Sex in der Dose

ich.
    Langsam schüttelte er den Kopf.
»Die eine große Geste, die ich in meinem Leben gemacht habe, Holman . Das spontane Opfer, das ich dem Andenken eines
ehemals großen Stars brachte. Übrigens, ich habe mir’s gerade anders überlegt, ich möchte doch etwas trinken.«
    Also lief ich zu meinem Auto
hinunter und holte die Schnapsflasche. Ferrell hatte
schon zwei Gläser mit Eis vorbereitet, und ich schenkte ein.
    »Ich bringe jetzt einen
Trinkspruch aus«, sagte er feierlich und hob sein Glas. »Auf Iris Merivale , die eine der größten Schauspielerinnen der Welt
hätte sein können.«
    Also tranken wir ex, und danach
begann er wieder zu lachen.
    »Wenn Sie mich einweihen, kann
ich vielleicht mitlachen«, brummte ich.
    »Warum nicht?« Er schenkte sich
nach. »Schließlich lache ich jetzt schon 88 Tage ganz allein über den Witz.« Er
nahm einen Schluck. »Okay. Also, Sanford war an dem Negativ nicht interessiert,
deshalb behielt ich es. Als ich dann von Iris’ Tod hörte, kam mir der Gedanke,
daß jemand den Film vollenden und aus ihrem Tod ein Geschäft machen könnte. Das
durfte nicht geschehen! Nicht nach all dem, was sie in ihren guten Jahren
geleistet hatte. Ich mußte es verhindern, Holman .«
    »Und wie?«
    Wieder verfiel er in dieses
heimliche Gelächter. »Das verfluchte Negativ — ich habe es verbrannt!«
    »Sie haben...« In diesem
Augenblick fragte ich mich ernstlich, ob er den Verstand verloren hatte.
    »Verbrannt«, wiederholte er mit
tiefer Genugtuung.
    »Aber was, um alles in der Welt,
hält dann Jamison jetzt in seiner kleinen, schwitzenden Pfote?« fragte ich.
    »Vor langer Zeit hat ein Freund
von mir einen Pornofilm gemacht«, erzählte Ferrell .
»Das war damals, als solche Produkte nur unter der Hand vertrieben werden
konnten. Heutzutage bietet sie ja jeder Verleih wie warme Semmeln an. Aber
seinerzeit, als mein Freund an die Ostküste umzog, bat er mich, das Negativ
dieses Pornofilms für ihn aufzubewahren. Ich hatte seit fünf Jahren nicht mehr
von ihm gehört, er hat es wohl inzwischen vergessen. Und genau das ist es,
worauf Alec Jamison sitzt. Die Etiketten auf den Filmdosen weisen es als den
unvollendeten Iris- Merivale -Film aus, aber in
Wahrheit ist es das leicht unterbelichtete Negativ eines Schäferspielchens, das
zwei Männer mit einem Mädchen im Wald treiben.«
    »Jamison hat die Filmdosen nie
geöffnet?« fragte ich ungläubig.
    »Das tun sie doch nie«, sagte
er ungeduldig. »Sie selbst arbeiten lange genug in der Branche, um das zu
wissen, Holman . Die nehmen sich doch kaum Zeit, das
Drehbuch zu lesen, geschweige denn das Originalbuch! Für sie braucht man ein
Treatment von höchstens fünf Seiten, weil sie nicht an dem Werk selbst
interessiert sind, sondern einzig und allein an dem Geld, das sich damit
verdienen läßt.«
    »Aufstieg und Fall Hollywoods,
erzählt von Tony Ferrell «, faßte ich zusammen. »Aber
es muß doch eines Tages jemand auf den Gedanken kommen, sich dieses Negativ
anzusehen.«
    »Richtig.« Er nickte weise und
füllte sein Glas von neuem. »Aber bis dahin bin ich fort. Verschwunden! Eigentlich
sitze ich nur noch hier, weil Jamison Lunte riechen würde, wenn ich plötzlich
einpackte und verschwände, bevor die Option verfallen ist.«
    Ich konnte ein Grinsen nicht
unterdrücken. »Heißt das, dieses Gerangel gilt einem alten Pornofilm?«
    Er nickte. »Aus einem einzigen
Grund möchte ich ja noch gern hierbleiben«, sagte er. »Und zwar, um ihre
Gesichter zu sehen, wenn sie die erste Kopie dieses Negativs abspielen!«
    »Jedenfalls danke, daß Sie’s
mir gesagt haben«, meinte ich.
    »Lassen Sie die Flasche hier?«
    »Natürlich. Bedienen Sie sich.«
    »Werden Sie Jamison erzählen,
was er als Pfand für zehntausend Dollar in Händen hält?« fragte er.
    »Ich glaube, Jamison hat es
verdient, das selbst zu entdecken«, antwortete ich.
    »Morgen fange ich an zu
graben«, verkündete Ferrell . »Ich grabe mir ein
hübsch tiefes Loch, dann springe ich hinein, mach’s zu, und keiner sieht mich
mehr wieder.«
    »Alles Gute für Sie«,
verabschiedete ich mich. »Meiner Ansicht nach haben Sie Iris Merivale posthum einen großen Gefallen getan.«
    Ich ging zu meinem Wagen
hinunter. Die Fahrt bis zum Sanatorium dauerte gut eine Stunde. Es lag weit
draußen im Grünen, wo es still und friedlich ist und das Geschrei der Patienten
von Polsterwänden erstickt wird. Dr. Slater leitete eine saubere, exklusive
Klinik ohne Karbolaroma und mit schicken hellblauen