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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
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zu-rückgekrochen kommen, kennt die große Geste gegen Reuelose
    ebensowenig, wie dies kleinbürgerliche Väter gegenüber ihren Kindern schaffen. Ein Gott ohne Stolz und Würde? Nehmt ihm Him-
    mel und Hölle, und er steht nackt, ohne Menschen: So habt ihr Jünger ihn zugerichtet, genauso schuf ihn eure verdammte Sehnsucht nach Erlösung. Wer hat den Mut, von seinem Gott Liebesge-sten zu fordern, die einmal von der bourgeois-patriarchalen Regel abweichen? Die Tugenden dieses Christengottes blieben, wie sie Patriarchen wollten. Als solche bewährten sie sich auch und gerade in Folter und Tod. Sie erwiesen sich auch ohne besondere Liebesge-sten als verwendungsfähig. Noch immer bestimmen sie das Leben 125
    von Millionen, die sich »unserem Gott«, der nicht schon ihrer ist, nicht entzogen.
    Das Christentum beruht auf dem schönen Schein der Gebote. Es
    lehrt, wenn auch von Früheren übernommen und nicht gerade
    originell,76 Nächstenliebe und Feindesliebe, verbietet unter anderem Lüge, Diebstahl, Ehebruch, Mord. Nicht wenige seiner Gläubigen, Priester, Oberhirten sind allerdings seit jeher so klug, sich praktisch an keine dieser Lehren zu halten. Wir werden uns noch wundern, wie mörderisch das Doppelprinzip wirkt. Die wohlfeile Berufung auf eine Kirche der Sünder aber ist gegen ihre Opfer zynisch; sie nimmt die Täter theologisch in Schutz.
    Ich wäre blind, nähme ich die Christinnen in Vergangenheit und Gegenwart nicht wahr, die gut sind und Gutes tun. Gewiß gibt es in der christlichen wie in jeder Religion Menschen, die Achtung verdienen. Solche mit dem Christentum oder gar mit einer Kirche zu verwechseln, ist gefährlich, die eine Seite gegen die andere aufzurechnen, unzulässig. »Es ist«, so Goethe77, »die ganze Kirchengeschichte Mischmasch von Irrtum und von Gewalt.« Gewiß kom-
    men aber nicht alle Übel der Welt aus der Christenheit. Wer das behauptet, ist schlecht informiert, böswillig oder dumm. Ob daher die Menschheit nach dem Untergang dieser Religion besser sein wird, kann nicht gesagt werden. Doch darf festgehalten sein, daß die Welt in den vergangenen zweitausend Jahren Christentum nicht besser werden konnte.
    Und die berühmte »Reform«? Die Lebenshoffnung der vielen,
    die nicht konsequent denken wollen? Besserte sich etwas, wenn Oberhirten sich daranmachten, das Papsttum zu demokratisieren, Frauen in ihre Beamtenschaft aufzunehmen, Priesterinnen und Bischöfinnen zu etablieren, Priester heiraten zu lassen, ein paar Sündchen weniger als bisher zu verfolgen, die Gottesdienste volksnaher zu gestalten?78 Selbst wenn die Kirche sich reformierte — ein utopi-scher Gedanke! -, bliebe ihre Glaubensgrundlage mißlich, ihr Gottesbild höchst gefährlich. Eine auf solchen Fundamenten fußende Religion kann keine ethisch denkende und handelnde Gemeinschaft bilden.79 Sie muß aggressiv, dialogunfähig, inhuman bleiben.
    Vielleicht gibt es auf der Erde auch deshalb so viel Böses, weil Religionen und deren Regierungen, Moral- und Erziehungssy-steme, aber auch ihre Beispiele, die täglich vor Augen geführt werden, Menschen unwiderstehlich zum Bösen treiben, Nachah-126
    mungstäter schaffen, viele schlechthin verbrecherisch machen.80
    Die Hauptvertreter des Christentums wollen zugleich wichtig und gefährlich wirken; ihre Forderungen schmecken immer ein wenig nach Blut.
    Und sein Alltag
    »Unser Gott« deckt vieles in seinem Reich auf Erden. Kleriker sind voller Demut; das können wir den Prälaten, Exzellenzen, Eminen-zen aufs Wort glauben. Sie streben nur die unteren, verachteten Plätze an der Tafel an (Lk 14,7ff.); seit sie sich zu Wahrern der letzten Werte auf der Welt deklarierten, sollten wir ihnen auch das abnehmen. Ihre Kirche ist arm und glaubwürdig in einem; es handelt sich um eine Organisation, die professionell lamentiert — und die größte Grundbesitzerin in Deutschland ist. Und die unteren Chargen, das Bodenpersonal? Nach welchen objektiven Kriterien der Vernunft oder der Moral darf die Haltung von Kleinklerikern beurteilt werden? Wissen sie wirklich nichts, sind sie nicht informiert, ziehen sie Unwissenheit den mittlerweile überall erhältlichen Informationen vor, dann sind sie dumm. Ahnen sie manches, wissen sie vieles oder alles, handeln aber nicht, so sind sie nicht redlich.
    Und noch weiter unten? Hoffentlich fällt immer mehr sogenann-
    ten einfachen Christenmenschen auf, wie gelenkt ihr ganzes
    »Laien«-Leben ist und wie armselig zugleich: Gehorsam ist immer nur Gehorsam,

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