SGK284 - Nacht im Horror-Hotel
könne er nicht glauben, dass es wirklich gefallen war. »Angeblich?! Wie kommen Sie
denn darauf, Monsieur de Calenque ?«
»Es gibt Ehemänner, die wollen ihre
Frauen gern los sein. Nichts einfacher, als zu behaupten, sie wären hier im
Hotel de Louis verschwunden. Kein Mensch kann etwas Genaues sagen, denn niemand
hat sie gesehen. Die Frauen sind einfach fortgegangen und nie wieder gekommen.
Vielleicht haben Sie Ihre Frau getötet, Monsieur ?«
Jedes einzelne Wort war mit Bedacht
auf Wirkung gesprochen. Und die verfehlten sie nicht. Wie Hammerschläge wirkten
sie auf ihn.
Irrsinn! Er hatte es in diesem Haus
offenbar mit lauter Verrückten zu tun! In Delibre kochte es vor Wut. Langsam fing er an seinem eigenen Verstand, seinem
Wahrnehmungsvermögen zu zweifeln an.
Erst das komische Verhalten des Obers.
Weshalb war er eigentlich nicht mehr zurückgekommen? Und wo befand er sich
jetzt? ... Dann die merkwürdige Anspielung, auf ihn gemünzt
...
»Gut«, sagte er scharf, »ich habe
verstanden. Nun, Monsieur de Calenque , Sie werden
sicher Verständnis dafür haben, dass ich eine derart
ungeheuerliche Verdächtigung nicht auf mir beruhen lasse... ich werde auf der Stelle die Polizei benachrichtigen. Sie wird schon
feststellen, wo meine Frau geblieben ist, was sich wirklich hier zugetragen
hat. Ich nehme an, Sie haben nichts dagegen, wenn ich Ihr Telefon benutze ?«
»Aber nein, Monsieur,
selbstverständlich nicht«, grinste der Alte. Er sah abscheulich aus. In seinen
Augen blitzte es bösartig. »Sie können das natürlich tun, wenn Sie in der Lage
dazu sind .«
»In der Lage dazu sein - wie soll ich
das verstehen ?«
»Versuchen Sie Ihr Glück, Monsieur!
Manchmal fällt das Telefon hier aus. Wir sind sehr weit außerhalb, da können
solche Dinge schon mal passieren. Meistens dauert es dann sechs oder acht Tage,
ehe jemand vorbeikommt, um den Schaden zu beheben ...«
»Auch unter diesen Umständen werde ich
einen Weg finden, Monsieur de Calenque ... dann fahre
ich mit meinem Wagen zur nächsten Polizeistation und werde den ganzen Vorgang
zu Protokoll geben. Ich habe nichts zu befürchten .«
»Sie können nur wegfahren, wenn es
möglich ist«, sagte de Calenque einfach, ohne auf
seine letzte Bemerkung einzugehen.
Delibre legte seine Stirn in Falten.
»Es wird mich niemand daran hindern«,
sagte er eisig.
»Vielleicht können Sie gar nicht mehr
weg, wer weiß ...«
Da war es Frederic Delibre zu bunt, weiter den Dialog mit diesem Irren fortzusetzen. Er machte auf dem
Absatz kehrt und wollte zur Tür, die er vorhin durchschritten hatte. Wieder war
es ihm einen Augenblick lang, als würde er den Halt und den Boden unter den
Füßen verlieren, und er kam sich vor wie ein Betrunkener.
Er erreichte die Tür und drückte die
Klinke...
»Abgeschlossen ?« fragte er verwirrt. Er warf sich mit seinem ganzen Körpergewicht dagegen und
versuchte gewaltsam zu öffnen.
Das Holz war massiv. Er schaffte es
nicht.
»Ich sagte es Ihnen doch, Monsieur ...
manchmal passieren hier merkwürdige Dinge. Entweder das Telefon fällt aus oder
Türen lassen sich nicht mehr öffnen. Damit muss man
hier rechnen...« Das Lachen, das seinen Worten folgte, war widerwärtig.
Frederic Delibre presste die Hände gegen seine Ohren. Doch das Lachen
erreichte ihn trotzdem ...
Er wandte sich um und wollte de Calenque ins Gesicht schreien.
Was er sah, traf ihn wie ein
Keulenschlag.
In der zwielichtigen Atmosphäre des
Zimmers stand ihm nicht mehr nur Louis de Calenque gegenüber. Mehrere Personen hielten sich auf, die er bisher nicht wahrgenommen
hatte, die lautlos wie die Pilze aus dem Boden gewachsen zu sein schienen!
Die Fremden - insgesamt waren es
sieben, darunter der Ober Gilbert - saßen an dem ovalen Tisch und hielten sich
wie bei einer spiritistischen Sitzung an den Händen.
Plötzlich ging die Tür auf der anderen
Seite des Raumes auf.
Delibre erstarrte.
Aus dem Halbdunkeln kam - wie in
Trance - Constanze!
Sie war splitternackt, und um ihre
Lippen spielte ein geheimnisvolles, wissendes Lächeln.
Dann ging schlagartig das Licht aus,
der letzte Rest von Helligkeit verschwand, als wäre der Mond auf die Erde
gestürzt. Und das Grauen schlug über Frederic Delibre zusammen wie eine Woge . . .
*
Die dünnen Fäden - so stark wie Spaghettis - quollen lautlos und schnell aus den
Fingerkuppen.
Wie hypnotisiert schloss Robert McCloy die Tür zur Garderobe auf, in der seine
Utensilien untergebracht waren. Larry Brent legte
Weitere Kostenlose Bücher