Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
gesagt, dass es wahrscheinlich Chan war, oder?« Della hatte anscheinend die ganze Zeit gelauscht.
Kylie schaute Della an. »Nein, habe ich nicht.«
»Wer ist denn Chan?«, wollte Miranda wissen.
»Niemand«, zischte Della. »Kümmere dich gefälligst um deinen eigenen Kram.« Offensichtlich wollte Della nicht, dass bekannt wurde, dass ihr missratener Cousin die wichtigste Camp-Regel gebrochen hatte: keine unerlaubten Besuche. Das galt besonders für diejenigen, die gegen die Bemühungen der FRU waren, die Übernatürlichen zu regieren.
Miranda sah unzufrieden aus.
»War es denn Chan?«, fragte Kylie, und es war ihr egal, dass Miranda zuhörte. Kylie verstand Dellas Loyalität gegenüber Chan. Er war damals der Einzige gewesen, der Della bei der schmerzhaften Verwandlung beigestanden hatte. Trotzdem war es naheliegend, dass Chan, der die Regel schon einmal gebrochen hatte, dies auch wieder tun würde.
»Ich hab dir doch gesagt, dass er nicht zurückkommt«, antwortete Della schnippisch.
»Aber wie kannst du dir da so sicher sein?« Kylie fiel wieder ein, wie sie sich gefürchtet hatte, als sie im Wald auf Dellas ätzenden Cousin getroffen waren. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Nur weil Della glaubte, dass Chan keine Bedrohung war, hieß das ja nicht, dass es stimmte. Wer sagte denn, dass er nicht doch einer der Blutsbrüder war.
»Weil ich ihm vertraue, so wie ich nur wenigen Menschen vertraue. Ich dachte, du und Miranda ihr wärt meine Freunde. Ich verlange doch nur, dass ihr die Tatsache respektiert, dass das heute Abend wichtig für mich war. Dass –«
Kylie platzte der Kragen. »Verdammt nochmal, Della. Warum muss es denn immer nur um dich gehen?« Da bemerkte Kylie Dellas Blick. Es war derselbe Blick, den Della hatte, wenn ihre Eltern zu Besuch kamen. Der Blick, der bedeutete, dass Della sich wie ein Außenseiter fühlte.
Kylie schluckte ihren Ärger hinunter. »Ich wollte dich doch respektieren. Ich bin einfach durchgedreht, okay?«
»Warum?« Della klang immer noch sauer, aber in ihrem Blick lag Schmerz.
»Warum was?«, fragte Kylie zurück, obwohl sie genau wusste, was Della gemeint hatte. Sie brauchte nur noch ein paar Sekunden, um zu überlegen, wie sie es ihr am geschicktesten beibringen sollte.
Della machte einen Schritt auf sie zu. »Du bist ausgeflippt, weil du Angst hast, ein Vampir zu sein, stimmt’s? Du denkst, ich bin ein Monster, oder? Du hast Mega-Schiss, dass du vielleicht so sein könntest wie ich. Deshalb bist du doch durchgedreht, oder?«
Kylie öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus. Wahrscheinlich, weil sie Della sowieso nicht anlügen konnte. Als Vampir würde sie das auf jeden Fall merken. Della machte auf dem Absatz kehrt. Kylie machte Anstalten, sie aufzuhalten, aber Della war bereits verschwunden.
»Wo ist sie hin?« Kylie suchte den Speisesaal mit den Augen ab, konnte sie aber nicht sehen. Der Raum war voller Jugendlicher, die aufgeregt umherliefen.
»Lass sie gehen, sie beruhigt sich wieder«, sagte Miranda.
»Das kann ich nicht.« Kylie wusste, wie verletzt Della war.
Schließlich entdeckte Kylie doch noch Dellas nachtschwarze glatte Haare hinter einer Gruppe von Gestaltwandlern. Kylie ging zu ihr rüber.
Miranda folgte ihr. »Jetzt mal ernsthaft, warum lässt du ihr nicht ein bisschen Zeit?«
»Verschwinde«, knurrte Della, noch bevor Kylie bei ihr angekommen war.
»Nein.« Kylie blieb standhaft.
Dellas Augen glühten in einem wütenden Goldton. Sie hob ihre Oberlippe nur ganz leicht, aber weit genug, dass ihre langen Eckzähne entblößt wurden. Früher hätte sich Kylie bei diesem Anblick in die Hosen gemacht, aber das war lange her. Della jagte ihr keine Angst mehr ein.
»Ich glaube doch nicht, dass du ein Monster bist«, sagte Kylie beschwichtigend. »Aber das heißt ja nicht, dass ich nicht trotzdem Angst davor habe.«
»Lügnerin«, knurrte Della.
»Ich lüge nicht. Du kannst meinen Herzschlag checken, wenn du willst«, beharrte Kylie. »Los, hör dir mein Herz an, dann wirst du schon sehen, dass ich nicht lüge.«
Della machte Anstalten, wegzugehen, doch Kylie packte sie am Ellenbogen. »Wehe, du gehst jetzt einfach weg«, drohte Kylie.
»Lass mich los.« Dellas Stimme war rau. Als Kylie sie nicht losließ, fuhr sie herum, die Augen glühten und ihre Zähne waren vollständig entblößt.
Kylie hörte, wie ein Raunen durch die Menge ging. Der Streit hatte offensichtlich für Aufmerksamkeit gesorgt. Della hatte es anscheinend auch
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