Sex Fuer Koenner
erotisierendes, aber auch ein beängstigendes Gesicht für den Besitzer: Was bin ich doch nur für ein Mensch, dass ich solche Phantasien habe?! Die so anders sind als ich. So anders, als es sich »gehört«. Und umso vieles größer oder erhabener, als die Realität ist … Bin ich damit ein Lebensflüchter? Phantasien, ihr Geister, verlasst meinen Kopf! Ach, nein, bleibt! Ihr erregt mich doch so sehr …
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kraft der erotischen Phantasie jeden und alles in unserem Leben, Denken, Fühlen und Verhalten durchdringt. Ohne sie gäbe es keine Literatur und keine Filme (und keiner würde sie kaufen, um sich von den Phantasiewelten entzücken zu lassen, man denke nur an den Film Neuneinhalb Wochen ). Sie macht, dass wir scharfe Unterwäsche kaufen, Hotelzimmer mieten, Lederstiefel lecken. Sie erlaubt, dass wir uns verlieben oder eine Person begehren – weil sie parat steht und uns ausmalt, was wir mit dieser Person alles erleben und fühlen könnten … Sie treibt uns in Sexshops, in Swingerklubs, in Vollmondnächte am Strand, in die Arme Fremder, ins Kino. Sie begleitet unsere Hände, wenn diese den eigenen Körper berühren, sie entführt uns aus der Realität, die in Gestalt eines Mannes in uns stößt. Sie lässt uns an Werbung glauben, die verheißt, mit diesem oder jenem Produkt eine erotische Phantasie zu erzählen.
Sie macht, dass wir in ein Gesicht schauen und in den Augen des anderen unsere tiefsten Abgründe und Gründe sehen wollen.
Allerdings bin ich auch überzeugt, dass es zwei Sorten von Menschen beim Umgang mit Phantasien gibt. Die Freien und die Gefangenen.
Die Freien, die ihre Phantasien kennen, sie bereits als Teil ihrer Persönlichkeit akzeptieren und genau wissen, welche Szenarien sie in die Realität transportieren und welche sie im Schutz des Kopfes belassen wollen, weil sie nur dort funktionieren. Vergewaltigungsphantasien, Haremsphantasien, Seitensprungphantasien. Sie sind frei, weil sie die Freiheit ihrer Gedanken ertragen können und wie diese Gedanken sie durchdringen.
Die Gefangenen dagegen haben eine Hornhaut gegen ihre Phantasien gebildet, um sich von ihnen abzugrenzen. Weil sie ihnen zu laut, zu »pervers«, zu sündig oder »krank« vorkommen. Weil sie so ganz anders erscheinen als das, was »konform« oder »normales Sexualverhalten« ist, oder weil sie der eigenen Persönlichkeit diametral gegenüberstehen (der Erfolgsmann gönnt sich seine Unterwerfungsphantasie nicht, die übergewichtige Frau verbietet sich die Szenerie mit dem Seidencape und dem Raum voller Männer zum Beispiel). Solchen Menschen bereitet die Freiheit ihrer eigenen Gedanken unerträgliche, seelische Schmerzen. Sie mauern sich ein in Selbstvorwürfe, sie wollen ihren Schatten nicht sehen, und sie haben Furcht vor den freien Menschen, die sich mit ihren Phantasien arrangiert haben.
Dabei ist der Mensch, weil er Mensch ist, immer beides: hell und dunkel.
Was für ein Typ sind Sie? Und was für ein Typ ist wohl Ihre Gefährtin?
Wie steht es um Ihre Freiheit der Gedanken, oder haben Sie einen peitschenschwingenden Zerberus im Kopf, der sämtliche Phantasien hinter Gitter scheucht und Sie geißelt?
Diesen Mister Zensor haben wir übrigens alle. Der Idealbild-Überwacher, der Ihnen (und auch mir, was denken Sie denn! Ich liege oft mit ihm im Clinch, weil er mir verbieten will, über Sex zu schreiben) diktiert, was sich gehört, was »Man(n)« macht und was nicht – und der auch entscheidet, was pervers ist und was nicht.
Er ist in Ihrem Kopf, sein Urteil besteht aus tausend Stimmen, die Sie in der Kindheit, der Jugend, in den vergangenen Jahren gehört und gelesen haben, er spricht mit der Zunge der Frauen, die Ihnen Szenen machten, mit dem Lachen des Kumpels, wenn Sie versehentlich eine Phantasie andeuteten, mit der Häme der Boulevardzeitung, wenn diese sich über eine Pikanterie eines Prominenten echauffiert. Er verbietet Ihnen den Mund, über Ihre konkreten, gar nicht so phantastischen Bedürfnisse zu reden – und viele Männer sehen nur eine Chance, dem Zensor eins auszuwischen: Sie gehen eventuell zu einer Hure, wenn sie sie doch ausleben wollen, ins Internet oder retten sich in die Abgeschiedenheit der Masturbation, wo die Geilheiten rasch aufflackern, genutzt werden – nur um sich danach noch schlechter zu fühlen mit diesem »grässlichen« Geheimnis, dabei an eine jungfräuliche Nonne gedacht zu haben.
Und was bleibt Frauen im selben Fall des
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