SGK232 - Feuerhexen über New York
irritierte.
»Bist du krank, Ethel ?«
Leises Lachen drang an ihr Ohr. »So kann man's auch nennen.
Liebeskrank... ich habe jemand kennengelernt. Der Mann ist wundervoll, Janet.
Ich werde heute abend nicht zur Versammlung gehen. Nein, es zieht mich wirklich
nicht hin. Eigenartig, nicht wahr?«
»Aber gerade du warst doch geradezu besessen von dem Gedanken, den
>Sie< wie keine andere uns so klar und deutlich vor Augen führte. Nur wer
regelmäßig kommt, nur wer die Gemeinschaft wirklich mit seinem ganzen Herzen
liebt, der alles andere aufgibt und sich freiwillig allem unterstellt, was sie
verlangt egal, was immer es auch sei wird zur Vollendung geführt werden. Er
wird die >Flamme der Erlösung< wie >Sie< es genannt hat wirklich in
sich spüren .«
»Du hast gut aufgepaßt, Janet. Aber irgendwann im Leben erkennt
man, daß es möglicherweise doch noch etwas gibt, was man nicht mit der Gruppe
teilen kann. Ein Geheimnis, ein Intimleben, die Liebe zu einem Mann. Das alles
führte dazu, daß ich vorige Woche zum letzten Mal auf der Versammlung gewesen
bin. Alles hat einen Anfang alles ein Ende. Die Zeit dort mit den Freundinnen
war herrlich. Ich habe viel gelernt und werde die Gemeinschaft nie ganz
aufgeben. Aber heute abend werde ich nicht hingehen! Ben hat mich eingeladen.
heute ist sein Geburtstag.
Ben ist noch im Dienst. Erst um zehn Uhr kommt er nach Hause. Dann
wollen wir gemeinsam ausgehen. Wir gehen ganz groß
essen .« Man merkte ihrer Stimme an, daß
sie sich darauf freute.
»Wer ist Ben ?« wollte Janet Sherman
wissen.
»Polizist. Er ist im 5. Revier tätig .«
»Nun, dann versteh' ich's. Bis vor zehn Minuten war ich mir auch
noch nicht schlüssig, ob ich heute abend kommen sollte oder nicht. Doch ich
glaub', ich geh'. Es zieht mich förmlich dorthin. >Sie< ist eine
faszinierende Frau und weiß genau, worauf es ankommt. Außerdem so hat sie doch
das letzte Mal versprochen will sie uns heute zeigen, was jene vermögen, die
sich am längsten in der Gemeinschaft aufhalten. Für sie gibt es dank ihres
erweckten Geistes keine Grenzen mehr, die sich unserem Körper setzen. Die
>Flamme der Erlösung< leuchtet bereits in ihnen, hat das Dunkel
vertrieben, und sie können das Licht, von dem >Sie< gesprochen hat,
überall, wo sie wollen, scheinen lassen. Wer >Sie< vollkommen
respektiert, wer >Sie< von Herzen liebt und sich ganz aufgibt, der ist in
der Lage, außergewöhnliche Taten zu vollbringen. Ich muß es einfach gesehen
haben. Komm' doch, Ethel! Ich würde mich freuen, wenn auch du dabei wärst .«
*
»Du hast ja richtig Feuer gefangen«, entgegnete die
Gesprächsteilnehmerin. »Wer mal dort war den zieht's immer wieder hin .« Sie seufzte plötzlich. »Seltsam so ganz sicher bin ich
mir auch nicht .«
»Wie meinst du das, Ethel ?«
»Ob ich zu Hause und auf Ben warten soll oder ob ich nicht doch.
ach«, machte sie plötzlich, »ich muß darüber nachdenken. So einfach ist das
nämlich nicht mit dem Wegbleiben .«
Sie schien plötzlich Skrupel zu bekommen, die Janet Sherman jedoch
einleuchteten. >Sie < , ihre Priesterin, war
bereit, alles zu geben, aber sie erwartete auch, alles zu bekommen, Ethel
Merchart ließ es offen, und Janet legte schließlich auf.
Einige Minuten lang war auch sie noch im Zweifel, ob sie die heutige
Versammlung besuchen sollte.
Es wäre dann das dritte Mal, daß sie sich dort aufhielt.
Sie zündete noch mal eine Zigarette an, rauchte sie jedoch nicht
zu Ende.
Janet Sherman verließ zehn Minuten nach dem Telefonanruf die
Wohnung, ließ sich mit dem Aufzug in die Tiefgarage bringen und fuhr wenig
später durch die belebten Straßen zwei Kreuzungen weiter, wo sie ihr Fahrzeug
ebenfalls in der Tiefgarage eines Wolkenkratzers parkte.
Fast zur gleichen Zeit mit ihr traf ein weiteres Fahrzeug ein, ein
Sportcabriolett, das eine junge, rothaarige Frau steuerte. Sie war eine grazile
Person mit grünen Nixenaugen. Janet wußte, daß es sich um eine Angehörige der
Sekte handelte. Sie hatte Ruth sofort erinnerte sie sich wieder an ihren Namen
die letzten beiden Male in der Gemeinschaft gesehen.
Zusammen fuhren die beiden Frauen mit dem Lift in die oberste
Etage.
Die große Wohnung bestand aus mehreren Räumen, die jedoch noch
niemand in der Gesamtheit gesehen hatte. Sie kannte nur den Versammlungssaal
und den gemütlichen Aufenthaltsraum, der wie ein blühender Dachgarten
eingerichtet war.
Es gab hier exotische Pflanzen, einen kleinen, künstlichen
Brunnen, eine Voliere, in
Weitere Kostenlose Bücher