Serum
war. Eine Lautsprecherstimme von draußen befahl uns, mit erhobenen Händen herauszukommen, uns würde nichts geschehen, blablabla.
Ich erkannte die ausdruckslose, barsche Stimme. Ich hatte sie erstmals auf Keatings Gartenparty gehört. Sie gehörte Alonzo Otto. Meiner Nemesis.
Wenn Otto versucht, uns herauszulocken, heißt das vielleicht, dass Danny und Eisner noch am Leben sind. Er kann nicht wissen, dass ich das Labor zerstört habe. Er will uns lebend haben, zum Verhör.
Aber danach würden wir sterben.
Ottos Truppen mussten nach dem Fiasko heute Morgen in Virginia eine Mordswut haben. Ich glitt im Schutz des unbesetzten Empfangstisches an den verglasten Vordertüren vorbei zum A-Flügel.
Colonel Otto gab uns zehn Minuten, zu kapitulieren.
»Danach kommen wir rein.«
Lautlos zog ich die Tür zum A-Flügel auf. Der Korridor war erleuchtet und menschenleer, aber im Wachraum, sechs Meter weiter, brannte kein Licht.
Vielleicht haben Danny oder Eisner das Licht gelöscht.
Dann vernahm ich Dannys Stimme hinter der Tür. Er musste meine Schritte gehört haben. »John? Fred? Ich habe die Handgranaten.«
Er blufft, weil er glaubt, es wären Ottos Leute im Korridor.
»Du bist ein schlechter Lügner, Danny«, rief ich.
»Mike?«, erwiderte er erleichtert, während ich in den Raum huschte. Eisner stand hinten im Halbdunkel neben dem Fenster und schwang ein M-16-Gewehr, das er offenbar von einem der Sicherheitsleute erbeutet hatte. Er war es, der geschossen hatte, um die Angreifer zurückzuwerfen. Dannys Gesicht war noch schlammverschmiert von der »Übung«. Van Tries saß mit Handschellen an ein Tischbein gefesselt auf dem Boden und starrte mich hasserfüllt an. Soweit ich sehen konnte, war er unverletzt. Erniedrigt. Erzürnt.
Ich spürte eine Welle von Emotionen, die mir entgegenschlugen: Erleichterung von Danny, Gelassenheit von Eisner, Verwirrung von Captain Van Tries.
»Wie konnten Sie wissen, dass Colonel Otto mir befohlen hatte, Sie zu verhaften?«, fragte er Eisner. » Woher zum Teufel wussten Sie, dass ich Sie festnehmen würde?«
Danny musterte mein Gesicht. »Du hast rote Augen, Boss. Wieder heimlich Marihuana geraucht?«
»Labordämpfe«, antwortete ich.
»Dann hast du den Safe geknackt?«
»Welchen Safe?«
Danny lächelte grimmig. »Wenigstens das ist geschafft.«
Van Tries ächzte. Er hatte keine Ahnung, was ich im Labor angestellt hatte, aber es war ihm klar, dass es nichts Gutes für seine Karriere bedeutete.
Eisner konnte vom Fenster aus einen Teil der Rasenfläche überblicken. »Van Tries bekam einen Anruf, und danach fühlte ich seine veränderte Einstellung uns gegenüber. Es war das Enhance, Mike. Ich habe ihn überwältigt. Wir sagten seinen Leuten, wir würden ihn töten, wenn sie sich nicht zurückziehen. Warum sind Sie zurückgekommen? Haben Sie meine Nachricht nicht verstanden? Ich sagte, Sie sollen fliehen!«
»Hätten Sie das getan?«
Otto verkündete draußen: »Acht Minuten. Sie sind nur zu dritt. Ich habe fünfzig Leute.«
»Eher zwanzig«, gab ich Gabrielles Schätzung wieder. Aber der ausgeblutete, rachedurstige Haufen würde keine Gefangenen machen. Sie waren dafür ausgebildet, ein von »Terroristen« besetztes Gebäude zu stürmen.
Terroristen. Das waren wir.
Plötzlich wurde mir klar, warum Danny und Eisner zurückgeblieben waren, anstatt zu flüchten, und es schnürte mir die Kehle zu. Sie hatten das Feuer auf sich gezogen, falls ich im Labor noch nicht alles erledigt hatte.
Und jetzt fühlte ich eine Welle gleichartiger Emotionen von ihnen zu mir zurückströmen, dank des Enhance. Es war richtig peinlich. Unmännlich.
Weicheier, das waren wir.
»Emotional zurückgeblieben«, kommentierte ich.
Und dachte an den Rest des 109 in meiner Tasche.
Das musst du jetzt nicht erwähnen. Sorg dafür, dass sie sich auf den Kampf konzentrieren, sonst merken sie noch, dass du etwas vor ihnen verbirgst.
Zu Eisner sagte ich: »Wir können immer noch entkommen. Otto hat nicht genügend Männer, um das Gelände abzuriegeln und gleichzeitig zu stürmen. Er hat zu viele Leute verloren.«
»Entkommen? Wie? Mit dem neuen Lenox-Unsichtbarkeitselixier?«, fragte Danny.
Wir dachten nach. Die Ausrüstung im Wachraum konnte uns vielleicht helfen. Auf den eingebauten Monitoren sahen wir, wie Soldaten sich knapp hinter der Baumlinie parallel zum Gebäude vorarbeiteten.
Der C-Flügel ist abgeriegelt, dachte ich. Da kommen wir nicht mehr raus.
Ich warf Eisner mein abhörsicheres
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