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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
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Jahren noch immer veritable Mordtaten legitimieren? Müßten sich nicht zuerst die Christen rechtfertigen, weil sie seelenruhig bei diesen Taten und bei diesen Predigten verharren? Welche Werte, welche Moral bezeugen sie, wenn sie der Welt, als sei nichts seither geschehen, Erzählungen wie die folgende zumuten? Können wir dafür, daß ein Gott solche Geschichten liebt und die Seinen sie stolz wiedergeben?
    Offenbar gehören sie mitten hinein in die christliche Verkündigung.
    Änderte sich mittlerweile die kirchenamtliche Meinung, erwarten wir dringend eine Mitteilung; das Um- und Wegdeuten des Grauens ist - professionelles Abwiegeln - viel zu dürftig.
    Ich lasse die angeblich chronologische Folge außer acht. Ich
    übergehe die Erzählung von der Liebe eines Vater-Gottes, die sich in die Arche Noahs rettete und die übrige Welt, Mensch und Tier, ersaufen ließ (l Mose 7,17ff.). Die Story von der göttlichen Sintflut, von diesem globalen Ersäufnis ist nun doch zu ekelerregend, als daß ich sie nacherzählte. Kriminell, daß auch die Tiere dran glauben mußten: Waren sie denn böse, hatte etwa auch ein Tier, ein Weibchen natürlich, in den Apfel gebissen?89 Zynisch, den Massenmord Gottes an seinen Tieren festzuhalten?
    Die Sintflut gilt mittlerweile auch den meisten Christen nicht mehr als salonfähig. Schon die Bibel rückt behutsam vom gnaden-losen Inhalt ab (l Mose 9,15). Sie läßt ihren Gott versprechen, diese Art Endlösung - die radikalste seit Menschengedenken und bis
    heute die schäbigste — nicht mehr wiederholen zu wollen. Er soll 131
    künftig andere Mittel erfinden, um seine Ebenbilder zu retten. Es ist ja kein Ruhmesblatt für einen Gott, das Böse auf seiner Erde
    beseitigen zu wollen, indem er kurzerhand die Bösen ausrottet —
    und die unschuldigen Tiere gleich mit. Noch schlimmer, daß damit die gesamte Menschheit mit Ausnahme einiger weniger vernichtet wurde. Doch offensichtlich nicht ganz so schlimm, als daß nicht immer wieder ein paar von denen, die sich zu den wenigen Guten in der Arche rechnen, diese Radikallösung bedächten. Wie schön,
    mögen sie sich sagen, wenn es nur noch unsereins gäbe! Wie gut für uns, wenn unser Gott mal wieder alle Bösen ersäufte!
    Keine Chance. Offensichtlich lernt auch ein Gott hinzu, wenn
    auch, nach heutigem Erkenntnisstand der Menschen, relativ wenig.
    Er kann immerhin nach der Sintflut zu Noah und dessen Söhnen
    sagen lassen: »Wer Menschenblut vergießt, durch Menschen soll sein Blut vergossen werden. Denn nach dem Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht.« Diese Rechtfertigung der Todesstrafe
    (l Mose 9,6) erreicht zwar nicht ganz die Höhe der neuzeitlichen Theorie, doch steht sie sittlich weit über der Lösung mit dem Hochwasser. Freilich verantwortet sie nicht wenig von dem Leid mit, das Menschen über Menschen brachten. Immerhin beriefen
    sich Christen just auf dieses Gotteswort, bevor sie andere vom Leben zum Tod beförderten.
    Wie es weiterging? Um dies herauszubekommen, erzähle ich die
    Geschichte eines hochgelobten Urvaters90 der Religion: Gott hatte vor ein paar tausend Jahren wieder einmal einen einzigen Liebling unter allen Menschen gefunden (l Mose 22,1-19). Er hatte auch schon viel für diesen Abraham getan, Wunder auf Wunder gehäuft, ihm reiches Land, reichliches Auskommen beschafft, dem alten
    Mann sogar einen unerwarteten Sohn besorgt. Doch auf die Dauer erschien die Zuneigung etwas einseitig. Das gefiel diesem Gott nicht, und er dachte sich eine besondere Prüfung aus, um den
    Favoriten zu testen. War Abraham die überbordende Vaterliebe
    wert? War Gott wirklich das einzige, was dem aufgestiegenen
    Hirten am Herz lag? Oder gab es einen Konkurrenten im Kampf um Abrahams Herz? Gott fackelt nicht lange, prüft den Liebling auf Herz und Nieren, will ihn gleich am wundesten Punkt treffen: Der glückliche Vater soll seinen einzigen Sohn, den er liebhatte wie sonst niemanden, einfach schlachten und ihm, Gott, zum Brand-opfer darbringen.
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    Wie hätte ein Vater von heute reagiert? Sich die greuliche Zumutung verbeten? Bloß an die Stirn getippt? Sein Gewissen ins Spiel gebracht? An die Menschenwürde erinnert? Das Recht des Kindes auf Leben verteidigt? Den Mordbefehl als solchen erkannt? Es
    abgelehnt, zum Täter und Komplizen zu werden? Sich schleunigst einen menschlicheren Gott gesucht? Jener Abraham zögert nicht eine Sekunde, zieht los, bereitet das Schlachtopfer vor. Isaak, der Stammhalter, liegt bereits gebunden auf dem

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