Sex ist verboten (German Edition)
dem Pullover befreien, um es mir abzunehmen. Er konnte sehen, dass ich etwas hineingeschrieben hatte. Meine Handschrift war groß und eckig. Ein erstaunter Ausdruck trat in sein Gesicht, aber er sah, dass ich hinauswollte, und trat zurück bis an den Schrank.
Ich quetschte mich vorbei. Sein Geruch war stark. Das Zimmer wechselte die Farbe. Ich öffnete die Tür. Jetzt war niemand mehr auf dem Flur. Warum habe ich mich umgeschaut? Er hatte den Mund halb geöffnet. Ihm war ein Gedanke gekommen, und er musste ihn aussprechen. Ich legte wieder die Finger auf die Lippen. Nein! Dann hob er eine Hand und bot sie mir zum Schütteln an. Jetzt, da er das Fenster im Rücken hatte und von seinem Pullover befreit war, bekam ich einen anderen Eindruck von ihm. Er war ein Tier, aber eins, das an der Kette lag. Er tat so, als sei er zahm, in der Hoffnung, losgebunden zu werden. Und obwohl er nichts gesagt hatte, wusste ich, dass er log. Ich wusste, dass er gefährlich war. Seine Hand blieb ausgestreckt. Ich schüttelte den Kopf, lief eilig den Flur entlang und zurück in die Küche zum abendlichen Saubermachen.
KRSA GAUTAMI
» FANNG-GEN SIE VON VOOR-NAN .«
Diese Worte haben mich in den ersten Tagen wahnsinnig gemacht. Das Summen des Rekorders, dann seine Stimme: »Fanng-gen Sie von voor-nan. Fanng-gen Sie von voor-nan.«
Die Sitzung um halb zwei ist die härteste. Ich habe zu viel zu Mittag gegessen. Es ist ein milder Tag. Die Wiese ist erfüllt von grasigen Gerüchen. Die Blätter rascheln lebhaft im Wind. Die Bäume sind sehr lebendig, sehr da. »Ich stecke in Schwierigkeiten«, sagte ich nach dem Abend-
mettā
der Helfer, an Tag vier, dem
vipassanā
-Tag. »Ich stecke bis zum Hals in Schwierigkeiten.«
Kaum hatte ich das gesagt, schaute ich weg. Ich wollte Mrs. Harpers Blick nicht begegnen. Die Schüler waren gegangen, und das Licht war gedämpft worden. Ich wandte mich ab und schaute nach hinten, auf die unordentlichen Reihen dunkelblauer Kissen, grauer und weißer Decken in der leeren Halle, und plötzlich erkannte ich, dass sie das Meer waren. Sie waren tatsächlich das aufgewühlte Wasser des Meeres. Ich war wieder am Strand.
»Meine Freunde, ich möchte euch ein weiteres Beispiel der mitfühlenden Weisheit des Buddha geben. Eines Tages, in der Stadt Kapilavastu, wurde Krsa Gautami, die Frau eines sehr reichen Mannes, durch den Verlust ihres kleinen Sohnes in tiefe Trauer gestürzt.«
Tief einatmen, Beth.
Um ein Uhr fünfundzwanzig gehe ich nach einem viel zu schweren Mittagessen an meinen Platz und rücke meine Kissen zurecht. Zwei Schaumstoffblöcke. Kristin und Marcia müssen in der Küche sein. Neben mir ist Platz. Ich ziehe die Knöchel unter meine Beine, lasse den Rücken sacken und komme zur Ruhe. Die Oberschenkelmuskeln dehnen sich. Ich spüre, wie die Hitze sich ausbreitet. Meine Knie drücken sich in die Matte, werden eins mit der Matte. Heute werde ich still sitzen, ganz ganz still. Die Ruhe meines Körpers wird meinen Geist beruhigen. Ich werde aufmerksam sein. Sehr aufmerksam. Ich werde mich nicht ablenken lassen. Ich werde nicht an Krsa Gautami denken.
Dasgupta sollte eigentlich »Halten Sie ein« sagen anstatt »Fangen Sie von vorn an «. Hallten-Siejein, meine Freunde. Kehren Sie zurück zum Ruhepunkt, zum Atem auf der Lippe, wo alles in der Schwebe ist, wo alles transparent ist, wo es keine Konflikte gibt. Von vorne anfangen würde für mich heißen, von hier wegzugehen, das Dasgupta-Institut zu verlassen, zum Beispiel mit GH, meinem Tagebuchschreiber. Ja. Oder mit irgendeinem anderen Mann. Ich weiß, wenn ich zurück in sein Zimmer ginge, wenn er mich erneut dort antreffen würde, auf seinem Bett, wenn ich zu ihm sagte, Graham, oder Garry, oder Gordon oder was auch immer, lass uns von hier verschwinden, lass uns zusammen weglaufen, dann würde er Ja sagen. Ich weiß es. Ich habe es in seinen Augen gesehen, ein gieriger Männerblick. Er würde Ja sagen, Ja JA !. Er sieht besser aus, als ich dachte, er ist dünner, fitter,
echter
als die Worte in seinem Tagebuch. Ein echter Mann. Lass uns von hier verschwinden, Graham. Komm schon. Dieser Ort ist der Tod. Im Dasgupta-Institut werden wir es zu nichts bringen. Mitten in der Nacht schmuggle ich ihn durch den Speisesaal nach draußen in den Raum mit den Schließfächern. Er nimmt sein Handy, wir treten hinaus auf den mondbeschienenenWeg und gehen mit großen Schritten in die Freiheit, auf einen Neuanfang zu. Nachdem wir eine Weile gelaufen sind, legt er
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