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Seuchenschiff

Seuchenschiff

Titel: Seuchenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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möchte mir daher alle sechs Laderäume ansehen.«
    »Bis meine Ruderanlage repariert ist, habe ich jede Menge Zeit, Leutnant«, meinte Esteban strahlend. »Wenn Sie mein Schiff von oben bis unten unter die Lupe nehmen wollen, sind Sie herzlich dazu eingeladen. Ich habe nichts zu verbergen.«
    Plötzlich wurde die Bürotür aufgestoßen. Ein chinesischer Arbeiter, bekleidet mit einem Overall und Holzsandalen, redete aufgeregt auf Kantonesisch auf den Kapitän ein. Esteban stieß einen Fluch aus und sprang von seinem Sessel hoch. Seine schnellen Bewegungen ließen die beiden Iraner wachsam werden. Ghami kam hoch und legte eine Hand auf sein Pistolenhalfter. Esteban ignorierte ihn völlig und durchquerte den Raum, so schnell es seine zusätzlichen hundert Pfund schwabbeligen Fetts erlaubten. Im gleichen Moment, in dem er die Badezimmertür erreichte, gab die Klosettspülung ein rauschendes Gurgeln von sich. Er schlug die Tür zu, und nur Sekunden später konnten sie hören, dass da Wasser wie ein Geysir in die Höhe schoss und gegen die Decke klatschte. Ein neuer, um einiges üblerer Geruch wallte in das enge Büro.
    »Tut mir leid«, sagte Esteban. »Seng soll unsere Toilettenanlage reparieren. Ich glaube, es ist ihm noch nicht so ganz gelungen.«
    »Selbst wenn sie irgendetwas verstecken«, bemerkte Seaman Khatahani auf Farsi flüsternd zu seinem Vorgesetzten, »habe ich wenig Lust, danach zu suchen.«
    »Sie haben recht«, erwiderte Ghami. »Es gibt in der gesamten Golfregion sicher nicht einen Schmuggler, der diesem fetten Kerl oder seinem armseligen Kahn irgendetwas anvertrauen würde.« In Anbetracht der Tatsache, dass die Schmuggelei rund um den Persischen Golf eine alte und ehrenvolle Tradition hatte, machte Ghami damit noch nicht einmal einen Scherz. Er wandte sich an Esteban. »Käpt’n, ich sehe, dass Sie alle Hände voll zu tun haben, Ihr Schiff in Schuss zu halten. Ihre Papiere scheinen in Ordnung zu sein, daher wollen wir nicht noch mehr von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen.«
    »Sind Sie ganz sicher?«, fragte Esteban und runzelte die Stirn. »Es macht mir nichts aus, eine kleine Führung mit Ihnen zu veranstalten.«
    Ghami wandte sich zum Gehen. »Das wird nicht nötig sein.«
    »Wie Sie wollen.« Esteban begleitete seine Besucher aus dem Büro und zurück durch die düsteren Korridore. Der grelle Schein der Nachmittagssonne war nach dem Aufenthalt in den schlecht erleuchteten Räumlichkeiten des Schiffes besonders unangenehm. Vor dem dunstigen Horizont hinter der
Norego
zog soeben ein vierhundert Meter langer Supertanker noch Norden, wo seine Tanks mit Rohöl gefüllt werden sollten.
    An der Gangway schüttelte Ghami Esteban die Hand. »Wenn Ihr Ruderschaden nicht bis morgen früh behoben ist, müssen Sie die Hafenverwaltung von Bandar Abbas informieren. Möglich, dass sie Ihr Schiff von den Schifffahrtslinien weg und in den Hafen schleppen müssen.«
    »Wir bekommen die Angelegenheit schon rechtzeitig geregelt«, versprach Esteban. »Die
Norego
ist zwar ein altes Mädchen, aber es steckt noch eine Menge Leben in ihr.«
    Ghami quittierte diese Bemerkung mit einem skeptischen Blick. Er stieg zum Patrouillenboot hinunter und nickte seinen Leuten zu, als er und Khatahani an Bord waren. Die Leinen wurden gelöst, und das Boot entfernte sich in zügiger Fahrt von dem alten Frachter, wobei es eine saubere weiße Kiellinie im dunklen Salzwasser hinter sich herzog.
    An der Reling stehend, hielt sich Esteban bereit, dem iranischen Boot zuzuwinken, falls einer der Matrosen noch einmal zurückblicken sollte. Aber es war, als könnten sie die
Norego
gar nicht schnell genug hinter sich lassen. Der Kapitän kratzte seinen beachtlichen Bauch und verfolgte, wie das Patrouillenboot in der Ferne verschwand. Als es nur noch ein winziger Fleck war, tauchte ein zweiter Mann aus dem Decksaufbau auf. Er war älter als Esteban, mit einem schmalen Kranz dunkelbraunen Haars auf seinem sonst kahlen Schädel. Er hatte wache braune Augen und eine lässige Haltung, und obgleich er es recht gut geschafft hatte, sich in Form zu halten, war ein leichter Bauchansatz nicht zu übersehen.
    »Das Mikrofon in deinem Büro muss ausgetauscht werden«, sagte er ohne besondere Einleitung. »Ihr habt geklungen wie Comicfiguren, die an einem Heliumballon geschnüffelt haben.«
    Der Kapitän brauchte einen Moment, um kleine Polster aus Verbandsmull hinter seinen Backenzähnen hervorzuziehen. Schon sahen seine Wangen nicht mehr so füllig aus. Dann

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