Setz dich über alles weg
herum, denken sich alles mögliche aus, das passieren könnte, und
machen alle Welt verrückt. Wenn man ihn herumtoben hörte, hätte man glauben
können, es sei das erstemal, daß jemand ein Baby bekommt. Dr. Roberts mußte
schließlich Miss Grant beauftragen, ihn nach unten zu bringen und ihm etwas zu
essen zu geben — nur um ihn loszuwerden, aber nach drei Minuten war er wieder
da und sah aus wie ein Gespenst. Es kümmerte ihn auch gar nicht, was für ein
Kind zur Welt kommen würde, er wollte immer nur wissen, was aus Ihnen wird!«
Sie musterte das Essen auf dem Tablett.
»Der Herr Doktor sagt, Sie haben einen heiklen Geschmack. Sie können haben, was
Sie wollen, Sie brauchen es nur zu bestellen.« Damit eilte sie hinaus.
Er wollte bloß wissen, was aus mir
wird? Das hört man gern. Heikler Geschmack! Hm. Als frischgebackene Mutter
würde ich mich nicht mehr damit aufziehen lassen, daß ich wie eine
Riesenschlange alles Eßbare in mich hineinzuwürgen pflegte! Wie ein Gespenst
hatte er ausgesehen? Ich schwelgte voller Wollust in diesem Gedanken — und da
kam Jim herein, beladen mit Büchern, Zeitschriften, Zigaretten und einem neuen
großen Geschenk.
»Aufmachen!« befahl er mit einem
lustigen Lächeln. Eingemachtes Eisbein — zwei große Gläser — eine Schachtel mit
gemischten Nüssen, zwei Tüten Bonbons, Schokolade, Pralinen, eine Flasche
dreisterniger Hennessey und eine Flasche Champagner. Ich äußerte gerade meine
Begeisterung über diese ideale Wöchnerinnendiät, da ging die Tür auf, und Pete
kam mit zwei Kollegen herein.
»Hier gibt es was zu futtern, fein!«
Sie machten es sich auf meinem Bett bequem, begannen munter in den Dosen und
Schachteln herumzuwühlen und sich über ihre Patientinnen zu unterhalten.
Während sie mit fuchtelnden Händen ihre obstetrischen Handgriffe
demonstrierten, bekleckerten sie mir meine neue Bettjacke mit Eisbeingelee.
Miss Ward kam herein, stopfte mir ein Thermometer in den Mund, suchte sich
sorgfältig ein Schokoladenbonbon aus und verschwand. Den ganzen Nachmittag über
ging es so zu — wie an einer Bushaltestelle.
Ich hatte Miss Wards Rat befolgt und
zum Abendessen zwei dicke Lammkoteletts und einen Avocatosalat nach
französischer Art bestellt. Als sie mit dem Tablett hereinkam und es auf mein
Bett stellte, nahmen sich die zwei Doktoren, die an der Wand lümmelten, je ein
Kotelett und fingen andächtig zu kauen an, während sie die Reaktion der Nieren
auf Sulfanilamid diskutierten. Jim aß den Salat auf und beklagte sich über die
französische Sauce. Miss Ward brachte eine große Kanne Kaffee und sechs Tassen.
Neben der Kaffeekanne lag ein Hühnersandwich. »Hühnersandwiches mögen sie
nicht«, flüsterte sie mir zu. »Essen Sie es schnell, bevor ein Hilfsarzt
erscheint, der es noch nicht satt bekommen hat. Ich bringe Ihnen dann später
etwas aus der Diätküche.«
Pete saß am Fußende des Bettes und verzehrte
die letzten Nüsse. Seine Patientin, die verreist gewesen war, sollte
zurückkehren. »Sie ist selber Ärztin und mit einem Arzt verheiratet«, sagte er
kläglich. »Entweder dauert es noch zwei bis drei Tage, oder der Kopf ist schon
da. Mißtrauisch wie des Teufels Großmutter — und weiß in allem Bescheid! Was
ist denn in dieser Schachtel?« Er streckte seinen langen Arm aus und reichte
mir den Karton.
»Kandierte Früchte, hoffentlich magst
du sie nicht!«
»Nicht besonders, sind aber besser als
nichts! Auf Wiedersehen!« Er spazierte davon, um eine Patientin zu induzieren.
Um Punkt sechs erschien eine Schwester
an der Tür. Bei dem Wort: »Das Baby!« stoben die Herren Doktoren gehorsam
davon. Sie legte Mari ohne weitere Umstände auf das Fußende des Bettes und begann
mich zu sterilisieren. Sie zog mir die elegante Bettjacke aus und ersetzte sie
durch einen keimfreien Kittel, steckte meine Haare zurück und band mir eine
keimfreie Maske um. Dann legte sie mir Mari in die Armbeuge. Mari konnte mich
nicht leiden und gab es deutlich und ungeniert zu verstehen; sie wollte die
Brust nicht nehmen — sie schlief einfach ein.
»Was ist denn los mit ihr? Ist auch
alles in Ordnung?«
Miss Burns nahm sie mir mit
verächtlicher Miene weg. »Natürlich ist alles in Ordnung. Die ersten zwei Tage
kommt nur Colostrum — noch keine richtige Milch. Außerdem hat sie keinen
Hunger, sie ist zu fett.« An der Tür sagte sie: »Sie können jetzt die Maske
abnehmen und die Bettjacke anziehen. Die Kleine sieht dem Herrn Doktor ähnlich
— « Und weg war
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