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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
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jede Maßnahme zur Verminderung der Kriege, jeder Schritt zur besseren Behandlung der Farbigen, jede Milderung der Sklaverei, jede vernunftgemäße Erziehung und Aufklärung13 wurde zunächst von den organisierten Gläubigen bekämpft. Das Christentum ist weit davon entfernt, für die im neuzeitlichen Europa erreichte Kultur des Humanen verantwortlich zu sein.14 Es blieb in Sachen Humanität ohne Schrittma-cherfunktion,15 war der »Hauptfeind des moralischen Fortschritts in der Welt«16. Weder ein Papst noch ein dezidiert christlicher Souverän ging mit voran, als Humanisten und Aufklärer die Abschaffung von Folter und Todesstrafe forderten.17 Schon ein Blick auf den Strafvollzug christlicher Staaten belehrt über Tatsachen: Die Guillotine18 war im Kirchenstaat noch im neunzehnten Jahrhundert in Gebrauch,19 in Frankreich, der ältesten Tochter der Kirche, fiel sie erst 1981, als der sozialistische Präsident Mitterrand die Todesstrafe abschaffen ließ. In Spanien war die Garotte bis zum Tod des allerchristlichsten Gewaltherrschers Franco (1975) in Gebrauch.20 Dieser Halsring aus Eisen tötete das Opfer durch Erwürgen oder folterte es — in der katalanischen Form — mit einem
    zusätzlichen Eisendorn, der die Leiden nach Belieben des Henkers verlängerte, bis der Tod durch Zerstörung des Rückgrats eintrat. In einigen lateinamerikanischen Staaten (offizielle Religion: der Katholizismus) wird die Garotte noch immer als Folterinstrument eingesetzt.21
    »Ich machte die Erfahrung«, sagte Kaiser Julian, die Hoffnung auf eine Reform des Christentums begrabend,22 vor nunmehr ein-tausendsechshundert Jahren, »daß selbst die wilden Tiere dem
    Menschen nicht so feindlich gesinnt sind wie die Christen gegenein-195
    ander.«23 Und Pierre Bayle ruft noch ein halbes Jahrtausend später den Wunsch des arabischen Philosophen Averroes aus dem zwölften Jahrhundert in Erinnerung, der es unter Christen nicht aushielt, da sie »anbeten, was sie essen«, und »einander selbst auffressen, wie der Wolf die Schafe«24. Ein guter Mensch, sagt Bayle, kann die Geschichte des Christentums nicht studieren, ohne selbst zornig, ausfällig, böse zu werden; er kann sich »nicht enthalten, das An-denken der Urheber dieser Greuel zu verfluchen«25.
    Alles bekannt? Ich lasse die für Opfer so folgenlose Behauptung aller Tätererben einmal auf sich beruhen. Auf der Basis eines angeblich ausreichenden allgemeinen Informationsstandes treffe ich nur einige wenige Ergänzungen, beschränke mich auf ein paar Belege für den Christenhaß, soweit er historisch faßbar ist, und auf einige Beweise für die grundsätzlich intolerante Mentalität dieser Religion.26 Ich führe dabei Buch über die Maschinerien der Marter, also über jene grausamen Techniken der Menschenfolter, die die einen Menschen — allesamt Christen!27 — erdachten, um andere Menschen unter dem Vorwand des Guten28 zu quälen. Ich versuche, den Hintergrund aufzuhellen, der Christen dazu brachte, solche Maschinen des Grauens gegen andere in Gang zu setzen, um deren geistige und körperliche Integrität zu verletzen, sie gleichsam nackt
    vor sich zu haben, die innersten Beweggründe und Gedanken ans Tageslicht zu zerren und sich an der Entblößung im Geständnis der Folter zu weiden. Und ich nenne ein einziges Beispiel für den Opferstatus der Verfolgten, Gemarterten und Getöteten: die
    furchtbar spezifischen Pogrome, die in Zusammenhang mit dem
    heiligsten Objekt des Kirchenglaubens stehen — mit dem in den Leib
    »unseres Herrn« verwandelten Brot — und der angeblichen Sucht der Juden, sich geweihte Hostien zu beschaffen sowie Christenkin-der zu schlachten, um deren Blut rituell zu verwenden.
    Der Geist gläubiger Erfinder
    Kommt die Rede auf die dunkleren Jahrhunderte des Christentums
    - das dunkelste, das die meisten Opfer fordernde, war das zwanzigste -, so wird vom »Hexenwahn« gesprochen. Der Begriff ist
    eingebürgert; dies macht ihn verdächtig. Denn die Verfolgung, Folterung und Ermordung von Frauen war kein wahnhaftes Phäno-196
    men, über dessen Phantasiemächtigkeit sich Zirkel unterhalten und streiten könnten. Es handelte sich um kein irrationales Geschehen, von dem alle streng Vernünftigen sich inzwischen distanzieren müßten. Der sogenannte Hexenwahn war eine technische Abfolge
    von durch und durch rational organisierten Verbrechen. Die Täter ließen sich nicht hinreißen; sie wußten, was sie taten. Und sie nutzten für ihre Taten die jeweils neueste Technik.

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