SGK284 - Nacht im Horror-Hotel
die fast bewusstlose Glenda auf das schmale Sofa. McCloys Augen waren weit
aufgerissen. Er konnte den Blick nicht von den dünnen Strängen wenden, die den
Körper seine Frau verließen und ein seltsames Gebilde formten. Die Fäden
vereinigten sich und nahmen Gestalt an.
»Um Himmels willen...«, stammelte er
voller Entsetzen. »Was hat das zu bedeuten? Was ist das ?«
»Sogenanntes Tele- oder Ektoplasma«,
antwortete Larry Brent.
McCloy sah ihn zweifelnd an und schien nicht
genau zu wissen, was Brent damit sagen wollte.
» Ekto - oder
Teleplasma ist jene feinstoffliche Substanz, die bei medial veranlagten
Personen dann auftritt, wenn es zu einem paranormalen Vorgang kommt, wenn sich
beispielsweise eine Materialisation ankündigt. Es handelt sich um ein
schleierartiges oder fadenähnliches Gebilde, geschaffen vom Unbewussten einer Person .«
»Aber wie kommt... meine Frau in einen
... solchen Zustand ?«
»Ich weiß es nicht. Nur sie allein
kann es sagen, vorausgesetzt, dass sie jetzt noch
darüber sprechen kann ...«
Glenda McCloys Zustand ließ sich nur schwer beschreiben. Larry, der seine Erfahrungen mit
übersinnlichen Phänomenen gemacht hatte, sah, dass sie offensichtlich gegen die Kraft ankämpfte, die sich ihrer bemächtigt hatte,
andererseits aber auch wieder nachgab, als sei es wichtig, mit dem unbekannten
Etwas, das sich mit dem Plasma bildete, Kontakt aufzunehmen.
Wie eine Wolke bildeten sich die Umrisse
einer Gestalt und schwebten über der auf dem Sofa Liegenden.
Die Irin schien die beiden Männer noch
wahrzunehmen, lächelte schwach und entrückt.
»Keine Angst... wird alles gut werden
... Robert, armer Robert...«
Dann nahm sie ihre Umgebung nicht mehr
wahr und war völlig entrückt.
»Sie befindet sich in Trance«,
murmelte Larry.
Er hatte schon viel erlebt, doch ein
derart spontanes Phänomen hatte er nie beobachten können.
Glenda McCloy war ein Medium der besonderen Klasse!
Ihre Augen waren weit geöffnet, die
Pupillen wirkten riesengroß. Aber Glenda sah ihren Mann Robert und Larry Brent
nicht mehr.
Ihre ganze Kraft strömte nun in die
Materialisation, deren Oberkörper wie eine Wolke über Glenda schwebte.
Es handelte sich um die Umrisse eines
Mannes.
»Licht aus«, flüsterte Larry, als er
sah, wie sich die Unruhe bei Glenda und der Materialisation verstärkte. Robert McCloy war dem Schalter am nächsten und betätigte ihn.
In der Dunkelheit zeichnete sich die Ektoplasmamasse als helles Gebilde ab.
»Wer sind Sie ?« fragte Larry.
Seine Stimme war noch nicht
verklungen, da ertönte eine andere. Die Worte kamen aus Glenda McCloys Mund. Aber sie sprach nicht in ihrer Sprache - sie
redete französisch!
»Helft...«, hörte man es aus Glendas
Mund. Dunkel, männlich. Eine Stimme voller Qual. »Kommt... ich brauche Hilfe
... werde sterben ...«
Larry, der sich in der französischen
Sprache recht gut ausdrücken konnte, verstand jedes Wort.
»Wer sind Sie ?« fragte er abermals, als eine kleine Pause eintrat.
Keine Antwort erfolgte.
»Wo kommen Sie her ?«
»Am Meer... Bretagne ...«, meldete
sich da die Stimme wieder.
»Sie kommen aus dem Jenseits zu uns«,
betonte Brent jedes einzelne Wort. »Wie können Sie von sterben reden, wenn Sie
schon tot sind ... Was wollen Sie wirklich von uns? Was von Missis McCloy ?«
X-RAY-3 hoffte auf diese Weise einen
Schritt vorwärts zu kommen.
»Er hält meine Seele gefangen... in
seinem Haus«, sagte die fremde Männerstimme gequält.
»Wer hält Ihre Seele gefangen ?«
»Sein Name ... sein Name ... ist nicht
mehr fassbar ... niemand darf und kann sich je an ihn
erinnern ...«
»Dann nennen Sie uns Ihren ?« schaltete X-RAY-3 sofort.
»Ich bin Marcel...»
»Wer sind Sie, Marcel ?«
Keine Antwort, als hätte die Frage ihn
nicht erreicht.
»Helft mir !« tönte die Stimme des Fremden dann erneut.
»Wie können wir Ihnen helfen ?«
»Christine hat das Geheimnis entdeckt
...«
»Welches Geheimnis? Wer ist Christine ?« Larry redete schnell. Er sah, dass die Umrisse der Ektoplasmagestalt langsam
undeutlicher wurden. Die geheimnisvolle fluide Substanz verlor an Volumen.
»Christine . .. Louson ... sie ist die Erbin, die vergebens dagegen angekämpft hat...«
»Gegen was gekämpft?«
»Gegen ... ihn, der das Haus wirklich
besitzt, mich nicht mehr loslässt ...«
»Sein Name?«
Larry Brent riskierte einen neuen
Vorstoß. Die Zeit drängte. Er wurde hier durch einen Zufall Zeuge eines
wichtigen Geheimnisses, einer Botschaft, die
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