Sex Fuer Koenner
Gedankenknasts? Dasselbe – nur lassen sie das Bordell aus und denken vielleicht eher an einen Priester.
ICH MÖCHTE es bezüglich der Perversion in der Phantasie mit einer alten Bauernweisheit halten. Der Unterschied zwischen obszön und pervers besteht darin: Wenn man sich mit der Feder eines Perlhuhns am Anus kitzelt, ist es obszön. Wenn das Huhn noch dranhängt, ist es pervers.
Hm. Oder war es andersherum? Und wer will das bestimmen?
Elf Realitäten über die Phantasie
Wären Phantasien nicht so amoralisch und der Vernunft abgewandt, wären sie nicht erregend und keine Phantasien mehr. Die Anstößigkeit liegt nicht in der Sache, sondern in der Individualität. Seien Sie froh, dass Sie welche haben, sonst wären Sie ein Insekt.
Sie hätten auch keinerlei Sex. Erotik ist so gar nicht interessiert an dem, was sich gehört: Sex muss schmutzig sein, um höchste Lust zu schenken; wenn er es nicht in »echt« ist, muss er die Chance haben, auf Phantasien auszuweichen, um nicht zu versteinern.
Was immer Sie bereits an Phantasien hatten oder haben und bisher dachten, diese seien schlimm – es gab schon vor Ihnen Menschen, die dieselben hatten. Und es wird welche geben, deren Phantasien noch ausschweifender, detailreicher, pompöser sind.
Sich selbst nicht zu zensieren für das Schamlose, das man denkt, und aufhören, sich zu schämen für das, was erregt – dafür muss man über einige Monate und Jahre die Chance haben, damit es sich entwickelt. Der freie sexuelle Mensch wird nicht in einer Nacht geboren.
Sie brauchen nicht über Ihre Phantasien zu reden. Jeder Mensch muss seine sexuelle Autonomie behalten, es muss einen von anderen abgegrenzten Bereich im Selbst geben. Denn erst ein »Ich« ist fähig, in ein »Wir« einzugehen. Und selbst wenn Ihre Partnerin sich ausgeschlossen fühlt, schmollt, eifersüchtig ist, weil Sie partout nicht sagen wollen, was Sie sich so alles denken, müssen Sie sich nicht offenbaren, es ist keine Liebespflicht.
Sehen Sie Ihre still gehüteten Phantasien als Kurort, um sich von dem Rest der Welt zu erholen. Wo Sie sich austoben können mit all Ihrer Liebessehnsucht, mit egozentrischen, wütenden, passiven Seiten. Ohne dass es wen stört. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass Phantasien ein Seelenhygieneprogramm sind, ein Ventil, um mit Emotionen zu spielen, die wir in der Wirklichkeit bestens beherrschen, aber deren archaische Seiten oft keinen Platz in der Realität haben. Sie ab und zu frei laufen zu lassen in der Sicherheit des Kopfes – wo Sie sie ja zu jedem Augenblick »abschalten« können – erhält die innere Gelassenheit.
Phantasien sind »Proberaum«. Sie können ohne Konsequenzen Emotionen ausprobieren und, wenn sie Ihnen gefallen, entscheiden, ob Sie sie in die Realität bringen wollen. Insofern sind Phantasien ein Ausblick darauf, was Sie noch erleben könnten.
Phantasien müssen nicht alle erfüllbar sein, um sie zu genießen, und sie sind auch nicht alle dafür gedacht, in die reale Sexualität einzufließen! Sie haben bereits ihren sinnlichen Zweck erfüllt – indem Sie sie im Kopf ankicken. Und nur dort.
hantasien, die so »anders« erscheinen, als Sie sich wahrnehmen, sind kein Anzeichen dafür, dass Sie ein anderer Mensch sind. Sie können der liebste, fürsorglichste Mann der Welt sein – und dennoch Phantasien haben, in denen Sie hilflose Frauen beschlafen. Oder ein total tougher Machertyp, den es in der Phantasie zu Szenen treibt, in denen Sie der folgsame Liebesdiener sind. Vergessen Sie nie: Der Mensch ist gegensätzlich. Sie sind alles: hell und dunkel, mit Grauzonen dazwischen. Sehen Sie die Phantasien als Appendix Ihres Charakters, aber nicht als Dirigenten.
Es gibt eine tragische Magie der Phantasie: Eine Phantasie, die zur Gänze ausgesprochen, die in allen Details erklärt wird, in der alle Emotionen offengelegt werden, verliert mit jedem Wort ihren Zauber. Phantasien und Realität sind Gegenpole. Das macht die phantastische Magie aus, ihre Kraft, ihre Erotik. Phantasien wehren sich, aus der »magischen« Zone, in der sich Bilder und Emotionen chaotisch ineinanderschieben, in die pragmatische überzugehen, geordnet zu werden, sich einem Zuhörer zu stellen. Sie wehren sich, sich der Machbarkeit und Moral zu stellen, die die Wirklichkeit von ihnen abverlangt: »Ah, du phantasierst, dass eine Frau dir unter dem Tisch vom Restaurant einen bläst? Welches, französisch? Weiße Tischdecken oder rote? Kerzenlicht? Was trägt sie? Tut sie
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