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Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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zu rauchen, aber irgendwo im Kopf wusstest du, es stimmt nicht, du wusstest, dass du dir früher oder später wieder eine anstecken würdest. Und dann dachtest du voller Freude daran, wie sehr du diese erste Zigarette genießen würdest. Und voller Scham. Mal wieder hattest du esnicht geschafft, einen Entschluss zu fassen. Du konntest dich nicht entschließen, mit Carl zusammenzuleben, konntest dich nicht entschließen, Carl zu verlassen, konntest dich nicht entschließen, der Band alles zu geben, konntest dich nicht entschließen, die Band zu verlassen, konntest dich nicht entschließen, auf die Uni zu gehen – welche Uni? Um was zu studieren? –, konntest dich nicht entschließen, eine Stelle bei Marriot’s anzunehmen, konntest dich nicht entschließen, dir einen anderen Job zu suchen, konntest dich zu rein gar nichts entschließen. Null. Aber die erste Zigarette wird toll schmecken. Der erste Zug. Sobald dir klar wird, dass du nicht richtig aufgehört hast, schiebst du den Moment natürlich so lange wie möglich hinaus, um die Vorfreude zu genießen. Hmmm. Es ist schön, vor Morgengrauen zwischen den Maulwurfshaufen im nassen Gras zu liegen. Hier gibt es nichts zu beschließen. Die Kälte dringt in einen ein. Ich spüre, wie sie mir den Rücken hochkriecht. Das Gefühl fängt unten an der Wirbelsäule an und klettert hinauf bis zu den Schultern. Kälte kann so guttun. Der Himmel ist grau, verschleiert. Es ist noch zu früh für Vögel. Auf den Hügeln liegt Nebel. Hör mal. Die Stille heult. Ich schließe die Augen und höre Brandungsrauschen. Es ist weit weg. Die Brandung, die ans Ufer schlägt und den Kies wegschlürft. In den Wellen ist es kalt, richtig kalt.
    Halt.
    Atme.
    EIN BADEUNFALL, JONNIE. ICH LIEGE AUF DER INTENSIVSTATION .
    Halt.
    BITTE KOMM HER. BITTE, JONNIE .
    ICH KANN NICHT, BETH. ICH KANN JETZT NICHT KOMMEN .
    Dukkh
a, Jonathan. Das ganze Leben ist
dukkha.
Leid undUnzufriedenheit. Da sagt Dasgupta etwas Wahres. Sogar das Glück ist
dukkha.
Ja. Es ist wahnsinnig kalt hier auf dem Rücken im nassen Gras. Mein Kopf wird langsam taub. Aber hinter mir im Gebüsch muss ein Tier sein. Es scharrt. Ein Kaninchen oder ein Igel. Der Frühling ist im Anzug. Ich werde noch einmal in das Tagebuch schauen.
    Mi Nu Wai kommt erst um sechs zur Morgensitzung, wenn der Gesang beginnt. Ich setzte mich eine Stunde dazu und ging dann in die Küche, holte die Töpfe heraus, füllte sie mit Krügen voll Wasser aus den Boilern und maß die Haferflocken ab. Ich mag die Küche in der Morgendämmerung. Fünfeinhalb Kilo Haferflocken auf zwölf Liter Wasser. Das ist für die Männer. Viereinhalb zu zehn für die Frauen. Ich bewege mich gern in der Küche, schalte alles ein, in Ruhe, allein. Die Haferflocken sind weich und trocken und süß. Haferflockig. Alles ist morgens ganz es selbst. Alles ist einfach da, wartet nicht auf meine Finger, die Gasbrenner anzünden und Teller herumschieben. Einfach da. Ganz still. Der Herd, die Streichhölzer, die glänzenden Schöpflöffel, die über dem Herd hängen.
    Während das Wasser heiß wurde, deckte ich im Speisesaal der Frauen den Frühstückstisch, füllte Müsli und Sonnenblumenkerne nach, öffnete die Marmeladengläser, die Töpfe mit Erdnussbutter, Honig und Hommus. Der klebrige Geruch tut bei mir jedes Mal seine Wirkung, er versetzt mich in Frühstückslaune. Milch musste geholt werden, Kuhmilch und Sojamilch. Teebeutel. Das oberste Gebot für einen Dhamma-Helfer lautet, sich nie für unentbehrlich zu halten. »Wenn du dich gestresst fühlst und nicht im Geist der Liebe arbeiten kannst, hör sofort auf.« Das ist die Vorschrift. »Geh in die Meditationshalle und meditiere.« Lieber kein Helfer als einer, der negative Energie ausstrahlt und die
sankharas
vervielfacht.
    Nur, dass ich
eben doch
unentbehrlich bin. Ich bin immer vor den anderen da, egal, wer Dienst hat. Tatsache ist, Mrs. Harper überträgt mir neuerdings eine Menge Verantwortung. Ich kenne die Abläufe, die Speisepläne, die Rezepte. Die anderen kommen und gehen. Sie hat nie wortreich erklärt, dass sie die Aufgaben an mich delegiert, ich war nie offiziell die Küchenchefin, das trauen sie mir nicht zu, aber genau das hat sie getan. Der Küchenchef, der gerade zuständig ist, kann nicht mal Spiegelei machen. Und er ist ein Schwätzer. Paul die Bohnenstange. Ich kann Schwätzer nicht ausstehen.
    Meredith erscheint, noch im Halbschlaf.
    »Deine Schürze?«, frage ich. »Haube?«
    Rob macht einen indischen Tee für

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