Sex ist verboten (German Edition)
geschlossen blieb, und drückte ihn dann langsam nach unten, ganz ganz langsam. Die Tür ging geräuschlos auf. Beth, die Einbrecherin. Zoe hatte bemerkt, wie verstohlen ich war. Sie sah mich klarer als die Typen. Jetzt war ich schon wieder im Begriff, einen Mann beim Schlafen zu beobachten.
Er liegt zur Wand gedreht unter zwei Decken; er atmet leicht, ganz ohne zu schnarchen. Das hat mich fertiggemacht in der letzten Nacht mit Jonathan, wie leicht sein Atem ging. Ich saß rauchend da und betrachtete ihn. Er wusste, es war vorbei, er muss es gewusst haben, und trotzdem schlief er ganz ruhig. Ich hätte ihm sagen sollen, dass ich schwanger war. Das hätte ihn wach gehalten. Ich hätte ihm sagen sollen, ich würde das Baby behalten, und der ganzen Welt erzählen, dass es seins war und dass er dafür bezahlen musste. In bar. Dann hätten wir wenigstens ein bisschen Geld aus ihm herausgeholt. Dann hätte er tatsächlich eine skrupellose Freundin gehabt. Er wusste, es war vorbei, und er schlief genau wie immer vor elf Uhr ein, um rechtzeitig aufstehen zu können und frisch zu sein für seinen Flug am nächsten Morgen, seine jährliche Reise nach New York.
Carl schlief auch ziemlich ruhig, aber ihn weckte ich ohne zu zögern. Wir lagen in Schlafsäcken auf den Dünen hinter Bayonne. Man hörte die Brandung.
»Wieso kriegst du mitten in der Nacht SMS?«, wollte er wissen.
»Von Zoe«, log ich.
»Aber es ist drei Uhr morgens.«
»Sie hat gerade eine Wahnsinnsaffäre mit einer Frau in Edinburgh«, log ich.
Ich log und log und log.
Carl schlief mit dem Gesicht zu mir, umgeben von einer Mähne aus Locken. Er atmete in der Dunkelheit des Zeltes so leicht wie ein Engel.
»Ich bin schwanger«, sagte ich zu ihm.
»Was?«
Das weckte ihn auf.
»Das ist ja toll!«, sagte er. »Wahnsinn!«
Dann, als er sich wieder hinlegte, sagte er, er könnte sich gar nicht erklären, wie das passiert war, er war doch immer ganz vorsichtig.
»Was willst du damit sagen?«
»Nichts. He, Beth, gar nichts.«
Er redete zehn Minuten lang und schlief dann wieder ein. So ziemlich mitten im Satz. Er plapperte und plapperte, und dann plötzlich nicht mehr, dann schlief er und atmete wieder ganz leicht und frei.
Mr. GH Tagebuchschreiber hat sich noch nicht mal gerührt. Er hat mich überhaupt nicht bemerkt. Ich habe mich nicht in seine Träume eingeschlichen oder seinen Atem beeinflusst oder sonst was. Er liegt einfach da, während die Zeit über ihn hinwegfließt wie Wasser über einen Felsen. Ich bin eigentlich sehr gerne wach, wenn andere schlafen. Ich könnte ihn küssen, wenn ichwollte, oder umbringen. Oder ich könnte ihn einfach beobachten. »Seien Sie einfach achtsam, meine Freunde, beobachten Sie die Empfindungen, die entstehen und vergehen. Ohne eine Spur von Verlangen, ohne eine Spur von Aversion. Nur so können Sie das Verhaltensmuster tief in Ihrem Innern verändern. Nur so können Sie sich aus Ihrem Elend befreien.«
Allerdings gibt es hier nicht allzu viel zu beobachten. Ich beuge mich vor. Sein Haar wird langsam schütter. Sein Gesicht ist schmal, aber um die Augen herum faltig. Sein Mund ist voll und still. Er hat sich seit ein paar Tagen nicht rasiert. Wozu sich im Dasgupta-Institut diese Mühe machen? Er ist stoppelig. Viel mehr gibt es nicht zu sagen. Ein Mann. Ein ganz gewöhnlicher Mann. Ich könnte in jedes Zimmer auf diesem Flur gehen und sie alle im Schlaf betrachten. Alle Männer. Eine schöne Vorstellung. Da zu sein, während sie schlafen. Über schlafende Männer zu wachen. Ihren schalen Atem zu hören. Vielleicht mit dem Finger über ihre Bartstoppeln zu streichen. Oder ich könnte mich neben ihnen auf den Boden setzen und meditieren. Ich könnte wie eine Statue neben jedem schlafenden Mann sitzen. Wie ein Engel. Meine Männer.
Warum wünsche ich mir das, Mi Nu?
Ich würde mich stark und ruhig und glücklich fühlen, während ich neben den schlafenden Männern meditiere; sofern sie mich ließen. Oder ich könnte ein kleines Mäuschen im Männerschlaftrakt sein und im Dunkeln vor mich hin knabbern. Das würde mir Spaß machen. Es hat mich verrückt gemacht, dass Jonathan in unserer letzten gemeinsamen Nacht so ruhig geschlafen hat. Aber was habe ich dagegen getan? Ich habe dagesessen und über ihn gewacht. Ich habe um ihn herumgeknabbert. Die Wahrheit ist, dass ich mütterliche Gefühle hatte. Die dumme, dämliche Wahrheit. Jonathan war ein Baby. Das war unübersehbar.Er hat seine Frau verlassen und ist wieder zum
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