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Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition)

Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition)

Titel: Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shereen El Feki
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Gesellschaft, wegen meiner familiären Situation«, sagte er mir, als wir, buchstäblich einen Steinwurf vom Tahrir-Platz entfernt, in einer Seitenstraße, die der Schauplatz erbitterter Zusammenstöße zwischen jungen Demonstranten und Sicherheitskräften gewesen war, Kaffee tranken. »Wenn der 25. Januar nicht gewesen wäre, würde ich – um nur ein Beispiel zu nennen – jetzt wohl kaum zusammen mit Ihnen an diesem Tisch sitzen und über Sexualität sprechen. Weil ich Angst gehabt hätte. Jetzt habe ich keine Angst mehr vor diesem Kampf.«
    Und mit dem unbedingten Respekt vor den Erfahreneren ist es ebenfalls vorbei. »Ich war ein schüchterner Mensch und brachte Älteren Respekt entgegen«, sagte Tarek, während er seine klobige, schwarzgefasste Brille zurechtrückte. »Aber als ich erfuhr, dass wir Mubarak – der über achtzig war – losgeworden waren, zerstörte das irgendwie meine Vorstellung vom Alter. Und so wurde ich irgendwie aggressiv und schroff, selbst gegenüber Leuten, die viel älter sind als ich, wenn ich finde, dass sie nur Scheiße reden.« Der Aufstand hat Tarek einerseits desillusioniert, andererseits die Augen geöffnet. »Die meisten Leute, die uns während der Revolution übel mitspielten, waren Ältere. Die meisten Leute, die ich als Vorbilder und Ikonen verehrt hatte, haben mich wirklich enttäuscht. Als sie umgestürzt waren, stellte ich fest, dass das nichts mit dem Alter, nichts mit der Erfahrung zu tun hatte, sondern damit, ob die Person sich selbst treu geblieben ist – und das zählt für mich.«
    Umgekehrt hörte ich vor der Erhebung Eltern immer wieder die mangelnde Reife ihrer Kinder beklagen. »Ich habe vorher immer gesagt, diese Generation hat nichts anderes zu tun, als an ihren Computern zu hocken und zu spielen«, beklagte sich ein Vater, ein ehemaliger Armee-General über fünfzig, bei mir. Der von der Jugend des Landes angeführte Aufstand des Jahres 2011 änderte das alles. Er und seine über zwanzigjährige Tochter verbrachten Tage auf dem Tahrir-Platz, eine zusammenschweißende Erfahrung, die ihn umdenken ließ. Die jüngsten Ereignisse haben viele ältere Ägypter, meine eigenen Verwandten eingeschlossen, erschüttert, und es fällt ihnen schwer, sich mit Veränderungen abzufinden. Nicht so der General. »Ich habe mich total geirrt«, sagte er mir, was einem ägyptischen Mann und Vater nicht leicht über die Lippen kommt. »Zu Beginn haben mich die Demonstranten, ihr Anstand, die zivilisierte Art, ihre Ideen vorzustellen, sehr überrascht. Diese Generation hat mir bewiesen, dass sie Pläne für die Zukunft hat und weiß, was man tun muss, um sie umzusetzen.«
    Die nachfolgenden Ereignisse haben dieser Bewunderung etwas von ihrem Glanz genommen. Frischem Blut Platz zu machen – bei politischen oder häuslichen Entscheidungen – ist ein langwieriger Prozess. Ob junge Menschen die Chance bekommen, die Führung zu übernehmen, und ob sie die Klugheit besitzen, sie sinnvoll zu nutzen, ist eine andere Frage. Ein Test für diese neue Entente cordiale wird sein, wie weit junge Menschen – insbesondere junge Frauen wie Al Haq – in den kommenden Jahren in der Lage sein werden, von sich aus neue Wege zu gehen. Al Haqs Mutter erlaubt ihr jetzt zum Beispiel, allein in der Wohnung der Familie in Kairo zu bleiben, was vor der Revolte undenkbar gewesen wäre. Aber diese Freiheit ist nicht leicht zu erringen: Die elterliche Wohnung zu verlassen ist in der Region für die Minderheit der unverheirateten Leute, die es sich leisten können, weniger ein Übergangsritus und mehr eine Feuerprobe. »Wenn du zu irgendeinem Scheich gehst und sagst, diese junge Frau ist ausgezogen, sagt er: ›Oh, dieses verdorbene Stück!‹ Sie wird gewissermaßen verflucht und verdammt«, sagt Rakha.
    Sie sollte es wissen. Das Leben änderte sich für Rakha, als sie mit Anfang zwanzig ins Berufsleben einstieg. »Als ich mein erstes Gehalt verdiente, wurde mir klar, dass es mich glücklich macht, mein eigenes Geld zu haben. Und es gab mir dieses kleine bisschen Freiheit, dass ich nicht zu meiner Mutter gehen und ihr Einverständnis einholen muss, wenn ich ein bestimmtes Kleid tragen oder ein Parfüm auflegen will«, sagte sie mir. »Hier beginnt die Unabhängigkeit. Ich brauche keinen Mann, um glücklich zu sein; ich bin glücklich, wenn ich Dinge für mich tun kann.«
    Mit Ende zwanzig beschloss Rakha, in eine eigene Wohnung zu ziehen. »Meine Mutter dachte, ich würde es nicht schaffen, wenn ich

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