katharina schluckte.
    Die beiden Marktfrauen hatten die Köpfe zusammengesteckt und tuschelten leise. Immer wieder warfen sie dabei giftige Blicke in die Richtung des Irren. Eine von ihnen wies die Straße hinunter, und erneut durchfuhr ein Schreck Katharina. Zwei Büttel näherten sich der Ecke, an der der Bettler Katharina aufgehalten hatte.
    Sie musste hier weg!
    »Es tut mir leid«, sagte sie und strich dem Mann über den Handrücken. Aus den Augenwinkeln sah sie die Büttel auf die Marktfrauen zugehen, sah sie stehenbleiben und mit ihnen reden. Da endlich ließ sie die Hand des Bettlers fahren.
    Sie wollte gerade in einer der engeren Seitengassen untertauchen, als ein Ruf sie auf der Stelle festnagelte.
    »Heda! Frau!« Es war einer der Büttel.
    Katharina blieb stehen. Das Herz flatterte ihr jetzt im Brustkorb wie ein Vogel, den es nach Freiheit verlangte. Als sie sich umdrehte, um den Männern entgegenzutreten, war ihr schlecht. Nur mit Mühe gelang es ihr, eine freundliche Miene aufzusetzen und die beiden anzulächeln. Der schwarze Schleier, den sie zum Zeichen ihrer Witwenschaft über den Haaren trug, war ein wenig verrutscht, und sie zog ihn höher, so dass die Männer nur noch wenige ihrer blonden Haarsträhnen zu sehen bekamen.
    »Ja?«, fragte sie, und ihre Stimme kippte beinahe dabei. »Was ist denn?« Sie hielt den Blick geradeaus gerichtet, direkt in die Gesichterder beiden. Hagere Züge mit schiefen Zähnen und aufgeworfenen Lippen und ein runder Kopf, von dem die blonden Haare wirr abstanden und durch den Helm nur unzureichend gebändigt wurden.
    Diesen Männern war sie noch nie zuvor begegnet, also hatte sie vielleicht doch die Möglichkeit, ihr Spiel aufrechtzuerhalten. Ihnen zu entkommen ...
    Auf keinen Fall Demut zeigen, mahnte Katharina sich.
    Der Büttel wies mit dem Daumen über seine Schulter auf den Irren, der mit leerem Blick den Oberkörper vor- und zurückwiegte. »Hat er Euch belästigt?«
    Das Haus,

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