Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
huschte ein freundliches Grinsen. Sie wussten, dass Richard ihnen soeben ein weiteres Bier spendiert hatte.
    Er sah sich kurz um. Um einen runden Tisch hockten fünf Kerle, die mit ihrem abendlichen Würfelspiel beschäftigt waren. »He!«, rief einer von ihnen. »Warum kriegen die beiden einen ausgegeben und wir nicht?«
    Der Wirt schaute Richard fragend an. Der nickte nur, und der Spieler hob seinen fast leeren Becher. Er prostete Richard zu und trank den letzten Rest aus, um Platz für den Nachschub zu machen.
    »Wennde den jesmal ein spendierst, wennde herkommst, werden se dein Gesicht bald in Traum sehn«, sagte der einzige Mann im Raum, der allein an einem Tisch saß. Er hatte seinen Stuhl gegen die Wand gekippt und einen Fuß auf einen Hocker gestützt. Seine kniehohen ledernen Stiefel waren dreckverschmiert. Mit einem spöttischen Funkeln in den grünen Augen sah er zu, wie Richard sich einen Stuhl heranzog und sich darauf niederließ.
    »Ich kann ein paar freundliche Gebete gut gebrauchen«, sagte Richard.
    »He, Arnulf!«, schrie der Spieler zu den beiden herüber. »Red ihm bloß nicht aus, uns mit ’nem kleinen Bierchen zu verwöhnen! Immerhin hilft uns das zu vergessen, wie oft er sich hier blicken lässt, der feine Kerl! Sind ja nicht alle deine Kumpanen so spendabel!«
    Arnulf grinste breit, aber als er Richards Gesichtsausdruck sah, wurde er übergangslos ernst. »Was ist los?«, fragte er. Auf einmal klang seine Aussprache überhaupt nicht mehr undeutlich und verwaschen, sondern klar und überaus präzise.
    Richard wunderte sich nicht darüber, denn er kannte Arnulf seit vielen Jahren. Er suchte den Blick des Wirtes, wies auf Arnulfs Bier und wartete, bis auch er einen Krug vor sich stehen hatte. Einen Moment lang starrte er darauf, dann griff er danach und tat einen langen Zug. Seufzend setzte er den Krug ab. »Im Loch gibt es doch eine Hexenzelle, nicht wahr?«
    Arnulf nickte nur.
    »Das heißt, wenn jemand der Zauberei angeklagt wird, bringen sie ihn in diese eine Zelle?«
    »Sagt man so. Eine schwarze Katze ist über den Türstock gemalt. Warum interessiert dich das?«
    Richard rief sich Katharinas Gesichtsausdruck ins Gedächtnis, als sie abgeführt worden war. Wie viele Geheimnisse besaß diese junge Frau noch? Er zuckte die Achseln. »Nur so.«
    Schweigend trank Arnulf einen Schluck und wartete.
    »Jemand, den ich kenne, wurde wegen Hexerei verhaftet und ins Loch gebracht.«
    »Eine Frau.« Arnulf sagte es nicht als Frage.
    Richard nickte. »Katharina. So heißt sie. Katharina Jacob.«
    »Die Stadt ist in Aufruhr wegen dieses seltsamen Mordes«, erklärte Arnulf. »Sobald man den Mörder erwischt hat, wird sich alles wieder beruhigen. Vielleicht stellt sich dann auch die Anklage dieser ... Katharina als grundlos heraus.«
    »Es ist nicht nur das.« Richard trank einen Schluck. Das Bier schmeckte unerträglich bitter und zog ihm die Kehle zusammen.
    »Biste etwa valiebt?« Arnulf schloss die Hand zu einer losen Faust und machte eine anzügliche Geste. Plötzlich war er wieder in seine Gossensprache verfallen. »So valiebt oda so?« Er tippte sich gegen das Herz.
    Richard ging nicht auf seinen Spott ein, und er gestattete sich auch nicht, darüber nachzudenken. Katharina war ins Rathaus gegangen, um Faro zu helfen, obwohl sie wusste, dass sie wegen Hexerei im Loch landen würde. Wegen dieser schlichten Tatsache fühlte sich Richard elend und abgrundtief schlecht.
    Arnulf schürzte die Lippen. Seine schwarzen Haare waren ebenso lang wie die Richards, doch er hatte sie mit einem Lederband im Nacken zu einem losen Zopf zusammengebunden. Ein einzelne Strähne fiel ihm in die Stirn und über die Augen, aber es schien ihn nicht zu stören. Seine Schultern waren breiter als die Richards, und sein Gesicht wirkte hart. Nur das Funkeln seiner Augen milderte den brutalen Eindruck, den er machte und den auch seine geschliffene Aussprache, zu der er nun zurückkehrte, nicht überdecken konnte. »Du bist doch hier, weil du reden willst. Jetzt rede auch!« Er nahm den Fuß von seinem Hocker und kippte den Stuhl zurück auf alle vier Beine.
    Richard beugte sich ein Stück vor, um zu vermeiden, dass die Spieler oder die Kerle an der Theke etwas von seinen Worten mitbekamen. Leise berichtete er Arnulf davon, was Katharina getan hatte.
    Arnulf steckte den Zeigefinger in den Henkel seines Kruges und drehte ihn auf der Tischplatte im Kreis. »Und jetzt hältst du dich für ein Monster, stimmt es?«
    »Ich hätte

Weitere Kostenlose Bücher