Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
Vollstrecker, sie vom Rest der Bevölkerung zu unterscheiden, auf eine harte Probe gestellt.
Hier auf dem Land würde es ziemlich leicht sein, die Spur eines
Brotos
aufzufangen.
»Ich nehme an, sie durchsuchen die Leichenschauhäuser?«, fragte sie.
»Ja, aber bisher haben sie keine Opfer gefunden, die sie mit einem
Brotos
in Verbindung bringen können.«
Solche Todesfälle würden leicht von den anderen in der Stadt zu unterscheiden sein. Bisher schienen alle
Brotoi
, die den Vollstreckern begegnet waren, Messer zu bevorzugen. Sie erstachen, schnitten, verstümmelten und zerfleischten ihre Opfer mit blutiger Häme. Auch verschwundene Körperteile, sowohl innerliche wie äußerliche, wiesen auf eine Täterschaft verderbter Seelen hin.
Köpfe zum Beispiel … irgendjemand hortete Köpfe.
»Es scheint mir in London ein wenig zu ruhig zu sein«, bemerkte Selene.
Er legte die Finger aneinander, kippte seinen Stuhl zurück und schaute zur Decke empor. »Was wahrscheinlich bedeutet, dass etwas Großes geschehen wird.«
Sie kaute an ihrem Daumennagel. »Genau das denke ich auch.«
Leeson nahm den bronzenen Helm ab und wandte sich zu ihnen um. Mit einem Nicken in Rourkes Richtung verkündete er: »Eure Berichte sind den Ahnen übermittelt worden, und Eure Befehle wurden an die Raben im Tower von London weitergegeben. Sonst noch etwas heute Morgen, Euer Durchlaucht?«
»Nein, nichts weiter«, antwortete Rourke.
Selene seufzte. »Ich nehme an, dass wir aus der größten, wichtigsten Schlacht gegen das Böse ausgeschlossen wurden, seit Sie wissen schon wer aus Sie wissen schon wo ausgebrochen ist. Da können wir geradeso gut das Nächstbeste tun und unseren Plan ausführen, an dem Kirchbasar teilzunehmen.«
14
Eine halbe Stunde später erreichten sie Dornenmoor unter der wachsamen Eskorte von Rourkes Raben, die hoch am Himmel flogen.
Nathan, Rourke und Leeson saßen auf dem Bock, während Selene und die Mädchen in der Kutsche fuhren. Als sie sich dem Dorf näherten, drückten sie die Fenster auf und beugten sich hinaus, um die Festlichkeiten zu beobachten. Der Kirchhof war bereits voller Menschen, die alle ihren Sonntagsstaat trugen.
Selene durchsuchte die Menge nach dem Stiefvater der Kinder, wohl wissend, dass Rourke und Leeson das Gleiche taten. Im Gegensatz zu ihr hatten die beiden männlichen Unsterblichen den zusätzlichen Vorteil ihrer amaranthinischen Sinne. Leeson jedoch war dem Mann nie persönlich begegnet, daher würde er nicht vertraut sein mit der
Spur
des Sterblichen. Hinzu kam, dass er, obwohl der Vater der Kinder offensichtlich eine verderbte Seele war, nicht transzendierte und nicht den gleichen Gestank verströmen würde wie eine dieser zutiefst verderbten Seelen.
Würde Rourke die
Spur
des Mannes erkennen? Bei der Erinnerung, wie von Sinnen vor Zorn er gewesen war, als er gesehen hatte, wie man Nathan geschlagen hatte, vermutete Selene, dass es ihm nicht gelang. Er war in dem Moment viel zu aufgebracht gewesen, um sich eine solche Erinnerung einzuprägen. Deshalb sollten sie alle wachsam sein und nicht nur den Geist, sondern auch die Augen ständig offen halten. Trotzdem, Selene war fest entschlossen, sich einen wunderbaren Nachmittag zu gönnen. Sie hatte Dinnerpartys, Bälle und kunstvolle Kostümierungen immer geliebt – die Kleider, das Gedränge der Menschen, den Prunk und den Wein. Sie nahm an, dass Ereignisse wie der Kirchbasar fürs Erste genügen mussten, bis das Leben wieder normal wurde.
Es lag in ihrer Natur, Aufmerksamkeit zu erregen, Bewunderung durch ihre Erscheinung zu suchen und sogar durch ihr unabhängiges und manchmal ungeheuerliches Verhalten. Obwohl sie es sich nicht gern eingestand, lag es vielleicht daran, dass sie nicht dachte, dass Selene … nur
Selene
… irgendjemandes Zuneigung oder Liebe gewinnen würde. Aber sie war heute nur Selene, und schon jetzt hatte sie die wunderbarste Zeit mit Kate und Hannah. Sie hatte ihnen das Haar gelockt und aufgesteckt, und die beiden Mädchen strahlten vor Stolz in ihren geänderten Kleidern.
Dennoch waren einige Gewohnheiten schwer abzulegen. Sie hatte sich dafür entschieden, ein helles, gelbgrünes Gewand zu tragen, eine Spur mehr Grün als Gelb. Mit ihrem mediterranen Teint konnte sie die Farbe mit Selbstbewusstsein tragen und wusste, dass sie jedermann ins Auge fallen würde.
Rourke fuhr die Stadtkutsche auf ein Feld neben Reihen von Wagen und Einspännern. Alle stiegen aus.
»Nathan. Kate. Hannah.« Rourke holte einen
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