Sex ist verboten (German Edition)
wiederhole, du hast eine Banane gestohlen. Du solltest dich schämen.«
»Ich hatte Hunger. Ich konnte nicht schlafen.«
»Hunger, ja? Das ist deine Entschuldigung?«
Er zögert. »Ja.«
»Verlangen meinst du wohl. Du folgst deinem Verlangen. Du bist ein böser Junge.«
Ich schaue mich um. Das Licht in der Küche ist ziemlich hell. Er isst sein Müsli aus einer weißen Schüssel, die auf einer Edelstahloberfläche steht. In seinem BlackBerry leuchtet die E-Mail an seine Mutti. Ich beuge mich wieder vor und lasse meine Stimme extra rauchig und feucht klingen.
»Sehnst du dich nach einem Kuss?«
Er seufzt. Er ist jetzt ganz ruhig.
»Ich sagte, sehnst du dich nach einem Kuss, Ralphie? Würde ein Kuss dir beim Einschlafen helfen?« Ich imitiere beim Sprechen seinen Akzent.
»Wir sollten das nicht tun, Bess.«
»Ich bin nicht Beth.«
»Wie du willst.«
»Du hast Angst, oder? Du willst dir kein tiefes tiefes Kuss-
sankhara
einhandeln.«
»Bess«, sagt er sanft. »Bitte.«
»Bitte tu’s, oder bitte tu’s nicht?«
Er seufzt noch einmal. Ich lasse meine Lippen an seiner Wange hinabgleiten und atme dabei ganz leicht.
Er windet sich.
»Ok, wenn du die Augen zu lässt, Ralph, dann küsse ich dich.«
»Wir sollten das nicht tun. Wir haben es geschworen. Die Fünf Regeln.«
Ich lache. »Zum Teufel noch mal, willst du nun oder willst du nicht? Was bist du für ein Mann?«
»Bess.«
»Bethththth! Okay, mach die Augen fest zu. Nach dem Kuss darfst du gucken, wer ich wirklich bin. Mach dich auf etwas gefasst.«
Ich drehte leicht seinen Kopf, bückte mich und nahm genau in dem Moment, in dem unsere Lippen sich trafen, die Hände von seinen Augen. Honig auf einer Rasierklinge. Seine Hände hoben sich und legten sich an meine Taille. Ganz sanft. Sehr respektvoll. Ich legte meine Hände hinter seinen Kopf und zog ihn zu mir heran. Unsere Lippen drückten sich aufeinander und öffneten sich langsam. Er war jetzt erregt und fing an, seine Zunge in meinen Mund zu schieben. Ich ließ ihn kurz gewähren, dann zog ich mich zurück und rannte weg.
»Bess!«
Sein Stuhl schabte über den Boden. Ich flitzte durch die Küche und zur Schwingtür hinaus.
»Bitte, Bess.«
»Ich bin nicht Beth!«
EINFACH BEOBACHTEN
MEINE ZIGARETTEN STECKTEN in der Seitentasche meines Rucksacks, der unter meinem Bett lag. Die anderen seufzten und drehten sich um, wachten aber nicht auf. Die Schnarcherin war Stephanie. Wer hätte das gedacht? Jetzt hatte ich ein Problem, weil ich vier oder fünf beschriebene Seiten unter einem Teetablett im Zimmer der Helferinnen gelassen hatte. Ich musste noch einmal zurückgehen. Ich fühlte in der Schachtel, ob das Feuerzeug da war. Mist. Die Maus knabberte mittlerweile ziemlich laut. Ich hielt inne und hörte genauer hin. Nag nag, kratz kratz. Ich grinste und hörte noch ein bisschen länger zu. Warum freute ich mich so über diese Maus? Als hätte ich im Dasgupta-Institut eine Freundin gefunden. Aber wenn ich zurückging, könnte ich in der Küche noch einmal Ralph begegnen. Wenn er da war. Spielte das eine Rolle? »Das Leben mit dir ist wie in einer Vorabendserie«, sagte Zoe lachend. Ich hatte ihr die Knutschflecken von Jonathan an meinem Hals gezeigt. Es muss eines der ersten Male gewesen sein, an denen wir zusammen geschlafen haben. »Wenn du willst, kannst du Carl erzählen, ich sei es gewesen«, sagte sie. Ich wusste nicht, was sie meint. »Carl weiß, dass ich so veranlagt bin. Ich sage einfach, du dachtest, ich wollte dich bloß umarmen, und ich habe mich auf dich gestürzt.« Sie drückte mich und seufzte. »Ach Beth, ich hätte nichts dagegen, ein Stückchen aus deinem Hals herauszubeißen.« »Oh, bitte sehr, tudir keinen Zwang an«, sagte ich lachend. Tu dir keinen Zwang an, sagte ich zu der Maus. Nur zu. Ich segne die Maus, dachte ich. So war das Gefühl in meinem Kopf. Ich segne die verdammte Maus!
Ohne Feuerzeug musste ich noch einmal in die Küche, um das Gas zu benutzen. Keine Spur von Ralph und seiner Müslischale. Zu schade. Vielleicht hätte ich doch aufs Ganze gehen sollen. Warum nicht? Ihm geben, was er haben wollte. Auf dem Klo, oder im Zimmer der Helferinnen. Einen ordentlichen Fick. Die Flamme zündete und versengte mir fast die Haare. Ich rannte durch das Zimmer der Helferinnen hinaus, ehe der Qualm die Rauchmelder auslösen konnte, und ging dann im Dunkeln an den Toiletten und der Meditationshalle vorbei zum Bungalow der Lehrerin. Draußen neben dem Rosenstrauch stand eine
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