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Seuchenschiff

Seuchenschiff

Titel: Seuchenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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klaubte er sich die braunen Kontaktlinsen aus den Augen, und ein strahlendes Blau kam zum Vorschein. Die Verwandlung des vom Schicksal gebeutelten Kapitäns eines Seelenverkäufers in einen auf verwegene Art gutaussehenden Mann war vollkommen, als er auch noch seine Mütze abnahm und sich die fettige Perücke vom Kopf zog. Sein Haar war naturblond und sorgfältig frisiert. Die Bartstoppeln waren seine eigenen, und er konnte es kaum erwarten, sich zu rasieren, aber dazu würde es erst kommen, wenn sie die iranischen Gewässer verlassen hätten, weil sich bis dahin immer noch eine Situation ergeben könnte, in der er wieder Ernesto Esteban, Kapitän der MV
Norego,
spielen musste. »Alvin, Simon und Theodore, das sind wir«, meinte Juan Rodriguez mit einem Grinsen.
    »Ich habe gehört, dass du den Panikknopf drücken musstest.«
    Es gab versteckte Kontrollinstrumente unter dem Schreibtisch im Büro, die Cabrillo in einer Vielzahl von Situationen benutzen konnte. Mit einem dieser Knöpfe hatte er Eddie Seng gerufen, der bereit stand, um die Rolle eines erfolglosen Technikers zu spielen, und eine Pumpe in den Abflussrohren unter der funktionsunfähigen Toilette aktiviert hatte. Die Pumpe schleuderte das Wasser wie ein Vulkan aus dem Toilettensitz in die Höhe. Chemikalien, die dem Wasser zugesetzt worden waren, verstärkten noch die Illusion, indem sie einen entsetzlichen Gestank erzeugten.
    »Leutnant Ghami wollte Sherlock Holmes spielen und sich gründlich umsehen. Ich musste ihn irgendwie davon abhalten«, sagte Cabrillo zu Max Hanley, dem Vizepräsidenten der Corporation, deren Präsident Juan war.
    »Meinst du, sie kommen zurück?«
    »Wenn wir morgen noch hier sind, kannst du dich darauf verlassen.«
    »Dann denke ich, dass wir dafür sorgen sollten, es nicht zu sein«, erwiderte Hanley mit einem diabolischen Funkeln in den Augen.
    Die beiden Männer betraten den Decksaufbau. Juan ging zu einem Geräteschrank voraus, gefüllt mit Wischmopps, Schrubbern und Reinigungsgeräten, die offenbar noch niemals benutzt worden waren. Er drehte an den Wasserkränen eines Ausgussbeckens, als stellte er die Kombination eines Safes ein. Ein deutliches Klicken ertönte, und die Rückwand des Schranks sprang auf und gab den Blick in einen mit dicken Teppichen ausgelegten Korridor dahinter frei. Verschwunden waren die kahlen Stahlwände und das billige Linoleum. Der Korridor war mit dunklem Mahagoni getäfelt, und Kronleuchter an der Decke sorgten für ein angenehm warmes Licht.
    Genauso wie die Verkleidung, die Cabrillo angelegt hatte, um die Iranische Marine zu täuschen, war die
Norego
nicht das, was sie zu sein schien. Tatsächlich war das noch nicht einmal ihr Name. Indem sie Metalllettern, die an Bug und Heck mit Magneten festgehalten wurden, vertauschte, hatte die Mannschaft
Norego
aus dem echten Namen des Schiffes,
Oregon,
gebildet.
    Ursprünglich als Holzfrachter gebaut, hatte das Schiff fast zwanzig Jahre lang den Pazifik befahren und kanadisches und amerikanisches Holz nach Japan und zu den anderen asiatischen Märkten geschafft. Der Elftausendtonnenfrachter hatte seinen Eignern bewundernswerte Dienste geleistet, doch war die Zeit nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Wie jedes alte Schiff ging auch dieser Holzfrachter mit Riesenschritten dem Ende seines nützlichen Lebens entgegen. Der Rumpf begann zu rosten, und die Maschinen arbeiteten nicht mehr so wirkungsvoll wie zu Beginn ihrer Dienstzeit, als sie noch neu waren. Die Eigner setzten Anzeigen in maritime Handelsmagazine, in denen sie verlauten ließen, dass sie ihr einst so stolzes Flaggschiff als Schrott verkaufen wollten, da sie wussten, dass es ihnen auf diese Art und Weise noch ein paar Dollar pro Tonne einbringen würde.
    Damals hatte Juan gerade die Corporation gegründet und brauchte dringend irgendein Schiff. Er hatte Häfen auf der ganzen Welt abgeklappert und Ausschau nach dem richtigen Fahrzeug gehalten. Als er Bilder des Holzfrachters zu sehen bekam, wusste er, dass er sein Schiff gefunden hatte. Er war gezwungen, gegen drei Abwrackunternehmen zu bieten, schaffte es aber, das Schiff für viel weniger zu kaufen, als er für ein jüngeres Schiff hätte bezahlen müssen. Er interessierte sich auch nicht für die Ladekapazität. Er brauchte es wegen seiner Anonymität.
    Die
Oregon
hatte gut ein halbes Jahr in einem überdachten Trockendock in Wladiwostok gelegen und den wohl radikalsten Umbau in der Geschichte der Schifffahrt erlebt. Ohne seine äußere

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