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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
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läßt sich vorstellen. In den
    Schweizer Kantonen Graubünden und Schwyz war sie bis zum
    Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Gebrauch,82 in einigen deutschen Fürstentümern bis 1871.
    Typisch religiös ist auch die Basis für andere Instrumente, die mit Hilfe der Folter individuelle Moral sichern und öffentliche Sittlichkeit durch Abschreckung heben sollten. So wurden Flöten (Oboen, Trompeten, Posaunen) verwandt, um Ruhestörer zu züchtigen oder andere für »Flüche ersten Grades« und für den Gebrauch obszöner Worte zu bestrafen. In Italien dienten diese Werkzeuge als Mittel gegen jene, die sich während heiliger Handlungen des Lärms vor der Kirche schuldig gemacht hatten. Ein Eisenring wurde im Nak-ken des Sünders verschlossen, die Finger wurden wie die von Musi-kern in die Kerben des eisernen Aufsatzes gelegt und festge-
    schraubt, und der Exekutor konnte entsprechend seiner Laune variieren: Die Breite der Möglichkeiten reichte von leichtem Quetschen bis zur Zerstörung der Fingerknochen und Gelenke.83
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    Die Ketzergabel, deren Name die Herkunft nennt: Vier scharfe Spitzen konnten tief in das Fleisch unter dem Kinn und in das Brustbein gerammt werden. Sie verhinderten jede Kopfbewegung
    und erlaubten den Gefolterten nur ein leises Stammeln, mit einer kaum verständlichen Stimme. Vieler Worte bedurfte es gar nicht.
    Worauf es ankam, war in die Gabel geritzt: Das Wort »abiuro« (ich schwöre ab) genügte, damit alles klar war und das Opfer, falls es Glück hatte, keinen weiteren Martern ausgesetzt wurde.84 Mit
    Häretikern kannten die Jünger selten Pardon: Nicht nur der Scheiterhaufen war für die Unbeheimateten bereit, sondern auch ausgesuchteste andere Martern wie das Ertränken in Fässern voller Jau-che und Urin, das Ausschneiden, Ausbrennen, Absägen der Zunge oder das langsame Rösten auf glühendem Eisen. Hin und wieder
    wurden die Opfer durch Verbrennen feuchten Strohs genüßlich
    erstickt; ein Päckchen Schießpulver, dessen Explosion die Brust aufriß, diente dazu, die Methode nicht allzu barmherzig erscheinen zu lassen.85
    Schmerzensschreie waren nicht vorgesehen. Um den unpassen-
    den Lärm zu unterbinden, hatten Folterspezialisten die eiserne Mundsperre oder das Stummenzaumzeug erfunden. Eine Ideologie, die schon im Normalfall Schweigen mit Gehorsam und Schreien
    mit Stören gleichsetzte, war gehalten, die Ausnahme grausam zu bestrafen. Daher erstickten besondere Geräte die Schreie der Opfer im Ansatz. Ein eiserner Block, auf der Innenseite eines Rings angebracht, wurde in den Mund geschoben, die Schnalle hinten am Ring geschlossen. Ein Loch sicherte die Luftzufuhr, doch konnte es vom Folterer zugehalten werden, und das Opfer rang um Luft. Giordano Bruno, den die Inquisition 1600 mitten in der Stadt des Papstes verbrannte, starb mit einer solchen Eisensperre im Mund. Sie war so konstruiert, daß ein langer Dorn die Zunge durchbohrte und unter dem Kinn wieder hervortrat; ein zweiter steckte fest in seinem Gaumen.86 Unter den Zuschauern befanden sich hohe und höchste Kleriker. Eine bloß spätmittelalterliche Verirrung des Papsttums?
    1889 wurde auf demselben Platz, auf dem die Repräsentanten der Kirche diesen Ketzerleib gefoltert und zu Asche gemacht hatten, ein Denkmal errichtet. Am Tag seiner Enthüllung betete Papst Leo
    XIII. »zur Sühne« einen Tag lang in seiner Hauskapelle. Zuvor hatte er zahlreiche Beileidsschreiben aus der katholischen Welt erhalten, die das Denkmal für das Opfer schmähten, nicht etwa ihre 205
    Trauer über das Opfer selbst zum Ausdruck brachten.87
    Das Zerquetschen von Fingernägeln, Knöcheln, Gliedern gehört
    zu den ältesten Foltermethoden. Es ist effizient, denn das Verhältnis von aufgewandten Mitteln und erzeugten Schmerzen wirkt, aus
    Sicht der Folterer, höchst befriedigend. Wo es in einem Folterarse-nal an kostspieliger und komplizierter Ausstattung fehlt, sind die sprichwörtlichen Daumenschrauben am Platz. Auch Knieschrau-ben tun ihren einfachen Dienst; sie werden an Knien und Ellbogen angesetzt, deren Gelenke sie nachhaltig verletzen.88 Gleichwohl gab sich der Erfindungsgeist nicht mit der einfachen Ausführung zufrieden; ein österreichisches Exemplar, zwischen 1769 und 1777 entstanden, stellt die Luxusausgabe dar.89 Es ist, mit zwei Barren und einem abnehmbaren Schraubenschlüssel, kunstvoll konstruiert und geschmückt. Nicht ohne Grund: Zum einen sah die Epoche, in der W. A. Mozart lebte, auf die grandiose Ausschmückung an

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