SGK264 - Im Wartesaal der Leichen
seinem Leben.
Durch einen Zufall kamen Larry Brent und Iwan Kunaritschew in
diesen Minuten dahinter.
Aus den Kabinen der Dschunke drang heftiger Wortwechsel.
Thai Hong wandte den Kopf, ging einige Schritte vor zu der Luke im
Boden und brüllte nach unten, die beiden Streithähne sollten ihre
Auseinandersetzung sofort unterlassen.
»Da stimmt etwas nicht, Thai !« tönte es
aus der Luke zurück. »Hier sind zu wenig Kapseln. In meiner Sendung fehlen drei
Stück .«
»Das gibt es nicht !« brüllte Hong nicht
minder laut in die Kabine.
Aus dem Dialog, der sich entspann, konnten Larry und Iwan
entnehmen, mit welch unsauberen Geschäften Hong sich abgab.
Er schmuggelte Rauschgift, und zwar auf eine besondere Art und
Weise.
Er benutzte dazu Leichen. In die Körper der Toten wurden
Plastikkapseln eingelegt. Die Drogen wurden mit den zu bestattenden Körpern vor
allen nach Taiwan geschmuggelt, um von dort aus dann wieder den Weg in den
Westen zu finden.
Thai Hong war der Kopf einer Gangsterbande, die sich ganz auf
diesen Drogenschmuggel spezialisiert hatte. Hand in Hand arbeitete der Chinese
mit einem Bestattungsunternehmer, der ihm die Leichen lieferte, die auf die
Insel in das Totenhotel gebracht wurden.
Alles lief scheinbar seinen normalen Gang - doch in Wirklichkeit
wurden krumme Geschäfte größten Stils abgewickelt.
An Bord befanden sich zwei oder drei Tote, die in den Wartesaal
der Leichen gebracht werden sollten, und von dort; aus die Weiterreise nach
Taiwan anzutreten.
In der Auseinandersetzung kam heraus, daß mindestens drei
gelieferte Kapseln keinerlei Stoff enthielten.
Unter den Gangstern Thai Hongs selbst schien so etwas wie
Konkurrenzneid zu bestehen. Jeder wollte beweisen, daß er der beste Mann war.
Wahrscheinlich richtete sich danach die Prämie, die Hong zur Verteilung
brachte.
Es gelang ihm, die Auseinandersetzung zu schlichten. Larry und
Iwan, die die Sprache nur notdürftig beherrschten, konnten soviel daraus
entnehmen, daß Hong seinen Lieferanten dafür verantwortlich machte. Er hatte
die Kapseln entweder absichtlich oder aus Fahrlässigkeit nicht mit der
richtigen Füllung versehen.
»Ich werde mich darum kümmern. Sobald ich Gelegenheit dazu habe.
Aber jetzt fahren wir erst zur Insel, und bis dahin möchte ich mit meinen
beiden Gästen an Bord ins reine gekommen sein«, sagte er abschließend.
»Nun«, fuhr er fort, indem er sich wieder vor Brent und
Kunaritschew postierte. »Wie sieht's aus? Wer von euch bekommt den Mund am weitesten
auf? Derjenige, der es tut, dessen Schaden soll es nicht sein .«
Larry Brent und Iwan Kunaritschew wechselten einen raschen Blick.
X-RAY-3 entschloß sich, das offensichtliche Mißverständnis aufzuklären. Thai
Hong durfte nicht länger glauben, daß sie von einer Konkurrenz-Gang kamen, um
ihm die Felle wegzunehmen.
Larry sagte klipp und klar, wie die Dinge lagen.
»Die Tätowierung war nur ein Vorwand. Da hatten Sie recht. Als ich
keine Mitteilung von meinem Freund erhielt, mußte ich davon ausgehen, daß ihm
etwas zugestoßen sei. Deshalb tauchte ich bei Ihnen auf«, sagte Larry
abschließend. »Und es stellte sich heraus, daß ich recht hatte. Ich mußte also
einen Grund suchen herauszufinden, ob Sie möglicherweise etwas mit dem
Auftauchen der lebenden Leichen in Hongkong zu tun hatten. Denn einen Hinweis
gab es direkt durch Sie. Sie hatten behauptet, nachts einer begegnet zu sein .«
Thai Hong schüttelte den Kopf und fing fürchterlich an zu lachen.
»Das war ein Witz. Nichts weiter. Im Kreis von Freunden hatte ich an diesem
Abend einiges getrunken, und dabei kam auch die Rede auf diese verrückte
Geschichte, die zur Zeit in Hongkong grassiert. Ich habe dann einfach
behauptet, auch so einen lebenden Toten gesehen zu haben. Es macht sich immer
gut, wenn man der Polizei und der Presse etwas mitteilen kann. Das war
gleichzeitig eine schöne Reklame für meinen Laden .«
Er wurde schnell wieder ernst.
»Eine verrückte Geschichte! Ich glaube dir kein Wort davon. Nur um
das herauszufinden und mehr über die lebenden Leichen zu erfahren, habt ihr
euch an mich herangemacht ?«
»Ja! Es gibt Dinge im Leben, von denen manch einer nicht weiß, wie
riskant und bedrohlich sie sind, weil er ihnen den falschen Stellenwert gibt.
Und nun nehmen Sie uns die Fesseln ab! Das Mißverständnis ist geklärt !«
»Ich wäre ein Narr, würde ich das tun. Ich will doch mal sehen, ob
du auch bei deiner Behauptung bleibst, wenn ich mit dir ein kleines
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