Seuchenschiff
verlassen und zum Dock hinunterzusteigen, balancierte Juan über den wuchtigen Stahlträger, der sich über die gesamte Breite des Gebäudes spannte. Als er die Kabelrolle erreichte, legte er die Hände vorsichtig um das geflochtene Seil und ließ sich Hand über Hand nach unten, bis er nur noch knapp drei Meter über dem Wasser hing und einfach losließ.
Max stand schon mit Juans Ausrüstung bereit und half ihm, die Pressluftflasche auf den Rücken zu schnallen und den Helm aufzusetzen.
»Linda, hörst du uns?«, fragte Juan, während er Wasser trat. Weil sein Helm so konstruiert war, dass er nur in Verbindung mit dem Tauchanzug funktionierte, den Linc zusammengerollt im Arm hatte, würde er ihn nicht benutzen können, sobald er sich unter Wasser befand.
»Laut und deutlich, Juan. Übrigens ein hübscher Sprung. Den Spritzern nach zu urteilen, würde ich ihn mit einer 9,2 benoten.«
»Es war ein halber Salto rückwärts mit ganzer Drehung«, erwiderte er todernst. »Wir haben zwei Fische bei uns, die wir anlanden müssen, sobald wir durch die Luftschleuse gekommen sind.«
»Verstanden.«
Die Männer konnten spüren, wie das Wasser unter ihnen wirbelte, als Linda das Nomad vorwärtskriechen ließ.
Da er keine Tauchmaske trug, wurde Cabrillo von Linc zur Luftschleuse geführt und durfte als Erster einsteigen. Er zwängte seine beachtlichen Körpermaße durch die enge Öffnung und griff mit der Hand über sich, um die Luke zu verriegeln. Als eine Warnlampe an der Wand grün aufblinkte, öffnete er die Ventile, durch die die Schleusenkammer geleert wurde.
Cabrillo riss sich den Helm vom Kopf, sobald der Wasserspiegel unter sein Kinn sank. Die Luft war kühl und rein und nach einer Stunde, die sie die nach Chemikalien stinkende Atmosphäre innerhalb des Trockendocks geatmet hatten, wundervoll erfrischend. Trotz der Enge schaffte er es, sich von seiner Pressluftflasche zu befreien, ohne Linc zu viele blaue Flecken zu verpassen. Daher konnte er, sobald die Luftschleuse leer war, zu Linda in das Cockpit klettern.
»Willkommen an Bord.« Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Wie ist es gelaufen?«
»Der reinste Spaziergang«, erwiderte er geistesabwesend, während er sich in seiner triefenden syrischen Marineuniform in den Sessel gleiten ließ, der nach hinten gekippt war. Der Computermonitor zwischen den Sitzen lieferte ein Bild von unterhalb des Mini-U-Boots.
Die Restlichtkamera, die unter dem Nomad befestigt war, zeigte Linda, dass das U-Boot nicht genau über dem ersten Torpedo stand. Sie korrigierte die Position des Bootes so, dass sich ein Satz gebogener Greifarme, die Max hatte anbringen lassen, dicht über der drei Tonnen schweren Waffe befand. Sie betätigte einen Schalter, und die stählernen Klauen legten sich um den Torpedo und zogen ihn dicht an den Bauch des Nomad.
Juan half ihr, indem er einen der Ballasttanks auspumpte, um den Schwebezustand des Tauchboots wiederherzustellen. Linda bugsierte das Nomad unter Einsatz seiner Steuerdüsen zur Seite. Dabei merkte sie vor Konzentration nicht, dass sie sich auf die Unterlippe biss.
Sie stieß einen halblauten Fluch aus, als das Nomad am Torpedo vorbeirutschte. »Die Flut setzt ein«, erklärte sie und ging auf Rückwärtsfahrt, um das Boot wieder über ihrem Wunschobjekt in Position zu bringen.
Eine Warnlampe auf der Kontrolltafel der Luftschleuse wechselte von Rot zu Grün. Eddie und Max waren an Bord.
Ein zweites Mal trieb das Nomad am Torpedo vorbei. Linda war gezwungen, den Schub der Schraube zu steigern, um die Gezeitenströmung auszugleichen, die sich mittlerweile auch im Trockendock bemerkbar machte. Die Flut – mit ihrem steigenden Wasserspiegel und den Gegenströmungen – setzte dem kleinen Tauchboot auf unangenehme Weise zu. Juan ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er wusste: Wenn Linda das Gefühl hätte, es nicht zu schaffen, würde sie ihn sicherlich um Hilfe bitten. Er ließ sie unbehelligt ihren Job erledigen, und beim dritten Versuch atmete sie zischend aus und dirigierte das Tauchboot über den zweiten Torpedo.
Mit einem selbstzufriedenen Lächeln stellte Linda fest: »Aller guten Dinge sind drei.«
Juan fuhr den Greifarm aus und sammelte mit seinen gelenkigen Fingern die vier Bandschlingen ein, mit denen sie die Torpedos bewegt hatten, und verstaute sie in einem Abteil im vorderen Teil des Nomad-Rumpfs. Sobald der Greifarm wieder in seine Ausgangsposition zurückgekehrt war, drückte Linda den Joystick der
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