Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
schon wunden Punkt. Und die Tatsache, dass er von ihr erwartet hatte, dass sie ihre Mutter über seinen Beziehungsstatus informierte, brachte das Fass zum Überlaufen.
Sie richtete den Zeigefinger auf ihn. »Wage es ja nicht, mich noch einmal zu benutzen, um dich an meine Mom ranzumachen!«
»Ich dachte …«
»Dann hör auf, zu denken!« Sie schmiss die Tür mit voller Wucht ins Schloss. Das Haus erbebte. Das kleine Glasfenster im Türrahmen zerbrach in tausend Scherben. Durch das zerbrochene Fenster sah sie noch den entsetzten Gesichtsausdruck ihres Dads, bevor er sich davonmachte.
Sie atmete tief ein.
Sie atmete tief aus.
Dann lief sie, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch, um nach ihrer Mom zu sehen.
Kylie brauchte eine ganze Stunde, um ihre Mom zu überreden, doch noch mit ihr Pizza essen zu gehen. Sie versuchte vergeblich Trey zu erreichen, weil sie endlich wissen wollte, was so wichtig war, dass der Geist eine Nachricht an jeden im Raum des Geisterhauses geschickt hatte. Als sie gerade beim Essen im Pizza Palast waren und Kylie immer noch nicht ihre gute Laune von vorher wiedergefunden hatte, fing ihr Handy an zu quaken.
»O Schatz«, sagte ihre Mutter. »Ändere doch bitte den Klingelton.« Sie schlang die Arme um den Oberkörper und rief dem Kellner zu: »Könnten Sie bitte die Klimaanlage etwas runterdrehen?«
Kylie schnappte sich ihr Handy. Sie hatte keinen Anruf verpasst, aber dafür hörte sie eine alte Mailbox-Nachricht.
»Hi Kylie, hier ist Sara. Es tut mir leid, dass ich so schnell auflegen musste. Ich … ich musste mich um etwas kümmern. Hör mal, ich würde mich echt freuen, wenn wir uns sehen könnten, wenn du heimkommst. Bitte, ruf mich mal an.«
»Wer war das?«, fragte ihre Mom und fügte mit gesenkter Stimme hinzu. »Dein Vater?«
»Nein. Eine Nachricht von Sara.«
Kylie starrte auf ihre Pizza und ihr wurde mulmig zumute. »Mom, wäre es für dich okay, wenn ich nach dem Essen zu Sara fahre?«
»Hi Kylie«, begrüßte sie Mrs Jetton eine Stunde später. »Sara wird sich so freuen, dich zu sehen.«
Kylie musterte Saras Mutter. Ihre Augen waren gerötet und ihr Gesicht ganz blass. Die leicht ehrfürchtige Stimmung im Haus ließ bei Kylie alle Alarmglocken schrillen.
»Sie ist in ihrem Zimmer«, sagte Mrs Jetton.
Kylie war kurz davor zu fragen, was denn los war, aber vor lauter Sorge um ihre ehemals beste Freundin hatte es ihr die Sprache verschlagen. Der kurze Weg vom Wohnzimmer bis zu Saras Zimmertür rief in Kylie unzählige Kindheitserinnerungen wach. Und aus irgendeinem Grund machten sie diese Erinnerungen traurig.
»Du musst sie retten. Du musst sie retten.« Die Worte des Geistes gingen ihr wieder durch den Kopf. Sie schluckte und sagte sich, dass sie wohl überreagierte und schon alles okay sein würde.
Die Tür zu Saras Zimmer stand offen und als Kylie Sara erblickte, blieb ihr vor Schreck die Luft weg.
Sara sah … schrecklich aus. Sie war so blass, dass Kylie erst mal überprüfte, ob sich ihr Brustkorb hob und senkte. Atmete sie überhaupt noch?
Sara öffnete die Augen. »Sie hat es dir gesagt, oder?«
Kylie wischte sich mit beiden Händen die Tränen von den Wangen. »Was hat sie mir erzählt?«
»Was der Doktor … Wenn sie es dir nicht … warum weinst du dann?«
»Ich freu mich nur, dich zu sehen.« Sie versuchte zu lächeln.
»Du warst schon immer ein super schlechter Lügner.« Sara zog die Decke höher. »Mom, kannst du die Klimaanlage runterdrehen, bitte? Es ist voll kalt hier.«
»Schatz, das hab ich doch schon gemacht«, rief ihre Mutter aus dem Wohnzimmer. »Ich hab schon den Elektriker angerufen, die Klimaanlage muss wieder kaputt sein.«
Ein Fotoalbum auf Saras Nachttisch fiel plötzlich zu Boden.
Kylie hob es auf. Sie war nicht erstaunt, als sie das Gesicht auf einem der Fotos erkannte. Dann schaute sie hoch und sah den Geist der Frau am Fußende von Saras Bett sitzen. Sie war wieder frei von Spaghetti und trug auch nicht mehr das blutgetränkte Nachthemd. Aber ihr Blick war noch genauso finster.
»Wer ist das da?« Kylie zeigte mit dem Finger auf die Frau auf dem Foto. Sara lehnte sich nach vorn, um etwas zu sehen. Es schien ihr Schmerzen zu bereiten. »Das ist meine Großmutter. Sie ist gestorben, als ich vier war. Sie hatte den gleichen Krebs wie ich. Seltsam, oder?«
Krebs. Bei dem Wort hielt Kylie die Luft an, und ihre Lippen begannen zu zittern, was sie mit viel Mühe unterdrückte. Sie schaute den Geist an.
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