SGK224 - Das Gespensterhaus an der Themse
erkennen.
Wie in Trance ging der
Mann darauf zu, tupfte sie vorsichtig mit dem rechten Zeigefinger an und
stellte fest, dass es sich - um frische Blutstropfen handelte.
»Hier ist erst
kürzlich...operiert worden...«, murmelte er. »Sie scheint es geschafft zu
haben...sie scheint es tatsächlich geschafft zu haben...«
Nervös blickte er sich
um. Larry Brent befand sich in seiner Nähe, war in die Hocke gegangen und
verbarg sich hinter einem Gestell, in dem mehrere birnenförmige Glasbehälter
hingen. Sie enthielten eine blaßgelbe Flüssigkeit, in der Teile von zerlegten
Tieren schwammen.
Da gab es Köpfe von
Ratten, Meerschweinchen, Hasenläufe und - eine menschliche Hand!
Larry Brent lief es
eiskalt über den Rücken.
Ein Frankensteinlabor.
Irgendwer schien
unheimliche Experimente mit Leichenteilen durchzuführen.
Der Fremde, den X-RAY-3
die ganze Zeit über beobachtete, war nicht minder entsetzt als er.
Dennoch schien er so
etwas Ähnliches erwartet zu haben, er betrachtete eingehend das Labor, das
jemand erst vor kurzem verlassen haben musste. Das war daran zu erkennen, dass
die Blutflecke auf der weißen Liege noch frisch waren...
Wer machte hier
Experimente? Was war kurz vor ihrem Eintreffen geschehen?
Da!
Larry Brent glaubte
seinen Augen nicht trauen zu dürfen.
Auf der anderen Seite des
schummrigen Labors glaubte er plötzlich eine Bewegung zu registrieren.
Da waren - zwei Menschen!
Er nahm ihre Umrisse nur schemenhaft, ihre Körper verwaschen wahr. Wie Geister,
die versuchten, sich aus dem Nichts zu bilden, es aber noch nicht schafften
oder nicht schaffen wollten. Um die Körper lag ein etwas hellerer
Strahlenkranz.
Die gespenstischen
Erscheinungen blieben auch dem anderen Eindringling nicht verborgen.
Wie von einer Tarantel
gebissen starrte er nach drüben.
Da hielten sich ein Mann
und eine Frau auf...
Er war ein Hüne,
breitschultrig, muskulös, stiernackig. Sein Gesicht kantig, hart gezeichnet.
Von seinem Kopf war nur etwa die Hälfte zu sehen. Das Unterteil.
Die obere Gesichtshälfte
war von einer schwarzen, hauteng anliegenden Maske verdeckt.
Genauso war es bei der
Frau.
Sie trug zu ihrem weißen
Kittel eine schwarze Maske, die ebenfalls das Gesicht zur Hälfte bedeckte. Nur
die gerade Nase und die vollen Lippen waren auszumachen, ferner das dichte,
weich fallende Haar, das über ihre Schulter floss.
Der Spuk währte nur
einige Sekunden.
Dann verblassten die
beiden Körper wieder wie Nebel, die von der Sonne aufgelöst wurden.
Die Geistererscheinungen
waren noch nicht völlig verschwunden, als in der Ferne ein panischer
Hilfeschrei zu hören war.
»Mam !« rief gepeinigt eine Stimme. »Maaammm !« schrie die
gleiche Stimme noch mal. Sie gehörte einem jungen Mädchen. Fern und leise
drangen ihre Hilferufe durch die dicken Mauern von oben herab in den Keller.
Der Mann, der zuerst ins
Labor eingedrungen war, wirbelte herum, rannte durch den Mittelgang und verließ
den unheimlichen Ort. Larry war hinter ihm wie ein Schatten.
X-RAY-3 erreichte den vom
Boden bis zur Decke schwarz gestrichenen, kahlen Raum, passierte ihn, kam in
das >Wohnzimmer<, blieb neben einem Schrank stehen und sah, wie der
andere drüben lauschend sein Ohr an die Wand legte, um deutlicher die Stimmen
zu hören, die draußen nun laut und klar durch das Haus schallten.
»Mam! Sie sind wieder
da...Janet und Andrew...sie haben den Verstand verloren...die Stimmen, diese
fürchterlichen Stimmen !«
Im Haus wurde eine Tür
zugeknallt. »Susan !« rief dann eine andere Stimme.
Ebenfalls die einer Frau. »Es gibt nichts, absolut nichts, was dich beunruhigen
könnte...so nimm doch endlich Vernunft an !«
»Aber das tu ich ja, Mam.
Die Stimmen, diese schrecklichen Stimmen! Sie lassen mich nicht in Ruhe...sie
beschimpfen mich...und schau dir mal mein Zimmer an, Mam...es ist alles wieder
verwüstet...der Spuk...so mach doch diesem Spuk ein Ende...«
»Was für ein Spuk, Susan?
Wovon redest du denn, Kind? Hier ist doch alles in Ordnung... verstehst du mich ?«
»Nein! Du täuschst dich.
So komm doch...komm und schau es dir an! Ich zieh hier aus, Mam...ich bleibe
keine Stunde länger in diesem schrecklichen Haus .«
»Du bleibst hier !« entschied die Mutter mit Bestimmtheit. »Du träumst! Das
ist alles...Morgen früh wirst du aufwachen, und nichts von dem, was du jetzt zu
sehen oder zu hören meinst, ist da...«
Das Gezeter
>draußen<, jenseits der dicken Wände, dauerte an. Es entfernte sich
jedoch, so dass die
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