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Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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Gefahr zu bringen. Auf der Acton Vale-Road zwischendie Autos pinkeln, im Restaurant meine Titten zeigen, ihm im Kino einen blasen – nie etwas wirklich Gefährliches. Ich bin nicht zu seiner Ex-Frau, beziehungsweise seiner Frau, gegangen und habe gesagt: Hören Sie, Ihr Ehemann, das alte Schwein, fickt mich jeden Tag bis zur Besinnungslosigkeit, er leckt mir die Möse rauf und runter und liebt es, tief in meinem Arsch zu kommen. Ich habe nie zu Carl gesagt: Ich werde dich wegen dieses fetten alten Malers verlassen, dem Typen, der immer vergisst, seinen Hosenstall zuzumachen. Ich habe nie zu meinem Vater gesagt: Dein alter Kumpel vom Rotary-Club, dieser Möchtegern-Picasso, vögelt mich, was das Zeug hält. Er ist der Mann meines Lebens. Ich hatte nicht so viel Mut wie die Tochter meines Tagebuchschreibers, die
alles aufgibt, um bei ihrem Freund zu sein,
egal, was er Schlimmes getan haben mag, egal, wie sehr er sie nicht verdient hat. Der Gedanke an dieses Mädchen und das, was es tut, macht mich schwindliger als alle Zigaretten: alles aufzugeben, wirklich
alles.
Totale Hingabe. Aus Liebe. Mir ist schwindlig vor Neid. Und der Mann sagt: Tu’s, Baby, komm zu mir, Baby. Ich mag ein nichtsnutziger Verbrecher sein, aber ich werde dich nicht enttäuschen. Ich werde dich niemals enttäuschen.
    Jonathan liebte meine Verrücktheit nur, weil ich gar nicht verrückt war. Ich spielte nur die Verrückte, um ihm zu gefallen. Ich war weder Fisch noch Fleisch. Schon immer. »Hat es dir gefallen?«, wollte Zoe wissen. Sie schaute mich staunend und mit leuchtenden Augen an. »Hat es dir gefallen, meine Schöne?« »Ich weiß nicht«, sagte ich zu ihr. »Ich weiß es einfach nicht.« Es war echt komisch, von meiner Bassistin »meine Schöne« genannt zu werden.
    Uhuuu. Wieder die Eule. Die Eule ist ein reiner Geist. Ich sprang auf, ging zurück zum Speisesaal der Frauen, von dort in den Verbindungskorridor, der zur Küche führt, ging zurückdurch den Speisesaal der Männer und trat von dort auf der Männerseite wieder hinaus in die Nacht. Ich habe keine Ahnung, wo Ralph schläft. Was kümmert mich Ralph? Im Toilettentrakt hustete jemand, jemand der nachts pinkeln muss. Ich dachte, ich warte lieber, bis er wieder sicher im Bett liegt, und lief zu dem offenen Schuppen, wo die Gartenwerkzeuge aufbewahrt werden.
    Dort hing Wäsche auf der Leine, hinter der ich mich verstecken konnte, und ich spähte zwischen feuchten Handtüchern und T-Shirts hindurch, bis der Typ aus der Toilette kam und in Richtung Schlaftrakt B ging. Er blieb im Nieselregen kurz stehen, atmete tief und schaute sich um. Es war Tony. Er sah traurig und bedrückt aus. Tony ist eine Pastinake, dachte ich. Ein Gemüse, das niemand mehr haben will. Eine müde Pastinake. Vielleicht hätte ich Tony küssen sollen, meine Verdienste mit Tony teilen. Er hätte verstanden, dass es ein Witz sein sollte. Ich ging direkt zum Schlaftrakt A und zählte die Türen im Flur ab, bis ich zur fünften auf der rechten Seite kam.
    Was hatte ich vor vier Tagen in sein Tagebuch geschrieben? Ich wusste es nicht mehr. Ganz ehrlich nicht. Im Dasgupta-Institut sind vier Tage eine Ewigkeit. Eine Ewigkeit oder ein Wimpernschlag. Vier Mal zehn Stunden mit geschlossenen Augen auf dem Po sitzen. Vier Mal neunzig Minuten Video-Vortrag von Dasgupta. Und der Gesang. Adzukibohnen-Eintopf, Nussbraten, Tofu-Curry, Ofenkartoffeln mit Cheddar überbacken, Dahl, Dahl und nochmals Dahl. Dutzende Tassen Roibusch- und Kräutertee. Ich hasse Roibuschtee. Und ebenso viele Gänge zum Klo. Vier Tage essen und trinken und pinkeln und kacken und ein- und ausatmen, ein und aus und spüren, wie die Luft über die Oberlippe streicht, wie der Atem beim Einatmen über die Oberlippe streicht, wie der Atem beim Ausatmen über die Oberlippe streicht. Ich bin nicht mehr dieselbe, die das vor vierTagen geschrieben hat, was immer es auch war. Er ist nicht mehr derselbe, der es gelesen hat. Wozu dann überhaupt etwas schreiben?
    Um beim Wiederlesen festzustellen, wie sehr man sich verändert hat.
    Ich hatte eine Zigarette im Mund, aber nichts, um sie anzuzünden. Es tat gut, sie dort zu spüren, aber es war auch frustrierend. Mein Haar fühlte sich matt und stumpf an, als ich mir eine Strähne aus dem Gesicht strich. Weiß der Himmel, wie ich aussehe. Ich kriege jeden Moment meine Tage. Ich spüre es. Ich blickte auf und schaute den Flur entlang. Ich lauschte. Ganz vorsichtig zog ich den Türgriff zu mir heran, damit die Tür fest

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