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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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sehen, die dort in das Pflaster eingelassen waren.
    Schließlich erreichte ihre kleine Prozession einen etwas größeren Raum. Hier war das Läuten der Glocken zu hören, mit denen St. Sebald die Menschen zur Abendmesse rief. Für Katharina klang es wie ein Abschiedsgruß.
    »Herr im Himmel!«, murmelte sie. »Steh mir bei!«
    Ludwig drehte sich zu ihr um und sah sie erstaunt an. Sie wich seinem Blick aus.
    Sie verließen den größeren Raum und standen endlich vor einer Zelle, die mit einer massiven Tür verschlossen war. Über dem Türstock prangte die Zeichnung einer buckeligen schwarzen Katze mit steil aufgerichtetem Schwanz.
    »Da sind wir«, murmelte Sebald.
    Die Tür der Zelle war mit einem eisernen Schloss gesichert, das offenbar jedoch nicht abgesperrt war. Sebald legte die Hand gegen das Türblatt, und es schwang lautlos nach innen. »Es tut mir leid«, flüsterte er, als Katharina an ihm vorbei in die Zelle trat.
    Obwohl Wände und Boden darinnen offenbar kürzlich geschrubbt worden waren, drang der Latrinengeruch wie Säure in Katharinas Atemwege und nahm ihr das letzte bisschen Luft. Sie ächzte. Vor ihren Augen tanzten jetzt bunte Punkte, und taumelnd verschaffte sie sich Halt an der Wand.
    Sebald half ihr, sich auf eine schmale Bank zu setzen, die an der Seitenwand angebracht war. »Ich komme gleich wieder!«, flüsterte er so leise, dass nur sie es hören konnte. Dann verließ er die Zelle.Katharina hockte in der Dunkelheit auf ihrer schmalen Bank, spürte die Kälte der Wand in ihrem Rücken und versuchte, sich ein wenig zu beruhigen. Schimmelgeruch stieg von dem Stroh auf, das den Gefangenen als Unterlage dienen sollte.
    Sie war unschuldig, und sie würde es beweisen! An diesen Gedanken klammerte sie sich.
    Draußen vor der Zelle ertönten Schritte, dann schob Sebald den Riegel zur Seite und kam herein. Die Tür ließ er offen. »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte er, atemlos vom Treppensteigen und von seinem eigenen Entsetzen.
    »Ich wurde angezeigt«, erklärte Katharina. Und dann erzählte sie Sebald von ihrem zweiten Leben, dem Leben als Heilerin.
    Er hatte eine der Talglampen aus dem Gang mitgebracht und in der Mitte der Zelle auf dem Boden abstellt. In ihrem Licht war seine Miene unergründlich.
    »Ich bin keine Zauberin«, endete Katharina ihren Bericht. »Ich habe einige Arzneien hergestellt, obwohl es verboten ist, das ja. Aber ich habe dazu niemals irgendwelche gotteslästerlichen Dinge getan, das musst du mir glauben, Sebald!«
    Er nickte langsam vor sich hin. Katharina wusste, wie sehr er dem Glauben an Teufel und Dämonen verhaftet war. Doch er schien keine Angst vor ihr zu haben.
    Sie verspürte einen Anflug von Erleichterung. Es war ein Anfang.
    »Wer hat dich denunziert?«, fragte er leise.
    Sie nannte ihm Peter Hogers Namen.
    »Hoger? Ja, das würde passen. Wie willst du nachweisen, dass du unschuldig bist? Es gibt nicht viele ehrbare Leute, die für dich aussagen würden.«
    Die Tranlampe verbreitete in der engen Zelle einen ranzigen Geruch, und Katharina fragte sich, aus welcher Sorte Fett sie hergestellt worden war. »Dich«, antwortete sie.
    Er nickte.
    »Die Frauen, die ich behandele«, fügte sie an. »Es sind einige unter ihnen, die für mich aussagen würden, das weiß ich.«
    Sebald sah skeptisch aus. »Ob das so gut wäre? Immerhin sind sie Zeugen für deine ... verbotenen Geschäfte.«
    Ganz plötzlich kehrte die Angst zurück, die Sebalds Nähe und sein Vertrauen für einen Augenblick lang aus der Zelle verbannt hatten. Katharina spürte, wie ihr Herz einen Satz machte. »Was, meinst du, wird mit mir passieren?«
    »Das kann vielleicht ich Euch sagen!«
    Die Stimme, die aus dem Dunkel des Ganges kam, ließ sie beide erschreckt hochfahren. Ein Mann erschien in der noch offenstehenden Tür, sah erst Katharina an, dann Sebald. Beiläufig legte er seine Hand gegen den Türrahmen.
    Es war Zeuner.
    »Bürgermeister!« Sebald sprang eilig auf die Füße. »Ihr noch so spät hier?«
    Zeuner verzog den Mund zu einem warmen Lächeln und bedeutete Sebald, sich wieder hinzusetzen. »Ungewöhnliche Dinge erfordern ungewöhnliche Zeiten«, sagte er und lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Wand. »Ich bin hier, weil ich als Erster mit Euch sprechen wollte, Frau Jacob. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich der Prior des Predigerklosters, ein Mann namens Claudius, für Euren Fall interessiert.«
    »Ein Dominikaner?« Wieder kam Sebald auf die Füße.
    Zeuner hob die Hände. »Kennt

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