Sex ist verboten (German Edition)
beachtete er die Geschlechtertrennung. Dann kam er näher und fing an, um meine Füße herum zu wischen, deshalb fragte ich ihn, was er machte, »im echten Leben. Womit verdienst du dein Geld?«
Er hörte auf zu fegen. »Als Clown«, sagte er. Er lachte. »Nein, wirklich.« Er trat als Clown vor kranken Kindern in Krankenhäusern auf. Er setzte sich eine rote Nase auf und zog übergroße Schuhe an, einen grünen und einen gelben. »Meistens auf der Krebsstation«, sagte er, »und Leukämie.«
»O Gott, wie traurig!«
»Nicht so traurig, wie man denkt. Sie freuen sich immer, dass man gekommen ist. Man bringt sie immer zum Kichern.«
»Aber ich meine …« Ich wünschte jetzt, ich hätte die Edle Stille eingehalten. »Das ist echt heldenhaft von dir.«
»Überhaupt nicht.« Sein Lächeln schien mich herauszufordern. Er hat etwas Ruhiges, Fleischliches an sich, ganz anders als Paul oder Vikram. »Kinder kommen besser damit klar als Erwachsene«, sagte er. »Sie sind mehr im Einklang mit dem Leben und mit ihrem Körper.«
»Kommen besser womit klar?«
Er zögerte. »Mit dem Sterben vermutlich.«
Ich bückte mich und fing an, Töpfe und Durchschläge aus einemder unteren Regale zu ziehen. Sie klapperten ziemlich laut. Er stützte sich auf seinen Besen.
»Und was machst
du,
Beth?«
Es war dreckig im Regal hinter den Töpfen. Aber an geraden Tagen gehen wir auf unsere Aversionen zu. An ungeraden Tagen segnen wir das, was wir mögen; wir segnen es, ohne danach zu verlangen, wir segnen es und lassen es los. An geraden Tagen gehen wir auf das zu, was uns stört, wir akzeptieren es ganz, selbst wenn wir nicht in der Lage sind, es zu segnen. Ich habe alles Schmutzige, Klebrige und Alte schon immer gehasst, die Orte, an denen alter Dreck kleben geblieben ist. Orte, die schlecht riechen.
»Du musst doch irgendetwas machen«, sagte er.
»Ich putze Regale,
n’est-ce-pas?
«
»Ich habe gefragt, was du machst, nicht, womit du im Augenblick gerade beschäftigt bist.«
Als ich weiterputzte, sagte er: »Ich glaube, das Regal gehört gar nicht zum üblichen Putzdienst. Die Sachen da benutzen wir nie.«
Er fing wieder an zu wischen, zwischen den Waschbecken und der Kipppfanne. Dort lagen Schalen und Reiskörner herum. Rob ist gewissenhaft, aber ihm fehlt der Eifer von Ines. Er ist ein Spross, dachte ich. Rob ist ein feister kleiner Kohlspross, ein Rosenkohl.
Er hielt erneut inne und sagte: »Es ist wirklich komisch, dass du so lange im Dasgupta-Institut bleibst, Beth.«
Ich sagte nichts. Mein feuchter Lappen machte einen Vorstoß zum Dreck.
»Du bist schon eine ganze Weile hier, oder?«
Ich beantworte diese Frage nicht.
»Aber du bist eigentlich nicht der Dasgupta-Typ. Weißt du, was ich meine? So wie Livia. Oder Paul.«
Er fegte den Schmutz zu einem Haufen zusammen.
»Du hast nicht diesen Ausdruck im Gesicht.«
Jetzt nahm er Handfeger und Kehrblech.
»Hast du schon mal überlegt, Clown zu werden?«, fragte er. »Ich glaube, du wärst gut. Es war ziemlich witzig, wie du das mit dem Geflügelsalat-Sandwich gesagt hast.«
Ich stand auf und fragte, ob es ihm etwas ausmachen würde, den Rest alleine sauber zu machen, damit ich mir den Abendvortrag anhören konnte. Ich mochte den Vortrag an Tag vier besonders gern, erzählte ich ihm. Wegen der Geschichte von Krsa Gautami.
»Vielleicht bin ich mehr der Dasgupta-Typ, als du denkst«, sagte ich.
Ich nahm die Schürze ab und lief eilig zum Speisesaal der Frauen, um noch schnell aufs Klo zu gehen. Das war reine Nervosität. Es kam kein Tropfen. Als ich in die Halle kam, dämpfte Harper gerade das Licht. Aber das hinderte mich nicht daran, meinen Tagebuchschreiber zu sehen. GH hatte keinen Platz an der Wand bekommen. Er saß im Schneidersitz auf seiner Matte. Er hatte den Kopf zur Frauenseite gewandt. Er suchte mich.
»Die Männer werden dich immer anschauen, Beth. Immer.«
»Aber was habe ich davon, Jonnie, wenn der Einzige, den ich will, nicht um mich kämpft? Was habe ich dann davon?«
Schau weg. Hefte deinen Blick auf Mi Nu.
Die Helfer sitzen nie an der Wand. Wir dürfen nicht. Wir sitzen still auf unserem üblichen Platz, so als wäre der lange langweilige Vortrag eine gewöhnliche Meditationssitzung. Aufrecht wie Grabsteine. Ein kleiner Friedhof von Helfern in drei ordentlichen Reihen. Totenstill. Totenrein. So sind wir den Schülern ein Vorbild. Wofür? Konzentration, Aufmerksamkeit, Entrücktheit? Oder sind wir nichts weiter als Angeber? War der Buddhaein
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