Sevenheart-2
hätte Niall am liebsten für diese Information geschlagen. Denn ich spürte sofort die restlichen fünf Augenpaare auf mir haften. Das von Ciaran bohrte sich besonders in meinen Rücken.
„Sie wurde von William aufgefordert?“, fragte er.
Niall tätschelte meinen Arm.
„Als einziges Mädchen“
Ich warf ihm einen bösen Blick zu.
„Du hast ihm doch hoffentlich nicht erzählt, dass du zu uns gehörst?“, fragte Shaimen sanft.
Dass ich zu ihnen gehöre .
Einen Moment fühlte es sich gut an, daran zu glauben. Shaimens Worte ruhten einen Augenblick lang auf mir.
„Nein, natürlich nicht. Ich habe ihm gesagt, dass ich irgendwo abseits des Dorfes wohne“
Ich blickte in die Runde.
Alle sieben Zauberer saßen dort. Einschließlich Godric, bei dem es mir schien, als ob ich ihn schon Jahre nicht gesehen hätte. Doch das höhnische Grinsen, das er mir gab, hatte ich nicht vergessen. Es war fast so, als ob der Vorfall mit ihm gestern gewesen wäre.
Mit meiner letzten Aussage war das Thema beendet. Den Rest des Abendessens sprachen sie über militärische Dinge und den Bau von Waffen. Über Themen, die ich nicht verstand.
Als alle fertig gegessen hatten, ging jeder auf sein Zimmer.
Ich merkte nicht, wie Ciaran mir folgte. Erst als ich die Tür schließen wollte und mich umdrehte, sah ich ihn.
Er stand in dem Türrahmen. Seine Aura war wieder spürbar. Seine Seele war fest verschlossen.
„Was willst du?“, fauchte ich.
„Deine Gabe trainieren“
„Du denkst doch nicht etwa, dass ich dir jetzt meinen Geist öffne?“
Er ließ den Anflug eines Lächelns erkennen.
„Du brauchst ihn nicht für mich zu öffnen. Das ist er schon“
„Du kannst meine Gedanken nicht lesen“, sagte ich entschlossen.
„Nein“, sagte er ruhig, „aber deine Erinnerungen“
Der Schmerz kam so stark wie ein heftiger Stoß.
Er drang in meinen Geist ein und erfüllte meinen Kopf mit einem Schmerz, der kaum auszuhalten war.
Ich war dafür nicht vorbereitet. Ich konnte mich nicht wehren.
Es ist Herbst. Der Herbst im Jahr 2008. Meine einzig verbliebene Großmutter liegt im Krankenhaus. Lungenentzündung. Meine Familie und ich besuchen sie. Meine Mutter stellt ihr Blumen auf den Nachttisch. Wir reden nicht lange. Mein Vater schon gar nicht. Er sitzt nur am Krankenbett und schweigt. Genauso wie meine Schwester und ich. Nur meine Mutter versucht ihr Bestes und redet mit ihrer Mutter, die geistlich schon eine Woche zuvor gestorben ist. Als wir uns verabschieden, bin ich die Letzte, die das Zimmer verlässt.
„Natalia“, haucht sie.
Ich will meine Mutter holen gehen.
„Natalia, mein Kind. Komm zu mir. Bitte“
Ich sehe sie fragend an. Mich erkennt sie nicht mehr. Das Buch, das sie falsch herum gelesen hat, fällt ihr aus der steifen Hand. Sie schnappt nach Luft. Ich bekomme Panik. Sie kann jetzt nicht einfach wegsterben. Nicht, wenn ich jetzt alleine hier mit ihr bin.
„Ich mag keine Blumen“, sagt sie.
Ich eile zu ihr.
„Ich weiß“
Diesen Satz sagt sie schon seit ein paar Tagen. Zwei Sekunden später fängt das Gerät neben mir laut an zu piepsen. Ich starre zu meiner Großmutter, drücke ihre Hand. Doch ihre Augen starren nur in die Luft. Ihre Hand liegt schwer in meiner.
„Oh nein, nein, nein“, flüstere ich.
Sie ist mir doch vor den Augen weggestorben.
Als sich Ciaran aus meiner Erinnerung entrissen hatte, schloss ich die Augen und atmete noch einmal tief durch. Der Schmerz in meinem Kopf ließ nach, dafür wurde die Erinnerung wieder aufgefrischt. Keine besonders schöne.
„Warum hast du das gemacht?“
Er hielt meinem Blick hemmungslos stand.
„Damit du lernst, deinen Geist zu verschließen. Man kann dich lesen, wie ein offenes Buch. Jeder Zauberer kann alles über dich erfahren, ohne dass du es auch nur merkst“
Ich sah ihn ohne ein Wort an.
„Ich werde es noch einmal machen. Diesmal werde ich mir eine andere Erinnerung nehmen. Vielleicht eine Schlimmere. Bist du bereit?“
„Nein!“
Ich hielt seinem Blick stand.
„Nein, ich bin nicht bereit! Es reicht schon, dass du mich dem Häuptlingssohn der Turi` ausgeliefert hast, um dir nie wieder zu verzeihen!“
„Ich habe dich gefragt, ob du bereit bist!“
Skrupelloses Arschloch.
Er konnte sich noch nicht einmal bei mir entschuldigen.
„Du kannst mich mal!“
Dann passierte es wieder. Der Schmerz kam und ich spürte ihn in meinen Gedanken. Er nahm mir meine Erinnerung. Eine Erinnerung, die ich nicht auffrischen wollte. Die
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