Shadow Falls Camp - Erwählt in tiefster Nacht: Band 5 (German Edition)
änderte sich schlagartig die Stimmung. »Ich weiß, du hast die ganze Nacht noch nicht geschlafen, aber die Statistik besagt, dass man mit jeder Stunde, die man wartet, mehr Details vergisst.«
Kylie saß auf dem Sofa neben Holiday und nickte. »Ich weiß.« Sie biss sich auf die Unterlippe und versuchte, ihre ganze Konzentration wieder auf das, was passiert war, zu lenken. Als Erstes berichtete sie von Mario und seinem Abgang, inklusive Drohung. Dann ging sie zurück zum Anfang, als Jenny an ihr Fenster gekommen war, und erzählte den Rest chronologisch.
Das Einzige, was sie ausließ, war die Tatsache, dass Jenny Hayden Yates’ Schwester war. Kylie war nicht einmal sicher, ob Burnett schon wusste, dass Hayden ein Chamäleon war. Sie erzählte ihm dann, wie Derek im Wald aufgetaucht war. Sie erzählte ihm auch von der unsichtbaren Person, die sie gehört hatten, als sie gerade fliehen wollten. Und sie machte deutlich, dass sie davon ausging, dass es ihr Großvater gewesen war, der nachsehen wollte, ob es ihr gutging. Sie glaubte nicht, dass er sie zurückhalten wollte.
»Aber du hast nicht mit ihm gesprochen, oder?«, fragte Burnett. »Also kannst du dir auch nicht sicher sein, dass er es war oder dass er nicht doch hinter der Verschwörung steckt.«
Kylies Miene verfinsterte sich. »Ich kenne meinen Großvater. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so etwas tun würde. Jenny meinte auch, er sei anders als die anderen Ältesten. Und ich will ihn nicht als Feind betrachten müssen.«
Burnetts Kieferknochen spannten sich an. »Du bist ihm sehr wichtig, Kylie. Das hab ich neulich bei unserem Gespräch bemerkt. Aber er hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er mir und Shadow Falls nicht vertraut. Er könnte sein Tun durchaus damit rechtfertigen, dass er dein Leben in Gefahr gesehen hat. Er denkt sicher, er würde nur in deinem Interesse handeln, doch er liegt falsch. Und auch wenn ich weiß, dass es schwer für dich ist, das zu akzeptieren, aber … wir können ihm nicht mehr vertrauen.«
Burnetts Aussage ließ sie innerlich zusammenzucken. Sie konnte seinen Standpunkt durchaus nachvollziehen, doch sie konnte nicht ignorieren, was ihr Herz ihr sagte. Und ihr Herz sagte ihr nun mal, dass ihr Großvater nicht hinter der Verschwörung steckte.
»
Du
kannst ihm nicht vertrauen«, erwiderte Kylie. »Ich hab meine eigene Meinung. Und wieso hältst du dich überhaupt so lange mit ihm auf, wo doch Mario der wahre Feind ist?«
»Mir ist schon klar, wer hier der Feind ist«, entgegnete Burnett. »Aber dank der Aktion deines … der Leute deines Großvaters hat dich Mario beinahe in die Finger bekommen.«
»Sie hatten doch nichts damit zu tun, dass Mario aufgetaucht ist.«
»Das stimmt, aber sie hatten sehr wohl etwas damit zu tun, dass du dich in einer so verwundbaren Situation befunden hast.«
»
Ich
hab doch die Entscheidung getroffen, wegzulaufen.« Kylie knetete nervös die Hände im Schoß.
»Meinst du nicht, das reicht für heute?«, ging Holiday dazwischen. »Lass uns an dieser Stelle aufhören und morgen früh weiterreden.«
Burnett warf Holiday einen missbilligenden Blick zu. Dann ging er vor Kylie auf die Knie und legte seine große Hand auf ihre gefalteten Hände. Seine Berührung war zwar kalt, aber fürsorglich. Kylie musste schlucken. Als sie ihn anschaute, konnte sie in seinen Augen sehen, wie er mit sich rang. Am liebsten würde er nur Anweisungen geben und das Sagen haben. Doch auf der anderen Seite wollte er auch tun, was Holiday sich von ihm wünschte, nämlich, dass er Kompromisse einging und nicht nur Befehle gab.
Kylie senkte den Blick auf seine Hand und wusste, dass Burnett es nur gut meinte. Er wollte ihr helfen. Doch war das nicht auch genau das, was ihr Großvater wollte?
»Kylie, ich weiß, das alles ist schwer für dich«, setzte Burnett an. »Glaub mir, das weiß ich. Aber du musst mir jetzt versprechen, dass du nicht weglaufen wirst, um deinen Großvater zu treffen.« Er drückte leicht ihre Hände. »Bitte. Wenn du mir das nicht versprichst, werde ich keine ruhige Minute mehr haben.«
»Ich verspreche es.« Sie konnte ihm diese Bitte nicht abschlagen, nicht wo er sie schon beinahe darum anflehte. Doch tief in ihrem Herzen hatte sie Zweifel, ob das die Wahrheit war und wenn nicht, ob Burnett es gemerkt hatte. Oje, sie hoffte wirklich, dass ihr Großvater sie nicht bitten würde, ihn zu treffen. Sie wusste nicht, ob sie es schaffen würde, ihm abzusagen. Sie fühlte sich hin- und
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