Shadow Falls Camp - Geboren um Mitternacht: Band 1 (German Edition)
sich Kylie umschaute, sah sie einige Jugendliche mit Tattoos oder mit kurzrasierten Haaren. Und jede Menge Gothic-Anhänger. Bei Problem-Kids war Schwarz wohl alles andere als out.
Ein ungutes Gefühl machte sich in Kylie breit. Vielleicht hatte sie zu viel Zeit mit Sara verbracht, aber es war doch deutlich zu erkennen, dass sie nicht hierher passte. Und im Gegensatz zu Sara wollte Kylie nicht immer und mit allen Mitteln zu einer Gruppe gehören.
Zwei Monate. Nur zwei Monate. Sie betete die Worte still vor sich hin. In zwei Monaten war sie wieder weg.
Kylie folgte dem Blonden zu einem leeren Tisch weiter hinten. Und als sie dort ankam, merkte sie, dass die Leute aus ihrem Bus alle zusammengeblieben waren. Sie fühlte sich ihnen zwar nicht wirklich zugehörig – mit einigen hatte sie bisher nicht einmal Blickkontakt gehabt –, aber wenn sie es sich recht überlegte, waren Freaks, die sie kannte, besser als Freaks, die sie nicht kannte.
Plötzlich fühlte Kylie, wie sich immer mehr Leute umdrehten und sie anschauten. Oder sahen sie die ganze Gruppe an? Die Blicke der Menge wurden zu einer Collage aus kaltem Starren – mit verschiedenfarbigen Augen, aber mit ähnlichem Ausdruck und einigen hochgezogenen Augenbrauen.
Total irritiert schaute sie zu Derek, dann zu Miranda und sogar zu der Blassen und dem Blonden und, verdammt nochmal, sie machten das alle. Das mit den Augenbrauen. Es war nicht wie in einem Cartoon oder so, nicht so auffällig wie Saras übertriebene Grimasse mit Augenrollen und Stirnrunzeln, sondern nur ein kleines Hochziehen.
Wie Derek es an der Raststätte gemacht hatte.
Was sollte das nur?
Sie schaute wieder in die Menge. Sie unterdrückte den Wunsch, den Blick zu senken, und hielt dem Starren stand. Sie wollte nun wirklich nicht als der Angsthase der Gruppe gelten. Der, auf dem jeder herumhackte. Und wenn sie das wie Sara werden ließ, dann sollte es eben so sein.
»Sieht so aus, als wären wir jetzt komplett«, sagte eine weibliche Stimme weiter vorn.
Kylie versuchte, das Gesicht zu der Stimme zu finden, blieb aber an einem anderen starrenden Blick hängen – kalte, hellblaue Augen, die sich irgendwie von den anderen abhoben. Kylie musste sich zwingen, von dem Blick loszukommen, und bemerkte die rabenschwarzen Haare des Jungen. Und genau in dem Moment fiel es ihr ein.
Sie erinnerte sich an ihn.
Sie erinnerte sich an … ihre Katze.
»Das kann nicht sein«, murmelte sie leise.
»Was kann nicht sein?«, fragte Derek.
»Nichts.« Kylie zwang sich nach vorn zu schauen, wo die Frau mit schon fast singender Stimme sprach.
»Willkommen im Shadow Falls Camp. Wir sind …«
Die Frau war so Mitte zwanzig und hatte lange rote Haare, die ihr fast bis zur Hüfte reichten. Sie trug Jeans und ein leuchtend gelbes T-Shirt. Neben ihr stand eine Frau im gleichen Alter, aber, was für ein Wunder, sie trug Gothic-Klamotten. Alles in Schwarz, sogar ihre Augen schienen schwarz zu sein. Irgendjemand sollte hier mal dringend ein Modemagazin abonnieren.
Kylie drehte sich zu dem Gothic-Girl aus ihrem Bus um. Es starrte die Frau bewundernd an.
»Mein Name ist Holiday Brandon, und das hier ist Sky Peacemaker.«
In dem Moment öffnete sich die Hüttentür, und zwei Männer kamen herein. Sie sahen aus wie Rechtsanwälte oder so etwas in der Art, mit ihren identischen schwarzen Anzügen.
Kylie beobachtete die beiden Frauen und sah, wie sich beim Anblick der Besucher ihr Blick verfinsterte. Sie hatte den Eindruck, dass sie nicht mit den Männern gerechnet hatten. Mehr noch, dass sie sogar unwillkommen waren.
Sky, die Leiterin im Gothic-Look, ging hinüber und führte die Männer wieder hinaus, während Holiday fortfuhr. »Okay«, sagte sie mit Singsang-Stimme, »zuerst teilen wir uns in zwei Gruppen auf. Alle, die schon einmal hier waren, gehen nach draußen. Dort werden euch eure Stundenpläne und Hüttenzuteilungen ausgehändigt. Wie immer sind unsere Camp-Regeln in den Hütten aufgehängt. Wir erwarten von euch, dass ihr sie lest – und einhaltet. Und dass eins schon mal klar ist: Wir werden die Hüttenbelegung nicht ändern. Ihr seid hier, um miteinander klarzukommen, und das werdet ihr auch. Wenn es ernsthafte Probleme gibt, kommt zu uns, und wir reden darüber. Aber erst nachdem vierundzwanzig Stunden vorbei sind. Und weil wir es hier nicht so genau nehmen, sagt ruhig ›du‹ zu uns. Irgendwelche Fragen?«
Jemand in der ersten Reihe hob die Hand. »Ja«, sagte eine Mädchenstimme in den Raum
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