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Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)

Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)

Titel: Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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sein sollte, um seinen eigenen Auftrag zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.
    Sein dunkelhäutiger Kapitän stand neben den Zollbeamten, das in Leder gebundene Logbuch der Corinthian in der Hand. »Ich werde in Tilbury auf Anweisungen warten, Mylord.«
    »Zwei bis drei Tage, Charon. Eine Woche höchstens.«
    Ein weiterer Schritt, und er stand auf dem Kai. Eine weggeworfene Zeitung kam herangerollt bis an die schmalen Spitzen seiner Stiefel. Die Schlagzeile lautete: DIE WHITECHAPEL-MORDE.
    Die ersten Tropfen trafen die Pflastersteine und durchfeuchteten die Schultern seines Mantels. Archer schloss die Augen und atmete das Gemisch aller Düfte der Stadt ein. Zu schmutzig. Zu vielschichtig. Regen würde die Luft reinigen und die Jagd beschleunigen.
    Seine anderen Leute warteten etwas abseits inmitten von Nebelschwaden: sein Sekretär, Mr Leeson, und Selene, der das rabenschwarze Haar ins Gesicht flog. Sie hatten ihre Regenschirme ausgebreitet wie große schwarze Giftpilze.
    Seine Stadtkutsche kam herangerollt, gezogen von vier schwarzen, einander fast aufs Haar gleichenden Hannoveranern in dem silbernen, kunstfertig handgemachten Geschirr. Die kräftigen Muskeln der Wallache spielten unter glänzendem Fell. Ein Diener sprang vom Trittbrett, um ihm den Wagenschlag zu öffnen.
    Leeson trat vor, die Augenklappe ein dunkler Fleck auf seiner Haut. Er deutete auf die Kutsche: eine Einladung an Archer, einzusteigen.
    Lord Black, salutierte er stumm in einer so alten Sprache, dass ihn außer Archer niemand verstehen würde, nicht mal dann, wenn man sie belauschte. Willkommen daheim in England.

2
    Regen prasselte in heftigen Böen gegen Elenas Fenster im zweiten Stock. In den dunklen Ecken des Raums saß noch die Kälte, aber Mary Alice hatte ein wärmendes Feuer entzündet. Wehmütig dachte Elena an Lizzy und Mrs Eddowes. Es schien ihr nicht gerecht zu sein, dass sie hier war, nicht nur sicher und warm, sondern umgeben von jedem erdenklichen Luxus, während die beiden eine weitere Nacht unter schlimmsten Bedingungen verbrachten. Zumindest konnte sie sich besser fühlen, weil sie dank des Geldes, das sie ihnen gegeben hatte, heute Nacht nicht auf der Straße schlafen mussten.
    An jedem anderen Abend in Black House hätte sie es einfach genossen, die Stapel medizinischer und physiologischer Lehrbücher durchzuarbeiten, eine großzügige Leihgabe aus Dr. Harcourts persönlicher Bibliothek. Doch zu ihrer Überraschung freute sie sich wirklich auf einen Abend außer Haus. Vielleicht hatte sie zugelassen, dass die erschreckende Episode am Nachmittag draußen vor dem Krankenhaus ihre Stimmung zu sehr beeinflusste. Jedenfalls wollte sie heute Abend wirklich nicht allein sein.
    Sie setzte sich auf die gepolsterte Bank vor ihrem Ankleidetisch. Zu gern hätte sie ihr Medaillon getragen, aber sie brachte es nicht über sich, die rostige Nadel durch die prächtige, pfauenblaue Seide ihres Abendkleids zu stechen. Die runde vordere Platte war bei dem Unfall zerbeult worden, aber das fein ziselierte Stück war nach wie vor ihr kostbarster Besitz. Obwohl sie keinerlei Erinnerungen hatte, die die Vermutung stützten, nahm sie an, dass das Medaillon einmal ihrer Mutter gehört hatte.
    Mrs Hazelgreaves, die Hausdame, die Lord Blacks Anwälte zu ihrer Gesellschafterin bestellt hatten, hatte ihr erklärt, dass fast alles andere, was sie bei sich gehabt habe, von skrupellosen Dieben gestohlen worden sei, Augenblicke nur, nachdem der Omnibus ihre Droschke gerammt hatte. Der Unfall hatte sich zugetragen, als sie vom Pier St. Katherine, wo ihr Dampfschiff aus Afrika angelegt hatte, auf dem Weg nach Black House gewesen war.
    Sie öffnete die winzige Metallschließe des Medaillons und spähte in die Augen des Mannes, der auf einem sepiafarbenen Stich verewigt war: Dr. Phillip Whitney.
    »Wünsch mir heute Abend Glück, Vater.«
    Seltsam, wie das Gesicht eines völlig Fremden sie so sehr beruhigen konnte. Sie vermisste ihn schrecklich – auch wenn sie sich nicht erinnern konnte, was genau sie von ihm vermisste. Da waren eigenartige Erinnerungsfetzen … unpersönliche Dinge wie das Wissen über Medizin, Sprachen und Musik, aber bisher weigerte sich ihr Verstand, sich an persönlichere Einzelheiten aus ihrem Leben zu erinnern.
    Dr. Harcourt versicherte ihr, dass all ihre Erinnerungen bald zurückkehren würden, in einer flammenden Vielfalt aus Farben und Details. Sie klammerte sich an diese Hoffnung, aber bisher war noch nichts dergleichen geschehen.

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