Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
Vom Netzwerk:
hinausginge.«44 Doch die Frommen fühlten sich den anderen, den begabten Andersdenkenden, so überlegen, daß sie sie befragen, foltern und ermorden mußten. Und sie sprechen heute davon, die anderen hätten die Religion dieser Folter, dieses Mordens nicht richtig verstanden. Helvetius sagt grundsätzlich: »Die beim Bigot-200
    ten besonders stark ausgeprägte Überheblichkeit läßt ihn im genia-len Menschen den Wohltäter der Menschheit verabscheuen, und sie bringt ihn gegen Wahrheiten auf, deren Entdeckung ihn demütigt.
    Ebendieselbe geistige Trägheit und Überheblichkeit, die er für Religionseifer hält, machen aus ihm einen Verfolger.. ,«45
    Schon Urban II. († 1099, seliggesprochen) sieht im Töten von
    Gebannten »aus Eifer für die Mutter Kirche« keinen Mord.46 1199
    verfügt Innozenz III., als einer der größten Päpste der Kirche definiert, furchtbare Ketzergesetze, die den Menschen schon in Buchstaben zur Unperson machen.47 1205 nennt er Christen, die sich mit Juden einlassen, »gottverdammte Sklaven«48 — und weist mit Sub-stantiv wie Adjektiv in Richtung Folter. 1231 erklärt Gegor IX., die Ergreifung, Verurteilung und Bestrafung der Häretiker seien ausschließlich Sache der Kirche; derselbe Papst beklagt sich über die Nachlässigkeit, mit der Ketzer bestraft worden waren.49 1251 führt Innozenz IV. die Folter ein. 1478 gestattet Sixtus IV. den katholischen Königen (Aragon, Kastilien) eine eigene Inquisition; deren Grausamkeit, die Mengen an Blut und geröstetem Fleisch, die sie forderte, beunruhigte sogar den Papst. Ohne nennenswerte Konsequenz: Der Name des Großinquisitors Torquemada († 1489), des
    Beichtvaters der allerkatholischsten Könige, wurde zum Synonym für ausgesuchteste Qualen; seine Machtposition, die kein anderer Mensch in Europa hatte, blieb trotz vielfältiger Klagen gegen seine Helfer unangefochten.50 Er schickte persönlich über zehntausend Menschen auf den Scheiterhaufen, fast hunderttausend auf die
    Galeeren.51 Um 1500 weitete sich die Spanische Inquisition, die zu Hause schon vierundvierzig Tribunale unterhielt,52 auf die eben entdeckte Neue Welt aus, wo sie ganze Zivilisationen zerstörte.53
    Die beim Genozid tätigen Mönche tauften zwar die Säuglinge und Kleinkinder, doch warfen sie sie anschließend ausgehungerten
    Hunden vor oder ließen sie lebendig begraben...
    1542 wurde die Römische Inquisition, eine »bewunderungswür-
    dige und ganz und gar christliche Erfindung«54, von Papst Paul III.
    zum Kampf gegen die konkurrierende Konfession Protestantismus errichtet. Gregor XIII. stellt 1584 die Protestanten auf eine Stufe mit Seeräubern und Verbrechern.55 Unter den Päpsten Paul IV.
    († 1559) und Pius V. († 1572, heiliggesprochen) war der inquisitorische Hunger fast nicht mehr zu stillen. Paul IV., Dominikaner und ehemaliger Großinquisitor, war ein Meister der Folter; er sah sei-201
    nen Arm selbst »bis zum Ellbogen in Blut getaucht«56. Die Barbareien des Christentums schreckten bald den Rest der Welt; die Türken wollten die übermittelten Einzelheiten schier nicht glauben.
    Kein Mensch schien vor dem Blutrausch der Christen sicher. Beispielsweise wurde ein dreizehnjähriger Junge ebenso wie ein sechs-undachtzigjähriger Greis mit jeweils hundert Peitschenhieben bedacht.57 Zwischen 1721 und 1727 behandelten die 64 spanischen Glaubensgerichte 35 Fälle von Bigamie, 3 Fälle von lutherischer Ketzerei, einen Rückfall zum Islam und 824 Fälle von Rückfall ins Judentum.58
    Erst 1834/1835 wurde aufgrund von Sachzwängen, nicht wegen
    Einsicht, die Inquisition als eine eigentlich »für Zeit und Ewigkeit«59 gegründete Behörde abgeschafft; insgesamt neunundvierzig Großinquisitoren hatten ihr Gewaltamt versehen.60 Heute heißt sich die von Kardinal J. Ratzinger61 geleitete Nachfolgebehörde
    »Glaubenskongregation«; der Vatikan reagierte diplomatisch indi-gniert, erinnerte ihn ein Staatsbesuch an die Leichen in seinen Kellern. Ein Hinweis zur Vergangenheitsbewältigung auf vatikanisch:62 Zwischen 1815 und 1817 machten Unterhändler in Paris mit Zustimmung des Kardinalstaatssekretärs Consalvi 4518
    Bände mit Prozeßunterlagen der Inquisition unleserlich und ver-schacherten sie anschließend an Altpapierhändler. Im September 1870 verbrannte die päpstliche Polizei große Teile des Geheimar-chivs, um keine belastenden Dokumente in die falschen Hände
    fallen zu lassen.
    Heute benötigt die Inquisition keinen Artikel mehr. Das Wort
    spricht für sich

Weitere Kostenlose Bücher