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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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Unpassendes gesagt?«
    Sie grinste übers ganze Gesicht.
»Fragen Sie die Burns, wie Sie die Äthermaske betitelt haben!« Sie wickelte
mich in die Bettdecke ein. »Schlafen Sie jetzt! Ich habe zu tun.«
    Ich nahm mir vor, die Grenzen der
Berufsmoral zu respektieren und Miss Burns nicht mit peinlichen Fragen nach der
Äthermaske zu belästigen.
     
    Am zehnten Tag saßen Faith Morgan und
ich gemütlich Seite an Seite in unseren Rollstühlen, widmeten uns einem
lebhaften Meinungsaustausch über unsere einzigartigen Babies und erörterten die
Tatsache, daß gewöhnliche Mütter gleich nach der Zweiuhrmahlzeit nach Hause
gehen dürfen, während Arztfrauen sich nach den Patientinnen ihrer Männer zu
richten haben. In unserem Falle wurde es einen ganzen Tag später. Tod und Jim
behaupteten, sie müßten an einem Ärztebankett teilnehmen.
    »Da wir gerade von Arztfrauen sprechen
— ist das nicht schrecklich mit Dr. Calhouns Frau? Da liegt sie ganz allein auf
Nummer 608 und grübelt, ob man ihr alles herausnehmen und sie ausleeren wird
wie eine Papiertüte, oder ob man feststellen wird, daß ihr nichts fehlt, und
sie nach Hause gehen läßt. Das nennt man ›Beobachtung‹ - im Grunde genommen ist
es eine Folter.«
    Wir konnten Dr. Calhouns Frau nicht
besonders gut leiden und kannten sie auch nur recht flüchtig, aber der Gedanke,
daß sich jemand auf eine Hysterektomie gefaßt machen und damit rechnen mußte,
keine Kinder kriegen zu können, erschien uns unfaßbar. »Hat sie wirklich einen
bösartigen Tumor?« fragte ich.
    »Sie wird heute wieder geröntgt. Heute
abend wird man wahrscheinlich Bescheid wissen. Inzwischen wird sie langsam,
aber sicher verrückt.«
    Jims dreisterniger Hennessy stand auf
der Kommode und wartete auf eine festliche Gelegenheit. Wir sahen zuerst die
Flasche und dann einander an. — »Wollen wir sie aufheitern?«
    »Zuerst trinken wir auf uns selber, daß
wir solche Wunderwesen sind und Kinder zur Welt bringen — für den Fall, daß die
Schwestern uns erwischen und die Flasche wegnehmen!« sagte Faith mit ihrem Sinn
fürs Praktische. Ich ging hin und goß für jeden von uns einen Fingerhut ein.
Wir tranken ihn ohne Wasser und schüttelten einander feierlich die Hände. Ich
versteckte die Flasche unter meinem Kittel, Faith holte drei Zahnputzgläser aus
dem Badezimmer, dann mausten wir aus der Diätküche etwas Eis, das Faith unter
ihrem Kittel versteckte, setzten uns in die Rollstühle und rollten durch den
Korridor auf Nummer 608 zu.
    Die diensthabende Schwester kam auf uns
zugelaufen. »Wo wollen die Damen hin?« sagte sie und versuchte nicht so
auszusehen, als wünschte sie bei Gott, sämtliche Arztfrauen würden in
Veterinärspitälern niederkommen. Faith blickte auf und machte große Augen. »Wir
wollen in mein Zimmer — ich will Mary mein Babybuch zeigen.«
    Die Schwester sagte barsch: »Sie
sollten ruhen!« — verschwand in Nummer 609 und machte die Tür hinter sich zu.
    Groß hing an Mrs. Calhouns Tür das
Schild: ›Besuche streng verboten!‹ Wir öffneten die Tür einen Spalt breit und
blickten hinein. Die Gardinen waren zugezogen, und im Zimmer herrschte düsteres
Zwielicht. Mrs. Calhoun lag flach auf dem Rücken und weinte. Faith ging hin,
zog die Gardinen hoch und schob den Wandschirm beiseite, der jeden verirrten
Hauch der köstlich frischen Juniluft sorgfältig abgehalten hatte.
    »Wie geht es, meine Liebe? Ich bin
Faith Morgan, die Ihnen die Briefchen geschickt hat. Sie kennen doch Mary Jay?«
    Mrs. Calhoun sah noch düsterer drein.
»Sogar die Briefchen mußte ich heimlich lesen. Ich liege zur Beobachtung hier —
schon seit drei Tagen.« Sie begann ihr Taschentuch unter dem Kissen zu suchen,
während Faith das Licht anknipste, das Kopfende des Bettes hochstellte und die
Kissen zurechtklopfte.
    »Beobachtung! Zuerst machen sie das
Zimmer zu einer Todeszelle, und dann lassen sie mich in Einzelhaft zurück.
Außerdem bin ich am Verhungern. Man gibt mir nichts anderes zu essen als dieses
erbärmliche Zeug.« Sie betrachtete das hohe Glas mit Schokoladenbarium auf dem
Nachttisch und schüttelte sich. » Jedesmal wenn sie es mir eintrichtern, gebe
ich es wieder von mir. Ich soll es jetzt trinken, damit sie mich um halb zwei
wieder röntgen können und sehen, wie es hinunterrutscht. Mir ging es glänzend,
bis sie beschlossen, mich zu beobachten und festzustellen, ob ich operiert
werden muß. Schade, daß mein Mann nicht Tapezierer ist — oder Flieger — , dann
würde er nicht so

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