Seuchenschiff
bringen. Wir haben in einem Hotel in der Nähe des Kolosseums Zimmer reserviert. Der Name des Gehirnschlossers lautet Adam Jenner. Er ist darauf spezialisiert, ehemaligen Responsivisten dabei zu helfen, wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren, und nach allem, was wir über ihn erfahren haben, ist er auf diesem Gebiet wohl auch der Beste der Welt.«
»War er selbst mal Mitglied?«, fragte Juan. Er wusste, dass es bei Deprogrammierern üblich war, irgendwann einmal zu der Gruppe gehört zu haben, gegen die sie mittlerweile kämpften. Es verhielt sich in etwa genauso wie beim Alkoholismus, wo ehemalige Alkoholiker andere dabei unterstützten, ihre Sucht loszuwerden.
»Nein, aber er hat es sich zu seinem Lebensziel gemacht, die Gemeinschaft zu zerschlagen. Während der letzten zehn Jahre hat er mehr als zweihundert Leuten dabei geholfen, sich vom Responsivismus loszusagen.«
»Und was hat er davor gemacht?«
»Er praktizierte als Psychotherapeut in Los Angeles. Nicht dass es wichtig wäre, aber sein Honorar beträgt fünfzigtausend Dollar plus Spesen. Dafür garantiert er jedoch, dass Kyle, wenn er mit ihm fertig ist, wieder normal sein wird.«
»Das will ich ihm aber verdammt noch mal auch geraten haben«, knurrte Max.
»Wenn jemand vom Deprogrammieren leben kann, muss die Gruppe ganz schön groß sein«, sagte Eddie. »Wie viele Mitglieder gibt es?«
»Auf ihrer offiziellen Website behaupten sie, dass es weltweit mehr als hunderttausend sind«, erwiderte Linda. »Auf Jenners Website ist dagegen zu lesen, dass diese Schätzung ungefähr um die Hälfte zu hoch ist. Selbst wenn es so wäre, ist die Zahl beeindruckend. Und wenn auch noch ein paar hochrangige Hollywood-Typen auf den Wagen aufspringen, dürften die Rekrutierungszahlen drastisch ansteigen, weil die Leute so gern die Stars kopieren, die sie verehren.«
»Nur für den Fall, dass ich ihm mal persönlich begegnen sollte … welche Geschichte haben wir ihm aufgetischt, als wir an ihn herangetreten sind?«, fragte Juan.
»Ich habe alles in meinem Bericht.« Linda hielt einen Hefter hoch. »Max ist ein Immobilienmakler und Entwickler aus L. A., der seinen Sohn zurückholen möchte. Wir sind eine private Sicherheitsfirma, die er engagiert hat, um seine Rückkehr zu koordinieren. Jenners Assistentin war ganz schön verblüfft, als ich ihr unsere Story vorsetzte, daher habe ich so ein Gefühl, dass sie auch schon früher mit einer solchen Angelegenheit konfrontiert wurde.«
»Okay, sobald wir Kyle haben, bringen wir ihn zum Flughafen, von wo Tiny Gunderson ihn nach Rom bringt, und wir übergeben ihn Jenner.« Cabrillo fiel noch etwas ein. »Sie haben ihm sicher seinen Pass abgenommen, daher müssen wir einen neuen herstellen.«
»Juan, ich bitte dich«, sagte Linda, als hätte er sie persönlich beleidigt. »Max’ Ex hat per E-Mail ein Bild von Kyle geschickt. Wir bearbeiten es so, dass es aussieht wie ein offizielles Passfoto, und drucken einfach einen neuen Pass aus unserem Vorrat an Blanko-Exemplaren.«
Juan bedeutete Linda, sie solle sich ein wenig Fett vom Kinn abwischen. »Damit wäre Problem Nummer eins gelöst. Jetzt zu Problem Nummer zwei. Was ist mit der
Golden Dawn
geschehen und weshalb? Was wissen wir bis jetzt?«
Linda tippte einen Befehl in ihren Laptop, um die Informationen aufzurufen. »Die
Golden Dawn
und ihre Schwesterschiffe, die
Golden Sky
und die
Golden Sun,
gehören den Golden Cruise Lines. Sie fahren unter dänischer Flagge und sind seit Mitte der achtziger Jahre im Dienst. Sie veranstalten die üblichen Kreuzfahrten in der Karibik, im Mittelmeer und in der Südsee. Außerdem stehen sie als Charterschiffe für spezielle Gruppen und Anlässe zur Verfügung.
Die Reederei erhielt vor vier Monaten den Auftrag, vierhundertsiebenundzwanzig Responsivisten von den Philippinen nach Griechenland zu bringen. Die
Dawn
war das einzige Schiff, das zum gewünschten Termin frei war.«
»Das ist aber eine Menge Personal für eine Klinik, die im Bereich der Geburtenregelung tätig ist«, sagte Juan.
»Das habe ich mir auch gedacht«, pflichtete ihm Linda bei. »Ich bin der Sache nachgegangen. Auf der Website der Responsivisten habe ich keinerlei Hinweise zu diesem Trip oder dazu gefunden, was eine so umfangreiche Gruppe auf den Philippinen zu suchen hatte.«
»Okay, mach weiter.«
»Sie haben Manila am siebzehnten verlassen, und soweit Murph aus den Logbüchern ersehen konnte, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Es war eine in jeder
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