Shadow Falls Camp - Geboren um Mitternacht: Band 1 (German Edition)
entfernt.
Seltsam.
So seltsam, dass ihr ein unnatürlich kalter Schauer den Rücken hinablief – genau wie bei der Beerdigung ihrer Großmutter.
Was zum Teufel war hier los?
2. Kapitel
Eine Stunde später kam Kylie mit Rucksack und Handtasche über der Schulter die Treppe herunter.
Ihre Mutter fing sie am Eingang ab. »Alles okay bei dir?«
Wie konnte alles okay sein? »Ich lebe noch«, gab Kylie zurück. Das konnte sie von ihrer Großmutter nicht behaupten. Plötzlich hatte Kylie wieder den lila Lippenstift vor Augen, den der Bestatter ihrer Großmutter aufgetragen hatte. Warum habt ihr das nur zugelassen? , hörte Kylie ihre Oma fragen.
Der Gedanke ließ Kylie schaudern. Schnell sah sie zu ihrer Mutter.
Die starrte auf Kylies Rucksack, und die steile Sorgenfalte erschien wie üblich zwischen ihren Augen. »Wo gehst du hin?«, wollte sie wissen.
»Du hast doch gesagt, ich kann bei Sara übernachten. Oder hast du das vergessen, weil du zu sehr damit beschäftigt warst, Dads Unterhosen zu grillen?«
Ihre Mutter ignorierte den Kommentar. »Was macht ihr denn heute Abend?«
»Bei Mark Jameson ist heut ’ne Party, weil endlich Ferien sind.« Nicht, dass Kylie deswegen nach Feiern zumute gewesen wäre. Nachdem Trey mit ihr Schluss gemacht hatte und ihre Eltern sich scheiden ließen, war Kylies Sommer sowieso im Arsch. Und wie es aussah, würde bestimmt noch jemand vorbeikommen und noch eins draufsetzen.
»Sind seine Eltern zu Hause?« Ihre Mutter zog eine dunkle Augenbraue hoch.
Kylie zuckte innerlich zusammen, aber äußerlich blinzelte sie nicht einmal. »Sind sie das nicht immer?«
Gut, hatte sie eben gelogen. Normalerweise ging sie genau aus diesem Grund nicht zu Mark Jamesons Partys. Aber egal, brav zu sein hatte sie offensichtlich auch nicht weitergebracht. Sie hatte auch mal etwas Spaß verdient, oder?
Mal davon abgesehen: hatte ihre Mutter nicht auch gelogen, als ihr Vater sie nach seinen Unterhosen gefragt hatte?
»Was, wenn du wieder einen deiner Träume hast?« Ihre Mutter berührte Kylies Arm. Eine kurze Berührung. Das war alles, was Kylie derzeit von ihrer Mutter bekam. Keine langen Umarmungen wie die ihres Vaters. Keine Mutter-Tochter-Ausflüge. Nur Unnahbarkeit und kurze Berührungen. Sogar als Oma, die Mutter ihrer Mutter, gestorben war, hatte sie Kylie nicht umarmt. Und Kylie hatte damals wirklich eine Umarmung gebraucht. Aber es war ihr Dad gewesen, der sie in den Arm genommen und es zugelassen hatte, dass sie Wimperntusche auf sein Jackett geschmiert hatte. Und jetzt war Dad fort – er und all seine Jacketts.
Kylie holte tief Luft und umklammerte ihre Handtasche. »Ich habe Sara schon gewarnt, dass ich laut schreiend aufwachen könnte. Sie meinte, sie würde mich dann einfach mit einem Holzkreuz pfählen und mich wieder ins Bett schicken.«
»Vielleicht solltest du alle Kreuze verstecken, bevor ihr schlafen geht.« Ihre Mutter bemühte sich um ein Lächeln.
»Das werd ich tun.« Für einen kurzen Moment zögerte Kylie, ihre Mutter allein zu lassen, wo Dad sie doch heute verlassen hatte. Aber wem machte sie eigentlich etwas vor? Ihrer Mutter würde es schon gutgehen. Nichts konnte der Eiskönigin etwas anhaben.
Vor dem Rausgehen warf Kylie noch einen Blick aus dem Fenster. Nur um sicherzugehen, dass sie nicht gleich von einem Typ in Armeeklamotten angefallen werden würde.
Der Garten schien frei von Stalkern zu sein. Kylie lief aus dem Haus, in der Hoffnung, dass die Party sie vergessen lassen würde, wie beschissen ihr Leben gerade war.
»Hier, für dich. Musst es ja nicht trinken, halt dich einfach dran fest.« Sara Jetton drückte Kylie ein Bier in die Hand und verschwand sofort wieder.
Mit mindestens dreißig anderen Teenagern, die alle auf einmal redeten, stand Kylie in Mark Jamesons Wohnzimmer gequetscht und hielt sich tatsächlich an der eiskalten Flasche fest. Als sie sich umsah, erkannte sie fast alle aus der Schule. Und wieder ging die Türklingel. Offensichtlich war das die coolste Party des Abends. Dieser Meinung schienen jedenfalls all ihre Mitschüler von der Highschool zu sein. Jameson war dafür bekannt, dass er die wildesten Partys der Stadt schmiss. Er war im Abschlussjahrgang, und seinen Eltern war anscheinend alles egal.
Schon zehn Minuten später war die Party in vollem Gange – und von Sara immer noch keine Spur zu sehen. Zu blöd, dass Kylie nicht danach war, mitzufeiern. Sie betrachtete missmutig die Flasche in ihrer Hand.
Jemand
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